Serie Neu ernannt
Falk Scheidig hat zuletzt in der Schweiz gelehrt und geforscht, zum 1. April 2022 kommt er an die RUB. © RUB, Marquard

Erziehungswissenschaft Falk Scheidig nimmt das informelle Lernen in den Blick

Der Bildungsexperte interessiert sich dafür, wie wir außerhalb von Institutionen wie der Schule lernen – etwa beim Besuch im Landtag, mit digitalen Medien oder im Beruf.

Prof. Dr. Falk Scheidig verstärkt ab April 2022 das Institut für Erziehungswissenschaft der RUB. Der Bildungsexperte, der zuletzt an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und davor an der Universität Augsburg gelehrt und geforscht hat, tritt die Professur für Lebenslanges Lernen unter besonderer Berücksichtigung des non-formalen und informellen Lernens an. Dabei verbindet er vor allem zwei Schwerpunkte miteinander:

  • politische Erwachsenenbildung im Rahmen von organisierten Bildungsangeboten sowie außerhalb von traditionellen Lernorten
  • Digitalisierung und deren Bedeutung für das Lernen im Kontinuum des Lebens

„Gerade im Erwachsenenalter, einer langen und sehr facettenreichen Lebensphase, sind diese Fragen besonders spannend“, sagt Scheidig. Wirkungen politischer Lerngelegenheiten hat der Wissenschaftler bereits in einem früheren Forschungsprojekt zum Besuchsprogramm des Bayerischen Landtags erforscht. Dort zeigte sich, dass es sogar kontraproduktiv sein kann, wenn man Besucherinnen und Besucher weitgehend unvorbereitet – ohne nähere Erläuterung der Arbeits- und Funktionsweise eines Parlaments – eine Plenardebatte verfolgen lässt. „Einige hatten hinterher kein Verständnis dafür, warum so viele Abgeordnete nicht anwesend waren oder der Debatte nicht folgten, sodass Vorurteile eher bestärkt wurden.“

Politische Bildung ist in der Demokratie von elementarer Bedeutung, aber mit Blick auf alltagsintegriertes Lernen noch wenig erforscht. „So hatte beispielsweise der Deutsche Bundestag vor der Pandemie jährlich zwischen zwei und drei Millionen Besucherinnen und Besucher – und mein Erkenntnisinteresse gilt unter anderem der Frage, welche Erwartungen diese Menschen mit Parlamentsbesuchen verbinden und wie ein parlamentarisches Besuchsprogramm gestaltet sein sollte.“

Forschung mit hohem Alltagsbezug

Falk Scheidigs Forschung hat einen hohen Alltagsbezug: „Es geht um non-formales und informelles Lernen – also um Lernprozesse, die nicht abschlussbezogen sind, die häufig freiwillig erfolgen, die mitunter nicht bewusst als Lernen wahrgenommen werden.“ Lebenslanges Lernen kann sich auf viele Arten und Weisen vollziehen – etwa im Alltag, im Beruf, auf Reisen, wenn man ein Buch liest. „In meinem Themenfeld stelle ich dann zum Beispiel die Frage, welches Lernpotenzial von politischen Talkshows ausgeht.“ In Lebenslaufperspektive ist das Lernen oft ein Anschlusslernen, es geht also auch um die Bezüge zu früheren Lernaktivitäten, auch in formellen Kontexten. Ein Beispiel hierfür ist das berufsintegrierte Weiterlernen von Lehrerinnen und Lehrern nach Studium und Referendariat, dem sich Scheidig aktuell zuwendet.

Ihn interessiert ebenfalls, wie sich mit der Digitalisierung Lernangebote verändern, zum Beispiel durch Online-Kurse oder Lern-Apps. Für einen in Kürze erscheinenden Fachartikel untersuchte Scheidig etwa Volkshochschulprogramme aus ganz Deutschland und konnte aufzeigen, dass sich im Zuge der Corona-Pandemie ganz neue digitale Angebotsformen herausbildeten.

Vernetzung und Zusammenarbeit

Lebenslanges Lernen ist an gesellschaftliche Entwicklungen rückgebunden, als Forschungsthema hat es ein großes interdisziplinäres Potenzial. „Das möchte ich natürlich abschöpfen“, so Scheidig. Als vielfältige und forschungsstarke Universität biete die RUB viele spannende Anknüpfungspunkte. Am Institut für Erziehungswissenschaft der RUB gibt es eine Arbeitsgruppe für formales, non-formales und informelles Lernen mit drei Professuren, darin wird seine Arbeit eingebettet. Sehr interessant für eine künftige Zusammenarbeit sei zudem das Zentrum für Wissenschaftsdidaktik der RUB. Darüber hinaus will Scheidig seine Netzwerke auch außerhalb der RUB weiterentwickeln, etwa in der Universitätsallianz Ruhr. „Gerade Nordrhein-Westfalen ist aufgrund der Vielfalt und Geschichte für die Erforschung lebenslangen Lernens ein interessantes Bundesland.“

Zur Person

Falk Scheidig wurde 1987 in Jena geboren. Nach dem Abitur studierte er von 2005 bis 2010 Erziehungswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und schloss mit dem Staatsexamen für Lehramt an Gymnasien ab. 2016 promovierte er im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Augsburg mit einer Arbeit zum Thema „Professionalität politischer Erwachsenenbildung. Eine empirische Studie zu wissenschaftsbasierter Lehrtätigkeit“.

Von 2010 bis 2015 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Pädagogik mit Schwerpunkt Erwachsenen- und Weiterbildung an der Universität Augsburg. Anschließend leitete er bis 2021 die Stabsstelle Lehrentwicklung an der Pädagogischen Hochschule FHNW und wirkte als Dozent am Institut für Weiterbildung und Beratung ebendort sowie am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Basel. Von April 2021 bis März 2022 war er Leiter des Zentrums Lehrer*innenbildungsforschung am Institut Forschung und Entwicklung der Pädagogischen Hochschule FHNW. Zum 1. April 2022 besetzt er die Professur für Lebenslanges Lernen unter besonderer Berücksichtigung des non-formalen und informellen Lernens am Institut für Erziehungswissenschaft an der Fakultät für Philosophie und Erziehungswissenschaft der RUB.

Falk Scheidig ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Veröffentlicht

Freitag
01. April 2022
09:25 Uhr

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