
Reportage Der Mann, der die Uni fit macht
Hanteln, Muskeln und Trainingspläne beschäftigen den Leiter eines Fitnessstudios – sollte man meinen. Im Unifit erfährt Redakteurin Tabea Steinhauer, worum es bei diesem Job wirklich geht.
Hoch motiviert, körperlich fit, bequeme Klamotten: Ich bin bestens vorbereitet auf meinen Tag als Leiterin des Unifit. Das Fitnessstudio gehört zum Bochumer Hochschulsport und wird normalerweise von Stefan Bertling geführt. Heute übernehme ich seinen Job. Naja, fast.
Erstmal sitzen
Es geht los mit Sitzungen. Zuerst der wöchentliche Jour fixe mit Ines Lenze, der Chefin des Bochumer Hochschulsports. Der Sport lässt also auf sich warten, das Unifit auch. Wir bleiben zunächst auf dem Campus.
Das Treffen mit Lenze ist anhand einer vorher abgestimmten Tagesordnung durchgetaktet: Einstellung neuer Rezeptionsmitarbeiter, Arbeitsplatzsicherheit, Imagefilm über das Unifit, Planung Wintersemester. Die Liste lässt erahnen: Als Laie kann ich nicht mitreden.
Wir verlassen das Büro und gehen den langen Gang runter zum nächsten Treffen, dem des Hochschulsport-Teams. Sechs der neun Mitarbeiter sind anwesend, die anderen im Urlaub oder krank.
Jeder gibt möglichst effizient den Stand seiner Projekte zum Besten, verteilt Arbeitsaufträge, die in einer Tabelle festgehalten werden, und beantwortet Fragen der Kollegen. Ich bleibe untätig und unsportlich.
Unifit-Leiter Bertling berichtet von den Sommerloch-Zahlen, die für ein Fitnessstudio zu dieser Jahreszeit gar nicht so schlecht sind: „Erwartungsgemäß haben wir zwar gerade ein mäßiges Trainingsverhalten, kürzlich allerdings mit einer leichten Steigerung.“
Hier soll Sport getrieben werden.
Stefan Bertling
Nach der Mittagspause fahren wir endlich ins Unifit. Wir betreten das Gebäude durch den Hintereingang und gehen als Erstes nach vorne zur Rezeption.
Hinter dem großen Tresen stehen gemütliche Sessel und Couchtische vor einer Kritzelwand. Darauf hat ein Teilnehmer geschrieben: „Macht die Uni fit!“ Das passende Motto für den Job von Bertling.
Allerdings muss ich mich zunächst wieder mit Büroarbeit begnügen. Bertling, seine Stellvertreterin Kristin Pieper und die Auszubildende Sandra Eder sitzen in einer Art Galerie oberhalb der Trainingsfläche. Während oben die Köpfe vor den Computern über Kursplanungen, Personalangelegenheiten und Anmeldezahlen qualmen, schwitzen unten die Körper.
„Passiert mit dem stillgelegten Whirlpool eigentlich noch etwas?“, frage ich mit Blick auf das leere Becken an der gegenüberliegenden Seite der Trainingsfläche. „Da kommt demnächst eine Kissenecke zum Ausruhen rein“, sagt Bertling.
Auf der großen Trainingsfläche erinnert nichts mehr an die vorherige Gestalt der Räumlichkeiten. Die Unifit-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer wissen vermutlich nicht, dass unter ihren Füßen immer noch ein Schwimmbecken ist.
Bis Ende 2012 befand sich an der gleichen Stelle das Bochumer Stadtbad. „Über das Schwimmbecken wurde eine dicke Betonplatte gelegt. Das Wasser ist aber noch immer da. Es dient jetzt als Löschwasser“, erzählt Bertling.
Ein weiterer Unterschied zu anderen Fitnessstudios fällt mir auf: Nirgendwo sind Bildschirme. „Wir haben bewusst auf das Kardio-Theater verzichtet. Hier soll Sport getrieben werden“, erklärt Bertling.
Als „Kardio-Theater“ werden in Fitnessstudios die Bildschirme im Sichtfeld der Ausdauergeräte bezeichnet, die der Unterhaltung der Trainierenden dienen. Im Unifit kann dank WLAN jeder mit einem Tablet oder Smartphone selbst für die musikalische oder filmische Untermalung des eigenen Trainings sorgen.
Vom Bürokaufmann …
Der Unifit-Leiter begibt sich an seinen Schreibtisch – und macht fast Sport, denn er sitzt nicht, sondern steht. Und ich selbstverständlich auch. Er überlässt mir Maus und Tastatur, endlich darf ich etwas tun.
Wir checken die sogenannten Mini-Projekte. Das sind kleinere Vorhaben wie Bodenfliesen in den Duschen erneuern und eine Sprossenwand anbringen lassen.
Nach ein paar E-Mails, die Bertling mich schreiben lässt, und einigen Telefonaten, laufen wir runter ins Studio zum Immobiliencheck. Mir wird klar: Bertling ist Bürokaufmann, Personalchef, Hausmeister und mehr.
… zum Hausmeister
Aufregend: Jetzt darf ich sogar ganz alleine etwas machen. „Ich gehe in die Männer- und du in die Frauenumkleide. Wir überprüfen, ob richtig geputzt wurde und ob es Mängel gibt, die behoben werden müssen“, weist Bertling mich an.
Die Toiletten sehen blitzeblank aus. Im Duschbereich entdecke ich die typischen Kalkablagerungen einer Gemeinschaftsdusche. Und die Fugen? Bei den Männern hatte es laut Bertling zuletzt ein paar grüne Ablagerungen gegeben. Bei den Frauen entdecke ich nichts.
Anschließend checken wir die beiden Kursräume. Die sind voll klimatisiert und mit der neusten Audio- und Präsentationstechnik ausgestattet. Damit gleichzeitig ruhiges Yoga und nebenan lautes Zumba stattfinden können, sind die benachbarten Räume aufwendig schallisoliert. Ab auf die Trainingsfläche.
Begrüßung als Wettbewerb
Annabelle und Ronja erwarten uns. Es knallt. Bertling und die beiden Trainerinnen begrüßen sich mit High five. Ich schlage auch ein. „Wir haben einen Wettbewerb, dass es möglichst laut knallen muss“, erklärt Bertling. Typisch: Selbst aus der Begrüßung wird ein Sport gemacht.
Die Kontrolle auf der Trainingsfläche beginnt bei den Laufbändern. „Ui, hier wurde zu lang nicht mehr drübergewischt“, stellt Bertling nach dem klassischen Fingerwischtest auf der Abdeckung des Geräts fest. Das kann ich auch: Schnell mache ich den Test bei den benachbarten Geräten. Es fühlt sich gut an, etwas getan zu haben.
Fit gemacht
Der Arbeitstag ist zu Ende: Ein bisschen habe ich die Damenumkleiden und ein paar Laufbänder „fit gemacht“. Aber die ganze Uni? Wohl eher nicht.
„Ich trainiere hier häufig in der Mittagspause oder nach Feierabend“, sagt Bertling. So auch heute: Wir machen gemeinsam ein Training mit nur bis zu zwölf Übungswiederholungen, dafür mit sehr viel Gewicht. Danach ist klar: Bertling könnte die Uni fit machen. Und ich habe plötzlich mehr als genug getan.