So sah der Nordbahnhof in Bochum früher aus. Heute sind darin Praxen und die Initiative Nordbahnhof untergebracht. 

© Initiative Nordbahnhof

Nordbahnhof Bochum

Ein Erinnerungsort zum Lernen und Leben

Vom Ostring in Bochum nach Ausschwitz: Eine Initiative möchte die Geschichte vom Nordbahnhof sichtbar machen.

Die Masterstudentinnen Viola Olschewski und Şirin-Nur Öremiş arbeiten zusammen mit Oberstudienrat Dirk Urbach vom Lehrstuhl Didaktik der Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum in einem gemeinsamen Ehrenamt dafür, dass ein geschichtsträchtiger Ort in Bochum sichtbarer wird. Sie und weitere Ehrenamtliche engagieren sich in der Initiative Nordbahnhof für das alte Bahnhofsgebäude am Ostring in Bochum, das ein Erinnerungsort und Lernort ist.

Was am Nordbahnhof geschah

Neben dem ehemaligen Hauptbahnhof in Bochum wurde der Nordbahnhof während des Nationalsozialismus genutzt, um Bochumer Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma in die Konzentrations- und Vernichtungslager zu deportieren. Unter anderem gingen die Transporte nach Ausschwitz Birkenau. Am Nordbahnhof kamen aber auch Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und politische Gefangene aus Konzentrationslagern an, um in der regionalen Industrie Zwangsarbeit zu leisten.

Was am Nordbahnhof heute geschieht

Heute ist das sanierte Gebäude denkmalgeschützt. Neben einer seit Januar 2025 laufenden Dauerausstellung der Initiative Nordbahnhof gibt es in dem Gebäude auch eine Praxis für ästhetische Chirurgie und eine Physiotherapiepraxis. Für Dirk Urbach, der sich seit 2019 für den Erhalt des Gebäudes einsetzt, ist das eine gelungene Symbiose. „Der Ort lebt weiter. Es ist gut, dass es ein Ort ist, an dem die Türen mehrmals am Tag aufgehen und ein alltägliches Leben stattfindet, sagt er. 

Dirk Urbach, Viola Olschewski und Şirin-Nur Öremiş (rechts) setzen sich ehrenamtlich für den Nordbahnhof als Erinnerungsort ein. 

© RUB, Marquard

Şirin-Nur Öremiş studiert im Doppelmaster Germanistik und Lehramt und Viola Olschewski Geschichte und Lehramt. Die beiden bringen Schulklassen an diesen Ort, um dort für die Schülerinnen und Schüler Geschichte begreifbarer zu gestalten. Dafür arbeiten die Studentinnen mit dem Alfried Krupp-Schülerlabor der Ruhr-Universität zusammen. Sie haben zusammen mit ihrer Kommilitonin Elisa Gernert selbst einen Workshop ausgearbeitet. „Wir haben den Nordbahnhof in einer Ringvorlesung kennengelernt und waren daran interessiert, mehr über die Geschichte des Ortes zu erfahren. In diesem Zusammenhang haben wir zunächst in einem Wettbewerb innerhalb der Fakultät für Geschichte ein Konzept erarbeitet, dass wir dann in Kooperation mit dem Alfried Krupp-Schülerlabor umgesetzt haben. Den Workshop bieten wir seit Mai 2025  an“, sagt Öremiş. Die Studentinnen sind dabei nicht nur Teil der Initiative Nordbahnhof geworden, sondern haben sich eigenständig in die Archivarbeit begeben. 

„Uns ist der lokale Bezug des Ortes sehr wichtig. Viele Klassen kommen aus Bochum und Umgebung, die unseren Workshop besuchen. Wir möchten ihnen die Möglichkeit geben, die konkreten Leidenswege aus Bochum kennenzulernen. Damit sie das Wissen auch in ihre Familien mitnehmen können. Denn viele wissen gar nicht, was am Nordbahnhof passiert ist“, sagt Olschewski.

Zur Initiative Nordbahnhof

Die Initiative Nordbahnhof ist aus einem wissenschaftlichen und lokalhistorischen Kontext entstanden, bei dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem aus den Bereichen Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaft mit anderen Institutionen und engagierten Personen zusammengekommen sind. Neben Dirk Urbach ist auch Prof. Dr. Stefan Berger, Direktor des Instituts für soziale Bewegungen, Teil der Initiative. 

Das erste Ziel der Initiative war es, den Ort 2015 vor dem Abriss zu schützen. Seit 2017 besteht Denkmalschutz. Die Initiative ist inzwischen gewachsen. Ziel ist es, sich als Ort zu öffnen. Auch für Veranstaltungen, die nicht nur historisch orientiert sind, sondern auch gegenwärtige Themen und Herausforderungen aufgreifen. „Wir wollen den Ort für die Stadtgesellschaft öffnen“, sagt Dirk Urbach. „Der Ort hat die Kraft, den Nationalsozialismus nicht nur als losgelöstes einzelnes Phänomen darzustellen, sondern es zeigt sich hier, wie die NS-Zeit verbunden ist mit der Zeit davor und danach“, so Urbach . Die Ruhr-Universität unterstützt die Initiative zusammen mit der Stadt Bochum bei der Miete für die Räumlichkeiten und ist somit Teil der der Erinnerungsgemeinschaft, die die Initiative ins Leben gerufen hat.

Termin

Am 9. November 2025 gibt es eine Führung am Gedenkort Nordbahnhof, Ostring 15 in Bochum. Anhand biografischer Einblicke soll thematisiert werden, was Menschen in der Zeit nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 in Bochum erlebt haben. Um eine Anmeldung per E-Mail wird bis 5. November gebeten.

Die Dauerausstellung im Nordbahnhof ist jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr  geöffnet.

Mitmachen

Wer sich für ein Ehrenamt interessiert und sich mit diesem Gedenkort in Bochum auseinandersetzen möchte, kann sich bei der Initiative melden.

Veröffentlicht

Freitag
31. Oktober 2025
09:59 Uhr

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