Post-Quanten-Kryptografie CASA-Team gewinnt weltweiten Standardisierungswettbewerb
In Bochum entwickelte Verschlüsselungsverfahren, die auch Quantencomputer nicht brechen können, werden in den USA zum Standard.
Eine sichere verschlüsselte Kommunikation ist die Grundlage für eine global vernetzte mobile Welt. Doch je näher Quantencomputer, extrem leistungsfähige Rechner, in eine realistische Reichweite rücken, desto greifbarer werden auch die Gefahren für die IT-Sicherheit. Das US-amerikanische National Institute for Standards and Technology (NIST) hat diese Gefahren durch Quantencomputer für eine sichere Datenverschlüsselung erkannt und bereits 2016 einen Prozess zur Standardisierung von quantencomputerresistenten kryptografischen Verfahren gestartet.
Forschungsgruppen aus aller Welt reichten Konzepte für neue Verschlüsselungsverfahren ein, 15 schafften es ins Finale des Wettbewerbs. Drei der vier nun final ausgewählten Einreichungen wurden von Forschenden aus dem Exzellenzcluster „Cyber Security in the Age of Large-Scale Adversaries“, kurz CASA, entwickelt, das an der Ruhr-Universität Bochum angesiedelt ist. Es verfolgt das Ziel, nachhaltige IT-Sicherheit gegen großskalige, insbesondere nationalstaatliche Angreifer zu ermöglichen. Sie haben damit einen weltweit anerkannten Standardisierungswettbewerb gewonnen, der die quantencomputerresistenten Verschlüsselungsverfahren der Zukunft maßgeblich prägen wird.
Sichere Verschlüsselung für die Rechner von morgen
Die von der Bundesbehörde zertifizierten Standards werden erfahrungsgemäß von zahlreichen Unternehmen und Online-Diensten, wie Amazon, Paypal oder Google übernommen, da sie als besonders sicher gelten. „Sie stellen einen besseren Schutz für die digitale Kommunikation dar – gerade weil Quantencomputer die bisherigen Verschlüsselungsmethoden und Signatursysteme aushebeln würden“, sagt Prof. Dr. Eike Kiltz, CASA-Sprecher und Forscher in den Verfahrens-Vorschlägen CRYSTALS-KYBER und CRYSTALS-DILITHIUM. Neben ihm sind die CASA-Professor*innen Tanja Lange, Peter Schwabe sowie Daniel Bernstein an den ausgewählten Verfahren beteiligt. „Der neue NIST-Standard wird sicherlich eines der einflussreichsten Dokumente in der IT-Sicherheit werden“, so Eike Kiltz weiter.
Datensicherheit in der Quantenwelt
Wann die ersten leistungsfähigen Rechner jedoch tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen, ist noch ungewiss. Klar ist aber: „Quantencomputer können die beiden mathematischen Operationen lösen, auf denen heutige asymmetrische kryptografische Methoden beruhen – die bisherige Sicherheitsinfrastruktur wird damit quasi wertlos“, sagt Prof. Dr. Peter Schwabe, CASA-Forscher und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre (MPI-SP).
Aus diesem Grund hat das NIST im Jahr 2016 damit begonnen, geeignete Ersatzverfahren für die aktuelle Generation von Verschlüsselungsmethoden zu identifizieren und schließlich zu standardisieren. Diese nächste Generation kryptografischer Algorithmen wird als Post-Quanten-Kryptografie bezeichnet. Das NIST wählte für diese Bemühungen einen offenen Aufruf zur Einreichung verschiedener Ansätze. In den vergangenen fünf Jahren wurden 69 Vorschläge sorgfältig auf ihre Sicherheit, Effizienz und andere Implementierungsmerkmale hin analysiert.
Das Verfahren CRYSTALS-KYBER ermöglicht den sicheren Schlüsselaustausch über unsichere Kommunikationskanäle wie etwa das Internet. Die Verfahren SPHINCS+ und CRYSTALS-DILITHIUM, sogenannte digitale Signaturen, werden verwendet, um die Authentizität von Daten und Absendern zu garantieren. Diese Verfahren, die nun vom NIST ausgewählt wurden, stellen zwei unterschiedliche Funktionalitäten. „Die entwickelten Verfahren zeigen, wie wichtig eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Grundlagenforschung und einer anwendungsorientierten Forschung ist, damit auch zukünftig die Verschlüsselung unserer Daten nachhaltig sicher ist“, erläutert Eike Kiltz.
Europäische Behörden dürften sich der NIST-Standardisierung anschließen
Es ist zu erwarten, dass das NIST mit seiner Entscheidung für die USA und Europa Standards setzen wird. „Die europäischen Behörden prüfen die vom NIST ausgewählten Verfahren zwar auch noch, schließen sich aber erfahrungsgemäß der Einschätzung ihrer US-Kollegen an, wenn sie keine Sicherheitslücken finden“, sagt Peter Schwabe. Grund dafür ist der verschlüsselte Datenaustausch von US-amerikanischen und europäischen Diensten, der anderenfalls nicht mehr möglich wäre.
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