Interview Benedikt Jürgens interessiert vor allem der Mensch
Wie der neue Personaldezernent bisher die RUB erlebt, welche Ziele er hat und warum er einst Mönch werden wollte.
Das RUB-Dezernat Personal und Recht hat seit dem 1. März 2021 einen neuen Chef. Dr. Benedikt Jürgens hat zuvor das Kompetenzzentrum Führung am Zentrum für Angewandte Pastoralforschung der RUB (zap) geleitet. Das klingt nach sehr guten Voraussetzungen. Im Gespräch weiß der promovierte Theologe aber nicht nur mit seiner Vergangenheit zu überzeugen.
Herr Jürgens, wie hat sich das für Sie angefühlt? Sie werden neuer Personalchef der RUB, und das Personal ist pandemiebedingt größtenteils gar nicht da.
In meinem Dezernat ist ein Teil der Leute auf dem Campus. Wir begegnen uns regelmäßig im Gang. Gesprächsrunden finden aber ausschließlich digital statt. Früher hätte ich bloß gedacht: Besser digital als gar nicht. Mittlerweile habe ich jedoch herausgefunden, dass Videokonferenzen mehr als nur ein technisches Hilfsmittel sind und dass sich auch digital Beziehungen aufbauen lassen. Vor allem im vergangenen Jahr hatte ich dank digitaler Konferenzen so viele spannende internationale Kontakte und Treffen wie nie zuvor in meinem Berufsleben. Trotzdem möchte natürlich auch ich, dass die Pandemie möglichst bald vorbei ist und dass wir uns wieder persönlich treffen können.
Ich denke, ein Führungsstil muss vor allem zu den Menschen passen.
Wer war der erste Mensch, den Sie an Ihrem ersten Arbeitstag im UV-Gebäude gesehen haben?
Das war Frau Reinhardt, unsere Kanzlerin. Sie hat mich zum Onboarding-Termin abgeholt. Vorher haben wir schon regelmäßig telefoniert und gemailt. In meiner Einarbeitungsphase haben wir außerdem einen Jour fixe.
In den vergangenen 20 Jahren hatten praktisch all Ihre Tätigkeiten mit Personal und Führung zu tun. Welche Erfahrungen aus dieser Zeit werden Ihre Arbeit an der RUB bestimmen?
Ich denke, ein Führungsstil muss vor allem zu den Menschen passen. Ich bin seit 2005 bei der PEAG Unternehmensgruppe in Duisburg und Dortmund tätig und habe in dieser Zeit das Ruhrgebiet und die Menschen hier sehr schätzen gelernt. Die Transformation, der Wandel der Strukturen, das spiegelt sich ja auch in den Menschen wider.
Ich fühle mich insgesamt sehr gut vorbereitet auf meine Tätigkeit. In meiner vorherigen Position als Leiter des Kompetenzzentrums Führung am zap habe ich mich wissenschaftlich mit Führungsinstrumenten wie Management-by-Objectives, Leitbildprozessen, 360-Grad-Feedback oder Steuerung durch Netzwerke beschäftigt. Aus der Praxis kenne ich verschiedene Führungsinstrumente.
Ich bin beeindruckt von der großen Vielfalt auf dem Campus.
Gibt es umgekehrt etwas, was Sie nicht übernehmen werden?
Nein, das gibt es nicht. Ich bin kein Ideologe, der grundlos an irgendetwas festhält oder über Bord wirft. Ich handele stattdessen am liebsten pragmatisch. In 20 Berufsjahren habe ich mich vor allem gefragt: Was kann mein Problem lösen?
Falls sich dies nach einem Monat schon sagen lässt: Was läuft Ihrer Ansicht nach im Bereich Personal an der RUB gut?
Ich bin beeindruckt von der großen Vielfalt auf dem Campus. Allein schon die Tatsache, dass wir hier das gesamte Spektrum vom Auszubildenden bis zur Professorin vorfinden mit allen Stufen dazwischen. Das Schöne daran ist, dass es alles Menschen sind, die gut miteinander auskommen, die im Team harmonisch zusammenarbeiten – über alle Hierarchien hinweg und frei von Dünkel. Ich finde das faszinierend. Hinzukommt eine enorme Fachkompetenz. Auch hier spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Hausmeister oder eine Dezernentin handelt. Ich sehe diese Kompetenz überall.
Zur Person
Und auch hier umgekehrt: Wo wäre Ihrer Meinung nach noch Potenzial?
In Sachen Agilität ist möglicherweise noch Luft nach oben. Vielleicht könnte einiges schneller gehen? Eine bessere Kundenorientierung? Ich weiß es noch nicht. Ich kann auch nicht beurteilen, ob alle Prozesse stimmen oder ob es an manchen Stellen zu wenig Personal gibt.
Eine kleine Zeitreise in den April 2022: Hinter welches Projekt möchten Sie bis dahin unbedingt einen Haken gemacht haben?
Ich kenne natürlich noch nicht alle Projekte. Ich weiß aber, dass es den Leuten im Dezernat wichtig ist, bis dahin das Projekt Digitaler Urlaubsantrag abgeschlossen zu haben.
Ich habe gerade die vergangenen 20 Jahre erwähnt. In der Zeit davor deutete noch nicht alles darauf hin, dass Sie im Personalwesen tätig sein werden. Nach dem Abitur sind Sie in ein Kloster gegangen und haben sogar ein zeitliches Gelübde abgelegt. Wollten Sie Mönch werden?
Ja, das hatte ich vor.
Aber?
Ich habe dann im Studium meine spätere Ehefrau kennengelernt und habe mich dann neu entschieden, in diesem Fall für Ehe und Familie.
Ich finde es spannend und bereichernd, den umfassenden Strukturwandel in dieser Region mitzugestalten.
Sie haben Ihr Studium der Katholischen Theologie in Münster und Jerusalem dennoch beendet und promoviert. Nach der Promotion im Jahre 2000 gingen Sie nach Düsseldorf zur Personalberatung Kienbaum. Können Sie diesen ungewöhnlichen und spannenden Schritt kurz erläutern?
Auch hier habe ich zunächst pragmatisch gehandelt. Unser erstes Kind war unterwegs. Ich musste Geld verdienen. Aus dem kirchlichen Bereich gab es kein Angebot, aus der Personalberatung hingegen drei.
Haben Sie den Schritt in Richtung Personalwesen jemals bereut?
Nein, überhaupt nicht. Sonst säße ich nicht hier. Ich hatte vor meiner Zeit bei Kienbaum noch keine Ahnung von der Personalberatung und habe dann sehr viel bei der täglichen Arbeit gelernt. Ich habe mit Recruiting, also mit Headhunting begonnen. Ich habe nach passenden Menschen für passende Stellen gesucht und habe mir dann weitere Praxisfelder im Personalmanagement erarbeitet. Das hat mir Spaß gemacht, ich interessiere mich für Menschen. Und für Veränderungen. Es ist deshalb wirklich kein Zufall, dass ich hier sitze. Damit meine ich nicht nur die Ruhr-Universität, sondern auch Bochum und das Ruhrgebiet. Ich finde es spannend und bereichernd, den umfassenden Strukturwandel in dieser Region mitzugestalten.
Ich bin gespannt, wie es uns gelingt, das Netzwerk auszuweiten.
Eine letzte Frage noch zur neuen Tätigkeit: Worauf freuen Sie sich kurzfristig am meisten?
Zum einen freue ich mich auf Teamarbeit, sowohl innerhalb des Dezernats Personal und Recht als auch mit den Ansprechpersonen in den anderen Dezernaten und der ganzen Verwaltung. Zurzeit lerne ich nach und nach die Fakultäten und Wissenschaftlichen Einrichtungen kennen, mit denen ich ebenfalls sehr gerne zusammenarbeiten möchte.
Zum anderen freue ich mich darauf, den Hochschulentwicklungsplan mit seinem Motto Creating Knowledge Networks umzusetzen. Dieses Motto knüpft an eines der Führungsinstrumente an, die ich zuletzt am zap gelernt habe: Netzwerken, um Organisationen zu steuern. An der RUB ist alles auf Zusammenarbeit angelegt, nicht nur in den Köpfen der Menschen, sondern auch in der Architektur. Ich bin gespannt, wie es uns gelingt, das Netzwerk auszuweiten: auf alle Fakultäten, die anderen Hochschulen in Bochum, das Ruhrgebiet und selbstverständlich auch national und international.