Corona und Cyberwar Wie wir mit der Krise fertig werden
Offener Brief des Rektors zur aktuellen Krisenlage.
Liebe Studierende, liebe Beschäftigte, liebe Freunde der Ruhr-Universität Bochum,
erst Corona und dann auch noch eine Cyberattacke – die Ruhr-Uni durchlebt gerade die schlimmste Krise ihrer Geschichte. Sie alle fragen sich: Wie geht es jetzt weiter? Ich möchte Ihnen daher einen Ausblick geben, wie wir mit dieser Doppelkrise fertig werden und worauf wir uns langfristig einstellen müssen.
Wie wir mit der Cyberattacke umgehen
Der Cyberwar tobt weltweit. In den letzten Jahren sind viele Institutionen Opfer von Angriffen mit Verschlüsselungssoftware geworden. Dahinter stecken hochprofessionelle kriminelle Organisationen, denen es in der Regel um Lösegelderpressungen für die Herausgabe des Schlüssels geht. So ein Angriff hat nun auch uns getroffen. Niemand hat einen hundertprozentigen Schutz dagegen. Auch nicht unsere eigenen Forscherinnen und Forscher für IT-Security, die zu den renommiertesten der Welt gehören.
Sehr wertvoll sind gute Backup- und Frühwarnsysteme. Für beides hatten wir im Vorfeld gesorgt. So konnten wir durch schnelles Reagieren erreichen, dass nur einige Server verschlüsselt wurden. Und wir konnten unsere Daten retten. Der Angriff hat uns also nicht unvorbereitet getroffen. Es ist uns gelungen, den Schaden zu begrenzen. Aus Sicht der Täter ist der Angriff misslungen. Unsere IT-Verantwortlichen haben richtig gehandelt, sie haben uns erfolgreich verteidigt und verdienen unser aller Anerkennung! Die Täter hingegen werden nicht einen Cent verdienen. Wir lassen uns von niemandem erpressen.
Verwaltungsbetrieb schrittweise wieder hochfahren
Dennoch: Die vollständige Wiederherstellung unserer IT-Infrastruktur nach unseren Prioritäten wird noch einige Wochen dauern. Parallel dazu arbeitet ein Team aus internen und externen IT-Experten daran, für die wichtigsten Bereiche kurzfristige Übergangslösungen zu schaffen. Insbesondere für den Mailverkehr, für die Studierenden-Services sowie für die Finanz- und Personalverwaltung. So können wir hoffen, dass wir schon bald unseren Verwaltungsbetrieb schrittweise wieder hochfahren können.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir mit Zeitangaben vorsichtig sind. Wir wollen nichts versprechen, was wir nicht halten können. Und bitte haben Sie Verständnis, dass wir Sie nur schrittweise informieren können, sobald einzelne Lösungen auch wirklich verfügbar sind.
Selbstverständlich wird auch darüber zu reden sein, welche Sicherheitslücken wir noch schließen müssen, um noch besser gegen solche Angriffe gewappnet zu sein. Sobald uns der vollständige Bericht über die Attacke vorliegt, werden wir unseren Fall transparent kommunizieren – nicht zuletzt, um auch anderen Universitäten zu helfen, sich besser schützen zu können.
Wie das Sommersemester weiterläuft
Nach wie vor ist der Schutz unserer Gesundheit das wichtigste Ziel. Die Ruhr-Universität hat als eine der ersten Unis in Deutschland ihren Campus geräumt, um so früh wie möglich einen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten. Insbesondere unseren Lehrbetrieb haben wir innerhalb kürzester Zeit und sehr erfolgreich digitalisiert. So kann der Lehrbetrieb weitergehen, ohne unsere Gesundheit zu gefährden.
Unser digitales Angebot für Studierende ist eines der größten in Deutschland. Eine interne Befragung der Lehrenden bestätigt überwiegend positive Erfahrungen mit dem digitalen Sommersemsester. Auch hier gibt es aktuelle Schwierigkeiten durch Überlastung der Systeme und durch den eingeschränkten Mailverkehr, aber wir werden den Lehrbetrieb wie geplant fortführen können. Das alles ist eine exzellente Leistung unserer IT, unserer Lehrenden und nicht zuletzt unserer Prorektorin für Lehre, Prof. Dr. Kornelia Freitag. Sie alle verdienen ebenfalls unser höchste Anerkennung!
Worauf wir uns langfristig einstellen müssen
Ich bin mir bewusst, dass es Ihnen schwer fällt, das Geleistete als Erfolg zu sehen. Es ist sehr anstrengend, den ganzen Tag mit einem Monitor zu sprechen und mit der Technik zu kämpfen. Nichts fehlt uns mehr als das Erlebnis, unter Menschen zu sein. Gerade für unsere Studierenden im ersten Semester fehlt das, was unser Universitätsleben am schönsten macht: Das Miteinander auf dem Campus, neue Freundschaften schließen, sich austauschen, Lieblingsplätze entdecken, sich als Teil einer großen Gemeinschaft fühlen.
Ich wünsche mir nichts mehr, als dass das bald wieder möglich sein wird. Doch niemand kann sagen, wie die Pandemie sich längerfristig weiterentwickelt und wann wir wieder zurück in die Normalität gehen können. Alle Universitäten müssen damit rechnen, dass vielleicht auch das kommende Wintersemester noch keinen vollständig normalen Präsenzbetrieb zulässt. Wir werden auch über Möglichkeiten sprechen müssen, solidarisch zum Ausgleich von Benachteiligungen gerade der ersten Karrierephasen und durch besondere Belastungen beizutragen. Aber wir Bochumer sind darauf gut vorbereitet. Wir machen es so digital wie nötig. Und so nah und menschlich wie möglich.
Motor des Wandels
Die beste Vorbereitung für diesen langen Weg durch die Krise ist das, was unsere Uni schon immer ausgemacht hat: Seit unserer Gründung wissen wir mit ständigem Wandel umzugehen. Wir sind geprägt durch eine an Krisen gewöhnte Region, haben uns immer wieder neu erfunden, eine steile Entwicklung zu einer der forschungsstärksten Unis in Deutschland hingelegt, wir sind nicht nur ein Teil, sondern sogar ein Motor des Wandels für ein neues Ruhrgebiet geworden. Diese Prägung macht uns stark für alle Herausforderungen, die da noch kommen werden.
Anders gesagt: „Die Ruhr-Universität lässt sich nicht von irgendwelchen Hackern unterkriegen, denen jegliche Werte fehlen“, wie es in diesen Tagen eine Kollegin sehr treffend twitterte.
Behalten Sie Ihren Mut, Ihre Geduld und bleiben Sie gesund!
Herzlichst,
Ihr Axel Schölmerich