Asyl und Integration Was in Verwaltungen besser laufen müsste
Auf die Flüchtlingswelle waren die deutschen Behörden nicht vorbereitet. Von Staatsversagen könne aber keine Rede sein, sagt eine neue Studie.
Mit Improvisationskunst und Flexibilität haben die Verwaltungen auf die große Zahl Geflüchteter in den vergangenen zwei Jahren reagiert – und dennoch gibt es vielfältige Defizite in den Verwaltungen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, die die Stiftung Mercator bei dem Bochumer Verwaltungswissenschaftler Prof. Dr. Jörg Bogumil in Auftrag gegeben hatte.
Mit seinen Kollegen Jonas Hafner und André Kastilan analysierte er die Behördenarbeit vor allen in den Städten und Gemeinden während der Migrationswelle 2015 und 2016. In dem nun veröffentlichten Ergebnisbericht geben die Wissenschaftler konkrete Empfehlungen, wie die Arbeit der Verwaltungen verbessert werden könnte. Nötig sei dafür aber auch die Unterstützung durch die Politik, so die Autoren.
Zuständigkeiten einfacher gestalten
Die Forscher fordern zum einen, die komplexen Zuständigkeiten im Bereich Asyl und Integration einfacher zu gestalten. Hilfreich könnte es etwa sein, Verwaltungstätigkeiten auf kommunaler Ebene zu bündeln, sodass Menschen nicht erst herausfinden müssten, wer Ansprechpartner für was ist, sondern eine zentrale Anlaufstelle hätten. Konkret empfehlen Bogumil und seine Kollegen die Aufgabenbereiche der Ausländerbehörde, Sozialleistungen und Unterbringung bezogen auf die Flüchtlingspolitik zusammenzulegen.
Zudem sollten Integrationsmaßnahmen flexibler umgesetzt werden. Wenn es zum Beispiel darum geht, ob ein im Ausland erworbener Berufsabschluss anerkannt wird, könnten Verwaltungen stärker auf Praxisprüfungen setzen. Außerdem seien manchmal pauschale Lösungen praktikabler als aufwendige Einzelfallprüfungen, etwa wenn die Behörden entscheiden müssen, ob jemand eine Erstausstattung für die Wohnung bekommt.
Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen
Außerdem empfehlen die Autoren der Studie, das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen; es regelt, welche materiellen Leistungen Geflüchteten zustehen. „Die aktuelle Regelung bedeutet einen enormen Verwaltungsaufwand“, sagt Jörg Bogumil. Dabei würden sich aus dem Gesetz nur geringfügig andere Leistungsansprüche ergeben als aus dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), das die Grundsicherung von Arbeitssuchenden regelt. „Eine generelle Öffnung des SGB II auch für Asylbewerber würde Abhilfe schaffen“, folgert Bogumil.
Künftig sollte auf symbolische Rechtsänderungen aus politischen Motiven verzichtet werden.
Jörg Bogumil
Die Studie legt des Weiteren dar, dass viele unbestimmte Rechtsbegriffe und häufige Rechtsänderungen die Verwaltungsstellen belasten. „Künftig sollte auf symbolische Rechtsänderungen aus politischen Motiven verzichtet werden, da diese die Arbeit vor allem in den Kommunalverwaltungen erheblich verkomplizieren und gleichzeitig wenig bewirken“, sagt Bogumil.
Probleme existieren nicht nur auf kommunaler Ebene. Auch auf Landes- und Bundesebene lassen sich Zuständigkeitsregelungen und Aufgabenverteilung optimieren. Dabei müssen übergeordnete gesetzliche Aspekte, bis hin zum verfassungsrechtlichen Rahmen, bewertet werden. Diese den Kommunen übergelagerte Ebene soll in einem Folgeprojekt unter der Leitung von Jörg Bogumil in den Blick genommen werden. Die Stiftung Mercator fördert auch dieses Vorhaben.
Die Ergebnisse der Studie „Städte und Gemeinden in der Flüchtlingspolitik. Welche Probleme gibt es – und wie kann man sie lösen“ sind als PDF-Dateien zum Download verfügbar (siehe unten).