Lasertechnik Kohlensäuregehalt in Getränkeflaschen zerstörungsfrei bestimmen
Um Qualitätsparameter zu bestimmen, müssen Getränkeproduzenten bislang meist ein Loch in den Verpackungsdeckel stanzen. Die Flaschen sind im Anschluss nicht mehr zu verwenden. Ein neues Verfahren arbeitet nicht-invasiv.
Mit einem neu entwickelten Messgerät lässt sich der Kohlensäuregehalt in Getränkeflaschen bestimmen, ohne die Flasche dabei zu öffnen und das Getränk in einen Sensor zu überführen. Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben diese Lösung gemeinsam mit der Firma Steinfurth Mess-Systeme aus Essen konzipiert. Bei herkömmlichen Verfahren wird üblicherweise ein Loch in den Flaschendeckel gestanzt, um den Druck und die Temperatur im Inneren zu bestimmen; Flasche und Inhalt müssen anschließend entsorgt werden. Das neue Verfahren beruht auf der Absorptionsspektroskopie, funktioniert bei beliebigen transparenten Getränkeflaschen und ermöglicht auch Langzeitmessungen. Es steht kurz vor der Markteinführung.
Prof. Dr. Andreas Ostendorf und Prof. Dr. Cemal Esen vom Lehrstuhl für Laseranwendungstechnik beschreiben das Messprinzip gemeinsam mit Markus Grafen und Martin Falkenstein, ehemals an der RUB, heute bei Steinfurth Mess-Systeme, in der Zeitschrift „Chemie Ingenieur Technik“, online veröffentlicht am 8. Oktober 2020.
Laserlicht verrät Kohlensäuregehalt
Für viele Getränke ist der Kohlensäuregehalt einer der wichtigsten Geschmacksparameter. Da das CO2-Gas im Laufe der Zeit auch aus gut verschlossenen Flaschen entweicht, ist es sowohl für Getränkeproduzenten als auch für den Handel interessant zu wissen, ob sich der Kohlensäuregehalt in einer Getränkeflasche im gewünschten Bereich befindet. Dieser lässt sich aus dem Absolutdruck und der Temperatur des Getränks im Behälter berechnen. Bei teiltransparenten Glas- und Kunststoffflaschen kann man den Absolutdruck spektroskopisch ermitteln, ohne die Flasche dafür öffnen zu müssen.
Für das Verfahren senden die Forscher Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge durch den Gasraum im Flaschenhals und messen, wie viel von diesem Licht auf der gegenüberliegenden Seite der Flasche ankommt. Die Wellenlänge des Lichts wählen sie dabei so, dass es bevorzugt von CO2-Molekülen absorbiert wird. Die Menge des absorbierten Lichts bei verschiedenen Wellenlängen in einem Bereich um 2.004 Nanometer gibt Aufschluss über die Menge an Kohlendioxid und somit den Absolutdruck.
Trick gegen störende Einflüsse
Für solche spektroskopischen Verfahren wird normalerweise ein Hintergrundspektrum am leeren Behälter aufgenommen, mit welchem Störeinflüsse – beispielsweise durch Kratzer oder Staub auf der Oberfläche – herausgerechnet werden können. An versiegelten Flaschen ist das nicht möglich. Daher eliminieren die Wissenschaftler die störenden Einflüsse mit einem Trick: Eine Flasche wird nicht nur einmal vermessen, sondern einige Sekunden lang immer wieder aus verschiedenen Richtungen. Störungen variieren so von Messung zu Messung, während der Einfluss des Inhalts durch die gleichbleibende Dichte an CO2-Molekülen konstant bleibt. Anschließend befreien die Forscher das Absorptionsspektrum von den Störeinflüssen; dazu verwenden sie einen mittlerweile patentierten mathematischen Ansatz, den sie selbst entwickelt haben. Der Absolutdruck kann anschließend einfach aus dem Spektrum abgelesen werden. Die Temperatur des Getränks wird ebenfalls nicht-invasiv über ein Pyrometer gemessen.
Präzises Verfahren vielseitig anwendbar
Das Verfahren funktioniert für Glas- und PET-Flaschen unterschiedlicher Farben und Formen. Einzige Voraussetzung ist, dass die Flasche lichtdurchlässig ist. Da sie unbeschädigt bleibt, kann sie auch mehrmals über längere Zeit vermessen werden, wodurch unter anderem die Produkthaltbarkeit bestimmt werden kann.
Die Messgenauigkeit beträgt aktuell abhängig vom Druck in der Flasche mindestens 50 Millibar. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass die Menge an CO2 mit einer Genauigkeit von 0,1 Gramm pro Liter gemessen werden kann. Damit liegt die Messgenauigkeit ungefähr bei dem eines invasiven Gerätes; das Modell CDA MK-6 von Steinfurth erreicht beispielsweise eine Messgenauigkeit von 30 Millibar.
Bei dem neu entwickelten Gerät handelt sich derzeit um das einzige marktreife nicht-invasive Messverfahren, das ohne die zusätzliche Angabe des Flaschenhalsdurchmessers funktioniert.