Proteinforschung Neue Erkenntnisse über die Recyclingfabriken der Zellen
Wie kleine Müllschlucker säubern Organellen die Zellen von überflüssigem oder defektem Material. Welche Mechanismen dahinterstecken, finden Forscher gerade heraus.
Die Zellen sowohl von Tieren als auch von Pflanzen sind darauf angewiesen, dass sie von ihrem eigenen beschädigten oder überflüssigen Zellmaterial befreit werden – ein Vorgang, den man Autophagozytose nennt. Den Abbau der Substrate übernehmen Proteine. Er findet bei Tieren in einem Zellorganell namens Lysosom und bei Pflanzen und Hefen in der Vakuole statt. Die Abbauproteine selbst befinden sich nicht von Anfang an in der Vakuole oder im Lysosom, sondern müssen zunächst von Transportrezeptoren auf kleinen Vesikeln zu ihrer Wirkungsstätte gebracht werden.
Welch entscheidende Rolle die beiden Proteine Vps10 und Vac8 bei diesen Mechanismen spielen, hat das Team der Arbeitsgruppe Biochemie Intrazellulärer Transportprozesse der RUB von Prof. Dr. Harald Platta untersucht.
Die Ergebnisse sind im Juni und Juli 2019 in den Fachzeitschriften Scientific Reports und Cells erschienen.
Unersetzlich für den Abbau komplexer Substrate
Die Forscherinnen und Forscher konnten zeigen, dass der Transportrezeptor Vps10, welcher bei Pflanzen und Hefen ein bestimmtes Abbauprotein vom Endoplasmatischen Retikulum zur Vakuole dirigiert, nicht einer unter mehreren austauschbaren Rezeptoren ist. „Vps10 trägt vielmehr durch den effektiven Transport des Abbauproteins entscheidend zu der Aktivität der Vakuole während des Abbaus der zelleigenen Bestandteile bei“, so Harald Platta.
Weitreichende Auswirkungen
„Die Erkenntnisse aus dieser Studie sind auch für weitergehende Fragen relevant“, erklärt Platta. „So kommt ein Ebenbild des Abbauproteins unter dem Namen Cathepsin D auch in Säugern vor. Ein Mangel führt dort zu neurodegenerativen Störungen. Und die Fehlsteuerung des unreifen Abbauproteins wurde bei verschiedenen Krebsformen beobachtet.“
Die Membranen von Vesikel und Vakuole müssen miteinander fusionieren
Die zweite Studie analysierte das Protein Vac8. Es reguliert innerhalb der Zelle die Fusion der Membranen von Transport-Vesikeln mit der Membran der Vakuole. Dabei handelt es sich entweder um kleine Vesikel, die Abbauproteine enthalten, oder große Vesikel, die mit den abzubauenden Substraten beladen sind.
Die Fusion der Membranen scheint nicht, wie man annehmen würde, über die Bindung zu anderen Proteinen zu erfolgen, sondern, wie die Forscherinnen und Forscher zeigen konnten, über die Koordination von Lipiden.
Vac8 scheint somit nicht nur als einfaches Adapter-Molekül zwischen zwei Membranen zu agieren, sondern mag womöglich auch die Zusammensetzung der umliegenden Lipide definieren, um den Kontakt der beiden Membranen vorzubereiten.