Campus der Disziplinen: Die Fächervielfalt der RUB schafft die Voraussetzung für Wissensnetzwerke. © RUB, Marquard

Förderung Storys in der Wirtschaft und Zufälle in der Quantenphysik

Drei Projekte der Universitätsallianz werden von MERCUR gefördert.

Kommen bestimmte Begriffe in Medien häufig vor, können sie das Handeln von Akteuren beeinflussen und somit die gesamte Wirtschaftslage. Diesem Phänomen geht das Projekt „Narrative Economics Alliance Ruhr“ auf den Grund, als eines von drei ab 2023 vom Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) geförderten Projekten in der Universitätsallianz Ruhr. Die beiden anderen geförderten Projekte sind in der Quantenphysik angesiedelt. Die Fördersumme beträgt insgesamt rund 1,1 Millionen Euro.

Narrative in den Wirtschaftswissenschaften

Viele Wissenschaften erlebten schon in den 1980er- und 90er-Jahren den sogenannten narrative turn, ein Interesse an subjektiven Interpretationen durch Akteure und sozialem Diskurs. Erst vor wenigen Jahren wurde diese Perspektive auch für die Wirtschaftswissenschaften eingenommen. Der Nobelpreisträger Robert Shiller argumentiert, dass Narrative, die er als Geschichten oder Storys bezeichnet, das Verhalten von ökonomischen Akteuren beeinflussen und somit etwa Rezessionen auslösen können. Anhaltspunkte für die Verbreitung ökonomisch wirksamer Narrative sieht er in der Häufigkeit der Nennung bestimmter Begriffe.

Mit der „Narrative Economics Alliance Ruhr“ (NEAR) wird der Grundstein zur Entwicklung der UAR zu einem europaweit führenden Standort auf dem neuen Gebiet „Narrative Economics” und zur Stärkung des UAR-Kompetenzfelds Empirische Wirtschaftsforschung gelegt. Das Ziel sind exzellente gemeinsame Vorarbeiten für die Beantragung eines DFG-Graduiertenkollegs. „Das Projekt leistet dabei theoretische, methodische und empirische Forschungsbeiträge“, so Prof. Dr. Michael Roos, Projektverantwortlicher und Inhaber des Lehrstuhls Makroökonomik an der Ruhr-Universität Bochum. Inhaltlich liegt der Fokus auf Nachhaltigkeitsnarrativen. NEAR bündelt Kompetenzen aus den Bereichen Wirtschaftstheorie, Wirtschaftsjournalistik, Finance und Statistik/Ökonometrie. Durch Vernetzungsworkshops wurde bereits ein interdisziplinärer Austausch initiiert, der innerhalb der UAR sowie international fortgesetzt wird.

Kooperationspartner

Am Projekt sind neben Michael Roos beteiligt: Prof. Dr. Martin Thomas Hibbeln, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Finance, Prof. Dr. Carsten Jentsch, Technische Universität Dortmund, Fakultät Statistik, Prof. Dr. Henrik Müller, Technische Universität Dortmund, Institut für Journalistik, Prof. Dr. Torsten Schmidt, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. Das Projekt wird gefördert mit 460.000 Euro.

Zufälle und was Messungen aussagen

Das Team des Projekts „Towards universal modeling of quantum measurements” bearbeitet die theoretischen und methodischen Grundlagen eines neuen methodischen Ansatzes, mit dem erstmals eine breite Klasse von quantenmechanischen Messungen ausgewertet werden sollen, die in verschiedenen Gebieten der Physik, Chemie, Biologie oder der Elektrotechnik Anwendung finden.

„Mit der Entdeckung der Quantenmechanik wurde der Zufall ein fester Bestandteil unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes“, so der verantwortliche Forscher der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. Daniel Hägele. Farbstoffmoleküle zeigen zum Beispiel einen zufälligen Wechsel zwischen Hell- und Dunkelzuständen, die Intensität eines Lasers zeigt unvermeidliches Quantenrauschen, und auch unser Auge nimmt bei großer Dunkelheit zufällig ankommende Lichtteilchen wahr.

„Es stellt sich die Frage, was man angesichts des Zufalls und Rauschens überhaupt noch aus einer Messung lernen kann“, so Hägele. Seine Gruppe hat in den vergangenen Jahren einen neuen Ansatz vorgestellt, der zunächst die statistischen Eigenschaften einer Messreihe so allgemein wie möglich charakterisiert und anschließend mit den Vorhersagen einer quantenmechanischen Messtheorie vergleicht. Die Literatur kannte bisher nur Verfahren für verschiedene Spezialfälle, sodass eine breite Klasse von Experimenten nicht ausgewertet werden konnte. Die Kooperation will nun die Theorie fit machen, um auch große Quantensysteme beschreiben zu können, wie sie für Quantencomputer verwendet werden sollen. Außerdem will das Team Messsysteme entwickeln, die eine Live-Analyse von Daten im Labor ermöglichen.

Kooperationspartner

Daniel Hägeles Team kooperiert mit den Lehrstühlen von Prof. Dr. Axel Lorke, Experimentalphysik, und Prof. Dr. Jürgen König, Theoretische Physik, von der Universität Duisburg-Essen. Das Projekt wird mit rund 412.000 Euro gefördert.

Quantenfelder und Quantenmaterialien

Die wesentlichen Erkenntnisse über den fundamentalen Aufbau der Natur sind im Standardmodell der Teilchenphysik zusammengefasst. Aus methodischer Sicht handelt es sich dabei um eine relativistische Quantenfeldtheorie, die überraschend akkurat Phänomene bei hohen Energien beschreibt. Im Gegensatz zur Teilchenphysik spielt sich die Physik von Festkörpern bei viel niedrigeren Energien ab. Tatsächlich spielen relativistische Quantenfeldtheorien aber auch hier eine entscheidende Rolle, zum Beispiel in Graphen sowie nahe exotischer Phasenübergänge. Darüber hinaus sind viele ansonsten völlig unterschiedliche Quantenfeldtheorien aus Teilchen- und Festkörperphysik durch sogenannte Dualitätsvermutungen miteinander verknüpft.

Das Projekt „Quantenfelder und Quantenmaterialien“ wird in zwei Projektlinien das kritische Verhalten solcher Quantenfeldtheorien untersuchen und offene Fragen zu Dualitäten beleuchten, die für das Verständnis sowohl von Quantenphasenübergängen als auch der Quantenchromodynamik von Bedeutung sind. Dabei kommen moderne Renormierungsgruppenmethoden zum Einsatz. „Insgesamt trägt diese Forschungsrichtung zur systematischen Weiterentwicklung von Quantenfeldtheorie-Methoden bei, die für das fundamentale Verständnis aktueller Fragestellungen in Festkörper- und Teilchenphysik wesentlich sind“, fasst Prof. Dr. Michael Scherer zusammen, der als Inhaber der Professur Theoretische Festkörperphysik an der Ruhr-Universität Bochum für das Projekt verantwortlich ist.

Kooperationspartner

Das Team von Michael Scherer arbeitet zusammen mit Prof. Dr. Emmanuel Stamou und Prof. Dr. Gudrun Hiller aus der Physik der Technischen Universität Dortmund. Das Projekt wird gefördert mit rund 236.000 Euro.

MERCUR

MERCUR ist eine 2010 gegründete Einrichtung der Stiftung Mercator und der in der UA Ruhr zusammengeschlossenen Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen. Mit verschiedenen Förderprogrammen für gemeinsame Vorhaben der drei Universitäten in Forschung, Lehre und Verwaltung unterstützt Mercur die strategische Zusammenarbeit in der UA Ruhr.

Veröffentlicht

Donnerstag
01. Dezember 2022
09:19 Uhr

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