Bürgerwissenschaftler*innen zählten und klassifizierten die Lichter mithilfe einer speziell entwickelten App.

© Steffen Lohse-Koch

Geografie

Wo die Lichtverschmutzung herkommt

258 Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler haben 2021 bei Begehungen Lichter in der Nacht gezählt. Ihre Ergebnisse zeigen: Straßenlaternen sind nicht das einzige Problem.

Städte werden immer heller: Satellitenaufnahmen bei Nacht belegen das. Die zunehmende Lichtverschmutzung ist ein Umweltproblem – aber wo sollten Kommunen anfangen, daran zu arbeiten, wenn man nicht weiß, woher das Licht eigentlich stammt? Ein großes bürgerwissenschaftliches Projekt unter Leitung von Dr. Christopher Kyba, damals Geograf an der Ruhr-Universität Bochum und am GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung erhellt nun diese Frage. 258 Teilnehmende haben im Jahr 2021 insgesamt 234.044 Lichter auf 3.868 einzelnen Begehungen per App registriert. Hochgerechnetes Ergebnis: Etwas mehr als ein Licht pro Einwohner in Deutschland bleibt nach Mitternacht noch an – und Straßenlaternen sind dabei in der Minderheit. Über die Ergebnisse der Studie berichtet das Forschungsteam in der Zeitschrift Nature Cities vom 16. Juni 2025.

22 Quadratkilometer kartiert

„Unsere Teilnehmenden haben ein Beleuchtungskataster für öffentliche Räume mit einer Gesamtfläche von etwa 22 Quadratkilometern erstellt“, berichtet Kyba stolz. Mit der eigens entwickelten „Nachtlichter“-App zählten und klassifizierten sie fast eine Viertelmillion Leuchten. Neben der Art der Beleuchtung wurden auch zusätzliche Informationen wie der Grad der Abschirmung oder die Größe der Anlage erfasst. Die Zählkampagnen fanden in 33 Gemeinden in vordefinierten Gebieten statt, die mit der Messzonen eines nächtlichen Lichtbeobachtungssatelliten übereinstimmten. Die Erhebungsorte umfassten unter anderem Stadtzentren, Wohngebiete und städtische Gebiete mit gewerblichem oder industriellem Charakter. 

Schilder und Schaufenster

„Beim Vergleich dieser Daten mit den Satellitenbeobachtungen haben wir einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der gezählten Lichter pro Quadratkilometer und der vom Sensor des Satelliten beobachteten Strahldichte festgestellt“ berichtet Christopher Kyba. „Durch Hochrechnungen auf ganz Deutschland konnten wir abschätzen, dass landesweit etwas mehr als ein Licht pro Deutschem nach Mitternacht eingeschaltet bleibt.“ Straßenlaternen sind dabei in der Minderheit: In dicht bebauten Gebieten kommen auf eine Straßenlaterne etwa ein beleuchtetes Schild und ein beleuchtetes Schaufenster. Die Gruppe stellte auch fest, dass private Beleuchtung bedeutend ist: Private Fenster waren die mit Abstand am häufigsten beobachteten Lichtquellen, auch nach Mitternacht. Andere Arten von Lichtquellen, von hellen Flutlichtern bis zu sanft glühenden Türklingeln und dekorativen Lichtern in Gärten, machten etwa ein Viertel der beobachteten Lichter aus.

„Diese Ergebnisse zeigen ein erhebliches Potenzial für künftige Licht- und Energieeinsparungen in deutschen Gemeinden“, meint Christopher Kyba. „Sowohl die Energie- und Beleuchtungspolitik als auch die Forschung über die Auswirkungen von künstlichem Licht auf die Umwelt haben sich im Allgemeinen auf die Straßenbeleuchtung konzentriert. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein breiterer Ansatz, der die gesamte Beleuchtung berücksichtigt, erforderlich ist, um die Umweltauswirkungen des Lichts in den Städten zu verstehen und zu mindern.“ 
 

Förderung

Die Studie wurde unterstützt durch die Helmholtz-Gemeinschaft (CS-0003, ERC-RA-0031), die Europäische Union (689443 im Projekt GEOEssential) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (01BF2202A und 01BF2202C sowie den Preis Wissen der Vielen – Forschungspreis für Citizen Science).

Originalveröffentlichung

Team Nachtlichter et al.: Citizen Science Illuminates the Nature of City Lights, in: Nature Cities, 2025, DOI: 10.1038/s44284-025-00239-5

Pressekontakt

Dr. Christopher Kyba
Ruhr-Universität Bochum und Section Remote Sensing and Geoinformatics
Deutsches Geoforschungszentrum
Tel.: +49 331 6264 28973
E-Mail: christopher.kyba@ruhr-uni-bochum.de 

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Veröffentlicht

Montag
16. Juni 2025
11:56 Uhr

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