
Interview „Höchste Zeit, mal wieder vorbeizukommen“
Was ist das bloß für ein Alumnus? Auf Kai Gehrings Top-Ten-Liste fehlt ausgerechnet die RUB.
Als Rubens-Autorin Tabea Steinhauer kürzlich mit ihrem sozialwissenschaftlichen Kurs in Berlin war, hat sie einen interessanten Menschen getroffen: Kai Gehring hat an der RUB Sozialwissenschaft studiert und sitzt seit 2005 für die Grünen im Bundestag. Er ist Obmann im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie Sprecher seiner Fraktion für Hochschule, Wissenschaft und Forschung.
Denken Sie, speziell bei Ihrer Arbeit als Sprecher der Grünen für Bildungs- und Hochschulpolitik, hin und wieder an Ihre Alma Mater?
Häufiger als gedacht, denn die Ruhr-Uni ist wichtiger Taktgeber in einer der dichtesten Wissenschaftsregionen Europas. Sie ist ein Ort, an dem Aufstieg durch Bildung und herausragender Forschung gelingen. Mir ist wichtig, dass die RUB weiter ordentlich von Bund-Länder-Programmen von Hochschulpakt bis Exzellenzinitiative profitiert.
Als eine der größten Arbeitgeberinnen im Revier steht sie zu ihrer Verantwortung für ein gutes Studium und faire Wissenschaftskarrieren. Mein Studium der Sozialwissenschaft war in der Rückschau eine durchaus gute Vorbereitung auf mein Bundestagsmandat.
Es lebe die Bochum-Connection!
Wann waren Sie das letzte Mal an der Ruhr-Universität und wie war das?
An den RUB50-Jubiläumsfeierlichkeiten habe ich gern teilgenommen. Neben Partylaune war meine Gemütslage wie bei jedem Alma-Mater-Besuch: etwas nostalgisch, inspirierend und neugierig auf Neues. Höchste Zeit, wieder vorbeizukommen. Ein Antrittsbesuch beim neuen Rektor steht noch aus, Einladungen sind willkommen.
Erfreulich ist, dass ich jedes Jahr im Bundestag mit Studierenden der RUB ins Gespräch komme, die das Seminar unseres Präsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert und meines inzwischen emeritierten Doktorvaters Prof. Dr. Uwe Andersen besuchen. Es lebe die Bochum-Connection!
Als Sie 2005 in den Bundestag gewählt wurden, mussten Sie Ihre Dissertation abbrechen. Die Promotion ist für Sie aber offenbar eine Option für die Zeit nach Ihrer Karriere in der Politik. Was wird dann Ihr Thema sein?
Angesichts der Plagiatsskandale der vergangen Jahre und aufgrund der Tatsache, dass ich als als Mitglied des Bundestages mehr (MdB) als einen Fulltime-Job ausübe, war es eine weise Entscheidung, die Doktorarbeit auf Eis zu legen. Vielleicht reiche ich später „Innenansichten des Parlaments – wie der Bundestag auch in Zeiten multipler Krisen gut funktioniert“ oder „Meine wilden Jahre in der Opposition“ als Promotion ein. Momentan wirke ich jedoch wahnsinnig gern als MdB weiter.
Auf Ihrer Webseite listen Sie Ihre zehn Lieblingsorte im Ruhrgebiet auf. Dass die RUB nicht dazu gehört, nehmen wir Ihnen mal nicht übel. Aber was war Ihr Lieblingsplatz auf dem Campus?
Immerhin hat es der Westpark mitsamt Jahrhunderthalle in meine Top Ten geschafft. An der RUB habe ich die GC-Cafeteria „genossen“ – schwer sanierungsbedürftig, aber mit vielen Kommilitonen, die teils Freunde fürs Leben wurden. Wohl auch deshalb fordere ich im Bundestag gebetsmühlenartig, die Infrastrukturen des Wissens auf jedem Campus in Deutschland zu modernisieren.
Jugend gibt sich schneller, als man meint.
Sie sind mit gerade einmal 27 Jahren Bundestagsabgeordneter geworden. Wofür mussten Sie sich mehr rechtfertigen: für Ihre Herkunft, also das Ruhrgebiet, oder für Ihre Jugend?
Für meine Parteizugehörigkeit. Deswegen fighte ich weiter für grünes Wachstum. Und Jugend gibt sich schneller, als man meint.