Neue Projekte Wie digitale Angebote Weiterbildung und Geschichte vermitteln
RUB-Forschungsteams starten zwei Vorhaben zur hybriden Weiterbildung und zu virtuellen Geschichtserfahrungen.
Wie lassen sich Online-Lehre und Präsenzphasen in der Weiterbildung für jeden Lernenden optimal verknüpfen? Und wie gelingt es mit virtuellen Welten, Geschichte erfahrbar zu machen, ohne die kritische Reflexion zu vernachlässigen? Um diese Fragen drehen sich zwei neue Verbundprojekte an der Ruhr-Universität Bochum (RUB), die in der Förderlinie „Gestaltung von Bildungsprozessen unter den Bedingungen des digitalen Wandels“ im Rahmenprogramm „Empirische Bildungsforschung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erfolgreich waren. Beide Projekte laufen ab 1. Mai 2020 für drei Jahre.
Flexible Weiterbildung
Im Projekt „Weiterbildungseffizienz durch aktivierende intelligente lernunterstützende Maßnahmen in nachhaltigen, berufsbegleitenden und hybriden Weiterbildungsprogrammen“, kurz Willen, geht es um die Entwicklung eines Weiterbildungskonzepts, das online- und Präsenzlehre intelligent verzahnt. Komprimierte Präsenzphasen zum Beispiel in einem Weiterbildungsinstitut werden kombiniert mit Lehreinheiten, die flexibel online von Zuhause aus erledigt werden können. „Dadurch wird Weiterbildung besser mit betrieblichen und familiären Rahmenbedingungen vereinbar“, so Dr. Yves Gensterblum, Leiter der Akademie der RUB und Verbundkoordinator. „Hybride Weiterbildung ist daher ein wichtiger Baustein zur Etablierung von barrierefreien Bildungsbiografien in der berufsbegleitenden wissenschaftlichen Weiterbildung.“
Lernunterstützung passt sich individuell an
Da die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissenschaftlicher Weiterbildung aus unterschiedlichen Branchen kommen und viele spannende Erfahrungen mitbringen, ist es in Präsenzveranstaltungen Aufgabe der Lehrenden, diese unterschiedlichen Vorkenntnisse auf einen Nenner zu bringen und die Kleingruppe zum gemeinsamen Lernziel zu bringen. Bei einer starren Online-Lernphase geht das heute noch nicht. Im Projekt wird daher ein Lernmanagementsystem entwickelt, das sich an die Bedürfnisse des Einzelnen anpasst. „Die Anweisungen und die Unterstützung passen sich in Abhängigkeit vom Lernfortschritt, von der Motivation, von der kognitiven Belastung und weiteren Faktoren an den einzelnen Lernenden individuell an“, erklärt Prof. Dr. Julian Roelle. Dafür wollen die Projektpartner zahlreiche Lernprozessparameter erfassen, die als Basis für die adaptive Gestaltung des Lernverlaufs herangezogen werden können. Außerdem sollen in das Weiterbildungskonzept zur Stärkung des Transfers und der erlernten Kompetenzen in den betrieblichen Arbeitsalltag auch Augmented- und Virtual-Reality-Assistenzsysteme integriert werden. „AR- und VR-Assistenzsysteme kommen in der Industrie immer häufiger zum Einsatz, um zusätzliche Informationen darzustellen und so den Lerneffekt am Arbeitsplatz zu erhöhen“, erklärt Prof. Dr. Bernd Kuhlenkötter.
Aus virtuellen historischen Realitäten auftauchen
Gedenkstätten und Museen vermitteln Geschichte zunehmend auch über digitale Medien. Anwendungen der Virtuellen Realität (VR) versprechen, Vergangenes eindringlicher erlebbar und erfahrbar zu machen, als ein Vortrag im Klassenraum. Das Eintauchen in virtuelle Welten birgt aber die Gefahr, dass Lernende mit dem Erlebnis allein gelassen werden und die Darstellungen unreflektiert als Abbild der Vergangenheit übernehmen. Insbesondere bei emotional aufwühlenden Themen ist bislang unbekannt, wie Personen reflektieren, was sie in virtuellen Umgebungen gesehen, gehört und erlebt haben.
Hier setzt das Verbundprojekt „Virtuelle Realitäten als Geschichtserfahrung“, kurz Virage, an. Es kombiniert geschichtsdidaktische, erziehungswissenschaftliche sowie sozial- und medienpsychologische Expertise, um dem Phänomen des Auftauchens, Emmersion genannt, aus virtuellen Welten und der anschließenden Kommunikation über das Erlebte auf die Spur zu kommen. Die Forschenden der RUB und der Universität Duisburg-Essen untersuchen gemeinsam mit dem Software-Entwickler Atino die Erfahrungen von Jugendlichen und Erwachsenen mit geschichtsbezogenen VR-Anwendungen. Dabei beleuchten sie mittels einer eigens entwickelten App insbesondere die digital unterstützte Reflexion von Lerninhalten, nachdem die Lernenden die virtuelle Umgebung verlassen haben. Außerdem nehmen sie die emotionale Belastung und das Verständnis der geschichtlichen Situation in den Blick.
Wie Software gestaltet sein sollte
Das Projektteam kooperiert eng mit zwei Gedenkstätten, die bereits VR-Anwendungen einsetzen, um die Ergebnisse der Arbeit mit VR-Anwendungen im Schülerlabor und in Gedenkstätten zu vergleichen. „Die Ergebnisse unserer Arbeit werden dazu beitragen, Bildungsprozesse in der virtuellen Realität besser zu verstehen und die Bildungsarbeit an außerschulischen Lernorten wie Museen und Gedenkstätten didaktisch weiter zu entwickeln“, so Prof. Dr. Sandra Aßmann, Koordinatorin des Projekts. Zudem entwickelt das Team Hinweise, wie Software ausgestaltet sein muss, die VR-Erlebnisse angemessen begleiten kann. Die Ergebnisse fließen außerdem in die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften ein.