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Gefühle entscheiden, von welcher Seite wir uns umarmen
In emotional aufgeladenen Situationen umarmen wir uns öfter linksseitig als in neutralen Zusammenhängen. Das haben Biopsychologen der RUB um Julian Packheiser, Noemi Rook und Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg herausgefunden. Sie erklären sich dieses Seitenverhältnis mit der Verarbeitung von Gefühlen in den jeweiligen Hirnhälften. Darüber hinaus haben sie festgestellt, dass auch die Händigkeit und Füßigkeit der Beteiligten Voraussagen zulässt, welche Hand bei der Umarmung oben ist.
Abschied und Flugangst – Wiedersehensfreude und Erleichterung
Die Forscher beobachteten mehr als 2.500 Umarmungen. Auf einem deutschen Flughafen werteten sie je rund 1.000 Umarmungen im Abflug- und im Ankunftterminal internationaler Flüge aus. Beim Abflug gingen sie dabei von negativen Emotionen der Beteiligten Personen aus – zum einen verabschiedeten sich hier nahestehende Menschen voneinander, zum anderen leiden Studien zufolge fast 40 Prozent aller Fluggäste unter Flugangst, was sich zusätzlich negativ auswirkt. Bei der Ankunft sorgen dann Wiedersehensfreude und Erleichterung über den überstandenen Flug für positive Emotionen.
Umarmungen Fremder auf der Straße
Um neutrale Umarmungen beobachten zu können, zogen die Forscher die Videoplattform Youtube heran. Hier fanden sie Aufzeichnungen von Akteuren, die Fremden auf der Straße Umarmungen mit verbundenen Augen angeboten hatten. Über 500 solche Umarmungen konnten sie auswerten.
Gefühle werden rechts verarbeitet
Übereinstimmend mit älteren Studien stellten die Forscher fest, dass die meisten Menschen eine Vorliebe für rechtsseitige Umarmungen haben. Es zeigte sich aber, dass sowohl in positiven wie auch in negativen Situationen häufiger linksseitig umarmt wird als in neutralen Situationen. „Das ist auf den Einfluss der rechten Gehirnhälfte zurückzuführen, die die linke Körperhälfte kontrolliert und sowohl positive als auch negative Emotionen verarbeitet“, erklärt Julian Packheiser. „Bei Umarmungen interagieren emotionale und motorische Netzwerke im Gehirn und führen zu einer stärkeren Linksorientierung in gefühlsbetonten Zusammenhängen.“
Eine Schaufensterpuppe umarmen
Um den Einfluss von Händigkeit und Füßigkeit zu untersuchen, ließen die Forscher dann noch 120 Probanden im Labor eine Schaufensterpuppe umarmen, nachdem sie verschiedene positive, negative oder neutrale Kurzgeschichten über Kopfhörer angehört hatten. Händigkeit und Füßigkeit erfassten die Wissenschaftler mittels Fragebogen. „Händigkeit und Füßigkeit können tatsächlich vorhersagen, in welche Richtung eine Umarmung ausgeführt wird“, so Julian Packheiser. Rechtshänderinnen und Rechtshänder neigten also noch stärker als Linkshänder dazu, ihr Gegenüber von rechts zu umarmen.
Ein Sonderfall ist die Umarmung zweier Männer: Dabei stellten die Forscher schon in neutralen Situationen eine stärkere Linksorientierung fest. „Wir interpretieren das so, dass Männer-Umarmungen von vielen Männern als negativ angesehen und daher selbst in neutralen Situationen wie zur Begrüßung tendenziell als negativ wahrgenommen werden“, meint Sebastian Ocklenburg. Dementsprechend werde wegen der negativen Emotionen auch hier die rechte Gehirnhälfte aktiv und beeinflusse die motorische Ausführung nach links.
24. Januar 2018
09.35 Uhr