Künstliche Intelligenz

Wenn Maschinen fühlen lernen

Eine neu entwickelte Schnittstelle verbindet Herzschlag und KI.

Neben sprachlichen Prompts können Large Language Models auch Herzfrequenzdaten verstehen, interpretieren und daran angepasst reagieren. Das haben Dr. Morris Gellisch, ehemals an der Ruhr-Universität Bochum und heute an der Universität Zürich, und Boris Burr von der Ruhr-Universität Bochum in einem Experiment nachgewiesen. Sie entwickelten dafür eine technische Schnittstelle, über die physiologische Daten in Echtzeit an das Sprachmodell übermittelt werden können. Die Künstliche Intelligenz kann dadurch auch die Sprache des Körpers einbeziehen, auf die Menschen keinen bewussten Einfluss nehmen. Das eröffnet neue Möglichkeiten für die Nutzung in medizinischen und pflegerischen Anwendungen. Die Arbeit wurde am 26. September 2025 in der Fachzeitschrift Frontiers in Digital Health veröffentlicht. 

Tabelle und Visualisierung der Daten – kein Problem

Die beiden Forscher nutzten für ihr Experiment ein handelsübliches Gerät, das die Herzratenvariabilität mittels eines Brustgurts misst. Die so gewonnenen Daten wurden dekodiert, gefiltert und verdichtet. Die entstandenen Kennwerte übermittelten die Forscher in Echtzeit an das Large Language Model (LLM) GPT4. Als Antwort auf einen entsprechenden Prompt konnte die KI die übertragenen Herzdaten korrekt in einer Tabelle darstellen, die Durchschnittswerte, Minimum und Maximum sowie einige andere Werte enthielt. „Die Auswertung und Visualisierung erfolgten direkt in der LLM-Umgebung – ohne externe Statistik- oder Plot-Software“, betont Boris Burr. Die KI erstellte auf Wunsch auch eine Visualisierung der gemessenen Herzdaten. 

„Darüber hinaus haben wir unser System in einer Reihe von Echtzeit-Interaktionsszenarien getestet, darunter ein Experiment zur kognitiven Belastung, bei dem das Sprachmodell seine Ausgabe auf der Grundlage von Herzfrequenz-Reaktionen auf wenig und sehr anspruchsvolle Aufforderungen anpasste“, berichtet Morris Gellisch. Ergebnis: Das System konnte Unterschiede in den Herzfrequenz-Mustern zwischen Aufgaben mit niedriger und hoher kognitiver Anforderung erkennen und darauf in der KI-Ausgabe reagieren. „Es handelt sich bei unserem Experiment nicht um eine validierte psychophysiologische Studie, sondern um ein Proof-of-Concept-Szenario“, unterstreicht Gellisch. Ziel war es, zu demonstrieren, dass das Sprachmodell in Echtzeit auf physiologische Parameter reagieren kann, wenn diese über die entwickelte Schnittstelle bereitgestellt werden.

Mehrwert für verschiedene Aufgaben

„Die Integration physiologischer Signale in KI bietet einen klaren Mehrwert“, sind die beiden Autoren überzeugt. Sprachmodelle können dadurch neben Texteingaben auch Echtzeitindikatoren des autonomen Zustands berücksichtigen, was zu adaptiveren und kontextsensitiveren Interaktionen beim Lernen, bei der Entscheidungsfindung und im Gesundheitswesen führen könnte. „Die Schnittstelle ist nicht nur für Bildungs- oder Forschungsszenarien interessant, sondern auch für medizinische und pflegerische Anwendungen – etwa zur Erkennung von Stress, Überlastung oder emotionaler Dysregulation in Echtzeit“, so Morris Gellisch.

Das Projekt entstand mit Unterstützung von Prof. Dr. Thorsten Schäfer, Studiendekan der Medizinischen Fakultät, sowie Prof. Dr. Eckart Förster, Leiter des Lehrstuhls für Neuroanatomie und Molekulare Hirnforschung an der Ruhr-Universität Bochum. 

Originalveröffentlichung

Morris Gellisch, Boris Burr: Establishing a real-time biomarker-to-LLM interface: a modular pipeline for HRV signal acquisition, processing, and physiological state interpretation via generative AI, in: Frontiers in Digital Health, 2025, DOI: 10.3389/fdgth.2025.1670464

Pressekontakt

Dr. Morris Gellisch
Universität Zürich
Tel.: +41 634 90 57
E-Mail: morris.gellisch@ruhr-uni-bochum.de 

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Veröffentlicht

Freitag
17. Oktober 2025
10:44 Uhr

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