Romantische Situationen lassen sich im Labor nicht so gut nachstellen wie zuhause erleben. Ein Bochumer Team hat daher einen neuen Untersuchungsansatz gewählt.
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Psychologie Mit EEG-Haube zuhause romantisch sein

Küssen, kuscheln, plaudern – dank modernem Forschungsequipment konnten Wissenschaftler die Hirnaktivität von Paaren in emotionalen Situationen zuhause aufzeichnen.

Forschung zu den neuronalen Grundlagen der Emotionsverarbeitung hat bislang meist im Labor, also unter realitätsfremden Bedingungen stattgefunden. Unter natürlicheren Bedingungen haben Bochumer Biopsychologen Paare nun in einer neuen Studie untersucht. Mittels Elektroenzephalografie (EEG) zeichneten sie die Hirnaktivität von romantischen Paaren auf, während diese sich zuhause umarmten, küssten oder über gemeinsame glückliche Erinnerungen unterhielten. Die Ergebnisse bestätigten die Theorie, dass positive Emotionen hauptsächlich in der linken Hirnhälfte verarbeitet werden.

Die Ergebnisse beschreibt eine Gruppe um Dr. Julian Packheiser, Gesa Berretz, Celine Bahr, Lynn Schockenhoff und Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg aus der Abteilung Biopsychologie der Ruhr-Universität Bochum in der Zeitschrift Scientific Reports, online veröffentlicht am 13. Januar 2021.

In früheren Studien zu den neuronalen Korrelaten der Emotionsverarbeitung wurden Gefühle bei Probandinnen und Probanden in der Regel durch die Präsentation von bestimmten Bildern oder Videos im Labor hervorgerufen. „Unklar war, ob das wirklich das Er- und Ausleben von Gefühlen widerspiegelt“, sagt Julian Packheiser. „Schließlich umfassen Emotionen nicht nur das Wahrnehmen von Gefühlen, sondern auch deren Ausdruck.“

Mobile EEG-Geräte erlauben Messungen zuhause

Daher maßen die Forscherinnen und Forscher in der aktuellen Studie die Hirnströme von 16 Paaren in positiven emotionalen Situationen im eigenen Zuhause. Mit herkömmlichen EEG-Systemen wäre eine solche Messung nicht möglich gewesen, denn die Bewegungen, die beim Küssen, Umarmen oder Gestikulieren entstehen, erzeugen Artefakte in den Daten. „Wir haben ein mobiles EEG-System genutzt, das nicht nur die Hirnströme, sondern auch die Bewegungsmuster der Probandinnen und Probanden aufzeichnet“, erklärt Julian Packheiser. So konnte das Team die Artefakte in den Daten kontrollieren.

Positive Situationen, vor allem emotionale Kuss- und Sprachsituationen, gingen mit einer stärkeren Aktivität in den vorderen Bereichen der linken Hirnhälfte einher. Die Studie bestätigte somit die Ergebnisse aus Laboruntersuchungen und das sogenannte Valenzmodell emotionaler Lateralisierung, welches besagt, dass positive Emotionen eher in der linken Hirnhälfte, negative Emotionen eher in der rechten Hirnhälfte verarbeitet werden.

Für die Studie werteten die Forscher die EEG-Daten in einem bestimmten Frequenzbereich aus, dem sogenannten Alpha-Frequenzband zwischen 8 und 13 Hertz und dem Beta-Frequenzband zwischen 13 und 30 Hertz.

Förderung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die Arbeiten im Rahmen des Förderkennzeichens OC127/9-1 sowie des Graduiertenkollegs „Situated Cognition“ (GRK 2185/1).

Originalveröffentlichung

Julian Packheiser, Gesa Berretz Noemi Rook, Celine Bahr, Lynn Schockenhoff, Onur Güntürkün, Sebastian Ocklenburg: Investigating real-life emotions in romantic couples: a mobile EEG study, in: Scientific Reports, 2021, DOI: 10.1038/s41598-020-80590-w

Pressekontakt

Dr. Julian Packheiser
Abteilung Biopsychologie
Institut für Kognitive Neurowissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 24917
E-Mail: julian.packheiser@rub.de

Veröffentlicht

Mittwoch
13. Januar 2021
12:26 Uhr

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