Biologie Wie Stresshormonwerte schwanken

Haaranalysen legten nahe, dass Individuen mit vergleichsweise hohen Cortisolwerten auch kontinuierlich hohe Werte haben. Das stimmt aber nur für Zeiträume bis zu einem Jahr.

Ist die Menge an ausgeschüttetem Stresshormon Cortisol bei einer Person konstant? Die Auswertung von Haarproben über mehrere Monate bis zu einem Jahr legt das nahe. Eine Studie von Biolog*innen und Psycholog*innen der Universitäten Bochum und Bern mit Haarproben derselben Personen nach zwei Jahren zeigt aber: Die Werte sind nach dieser Zeit nicht mehr konstant. „Man kann daher nicht folgern, dass Personen unabhängig von besonders stressigen Ereignissen immer vergleichsweise viel oder wenig Cortisol bilden“, sagt Dr. Nina Minkley von der Arbeitsgruppe Verhaltensbiologie und Didaktik der Biologie. Solche stressigen Ereignisse hatten die Forschenden abgefragt und herausgerechnet. Sie berichten in der Zeitschrift Stress and Health vom 6. August 2024.

Haare speichern Cortisol

In stressigen Situationen wird im Körper das Hormon Cortisol freigesetzt. Im Speichel lässt sich der Anstieg schon nach 15 bis 20 Minuten messen. Aber es wird auch in die wachsenden Haare eingelagert und darin gespeichert. Untersucht man sie, kann man das Hormon über lange Zeit nachweisen. „Schwerwiegende Lebensereignisse, die mit viel Stress einhergehen, wie etwa eine Scheidung oder der Tod eines geliebten Angehörigen, verursachen über eine längere Zeit deutlich erhöhte Werte, was man am Haar auch ablesen kann“, erklärt Nina Minkley.

Unabhängig von solchen Ereignissen nahm man bislang an, dass die Cortisolausschüttung einer Person über lange Zeit immer ungefähr gleich ist. Vergleiche von Haarauswertungen im Abstand mehrerer Monate hatten das in vorherigen Studien belegt. Wie aber sieht es über eine längere Zeit hinweg aus? Dieser Frage hatte sich bisher keine Untersuchung gewidmet.

Nach zwei Jahren unterscheiden sich die Werte

Für ihre Studie analysierten die Forschenden Haarproben von insgesamt 39 Probandinnen – nur Frauen, da es zu wenige Männer gab, deren Haare ausreichend lang gewesen wären. Sie entnahmen von 21 Probandinnen je drei dünne Strähnen im Abstand von einem Jahr, von 18 Probandinnen im Abstand von zwei Jahren, und verglichen die beiden Messwerte für Cortisol.

„Dabei hat sich gezeigt, dass die Werte nach einem Jahr ähnlich den ersten Messwerten waren – wie erwartet. Die Personen mit den hohen Konzentrationen hatten auch nach einem Jahr die höchsten Konzentrationen“, so Nina Minkley. „Nach zwei Jahren konnten wir aber keine solche Übereinstimmung mehr finden.“ Die Cortisolausschüttung ist also weniger stabil als bisher angenommen. „Interessant ist das für bestimmte Fragestellungen, bei denen man Vorhersagen auf diesen Werten gründet“, sagt Nina Minkley.
Die Forschenden hatten die Probandinnen nach gravierenden Lebensereignissen und anderen stressigen Situationen befragt und auch über ihre Haarpflege interviewt und diese Einflussfaktoren in ihrer Analyse mit einbezogen.

Originalveröffentlichung

Alex Bertrams, Myriam Zäch, Nina Minkley: Comparison of Human Hair Cortisol Concentration Stability for 1‐Year and 2‐Year Test–Retest Intervals, in: Stress and Health, 2024, DOI: 10.1002/smi.3465

Pressekontakt

Dr. Nina Minkley
Arbeitsgruppe Verhaltensbiologie und Didaktik der Biologie
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 29020
E-Mail: nina.minkley@ruhr-uni-bochum.de

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Veröffentlicht

Freitag
30. August 2024
09:17 Uhr

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