Positive Psychologie Wenn Arbeit glücklich macht
Die Deadline sitzt im Nacken, der Chef gleich mit, und die Tage scheinen zäh und endlos. Arbeit kann frustrierend sein. Zum Tag der Arbeit gibt Psychologin Corinna Peifer Tipps für mehr Zufriedenheit im Beruf.
Durch die Digitalisierung sind wir einem medialen Dauerbeschuss ausgesetzt. Schnellere Technik, ständige Erreichbarkeit und der Drang, sofort zu reagieren: Das führt zu Stress. „Die Digitalisierung und die Beschleunigung, die sie mit sich bringt, können wir nicht aufhalten“, sagt Prof. Dr. Corinna Peifer aus der Arbeitsgruppe Angewandte Psychologie in Arbeit, Gesundheit und Entwicklung an der Fakultät für Psychologie der RUB. „Aber wir sollten aufhören, einfach nur mitzurennen wie in einem Hamsterrad.“ Stattdessen sollten wir Strategien finden, wie wir mit diesen Umständen umgehen können – damit es uns auch langfristig gut geht.
Ein kleiner Schritt in Richtung Zufriedenheit sei es beispielsweise, das E-Mail-Programm ab und zu einfach auszuschalten. Denn jede Mail sei eine Ablenkung, die uns aus der Konzentration für unsere aktuelle Handlung herausreißt. „Wenn wir versuchen, alles gleichzeitig zu machen, dann führt das nur dazu, dass alles liegen bleibt“, verdeutlicht Peifer.
Positive Psychologie
Unter anderem mit solchen Strategien, die zu mehr Wohlbefinden führen, beschäftigt sich die positive Psychologie. Sie versteht sich als eine Disziplin innerhalb der Psychologie, die einen besonderen Fokus auf Wohlbefinden, Stärken und Ressourcen legt – und damit auf eine bestmögliche Entwicklung von Individuen, Organisationen und der Gesellschaft. „Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich die Psychologie eine Zeitlang vor allem darauf zu helfen, wenn es Menschen nicht gut ging“, erklärt Peifer.
In dieser Zeit geriet die Beschäftigung mit Wohlbefinden, Stärken und Ressourcen in den Hintergrund – was die positive Psychologie nun wieder in eine gute Balance bringen möchte. Sie betrachtet den gesunden Menschen, der sein Wohlbefinden verbessern, seine Talente stärken und nutzen möchte.
Der Mensch steht in der positiven Psychologie im Zentrum – und das auch, wenn es um das Glück am Arbeitsplatz geht. „Andere Menschen – Kollegen oder Kommilitonen – sind ein wichtiger Faktor für unser Wohlbefinden“, sagt Peifer. „Wenn großer Stress herrscht, sind sie eine zentrale Ressource – allein schon das Wissen darum, dass sie einem im Notfall zur Seite stehen.“
Mal etwas zusammen nach Feierabend unternehmen, in der Kaffeepause auch über Privates reden oder in der Besprechung mal einen Scherz machen: All das trägt zu einem guten Arbeitsklima bei und macht aus Arbeitskräften zufriedene Menschen. „Wer nicht alles so verbissen sieht und Spaß bei der Arbeit hat, der bringt auch bessere Leistungen und ist seltener krank“, gibt Peifer zu bedenken.
Neue Motivation
Auch deshalb überdenken immer mehr Arbeitgeber ihren Motivationsstil. „Nicht primär das Gehalt oder gar Sanktionen sollten die Motivatoren sein“, erklärt Peifer „mit Lob, Wertschätzung und der eigenen Begeisterung für die Sache können Führungskräfte mehr Zufriedenheit und Commitment für die Firma schaffen.“
Dadurch identifizieren sich die Mitarbeiter stärker mit dem Unternehmen und sind eher bereit, sich auch mal außerhalb des üblichen Rahmens für das Unternehmen einzusetzen – wie nach Feierabend noch einem Kollegen zu helfen oder am Wochenende auf einer Messe mitzuwirken. „Wenn die Beschäftigten zufriedener sind, sinken auch Fehlzeiten und Kündigungsraten – das ist ein weiterer großer Vorteil für Unternehmen“, sagt Peifer. Denn das Finden und Einarbeiten neuer Mitarbeiter sei nicht nur langwierig, sondern auch teuer.
Glücklichsein lernen
Manche Unternehmen bieten bereits Trainings für ihre Beschäftigten an. Darin lernen die Teilnehmenden, wie sie ihren Arbeitsalltag auch in stressigen Zeiten mehr genießen und zufriedener mit sich und ihrer Arbeit werden können.
Zu solchen Trainings gehören häufig auch Achtsamkeitsübungen und bewusste Entspannungstechniken. „Solche Maßnahmen kommen ziemlich gut an, aber es gibt sie dennoch bisher zu selten“, sagt Peifer. Sie wünscht sich, dass auch die Krankenkassen vermehrt Wohlbefindenstrainings für Beschäftigte fördern. Erste erfolgreiche Beispiele hierfür gibt es bereits.
Konferenz für mehr Wohlbefinden
Währenddessen erforscht Peifer weiter das Wohlbefinden. Um sich dabei mit anderen auszutauschen, gründete sie 2015 mit der Trierer Lernforscherin Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry die Deutsche Gesellschaft für Positiv-Psychologische Forschung. Anfang Mai trifft sich die Gesellschaft an der RUB.
Drei Tage lang können die Teilnehmenden neueste und interdisziplinäre Forschung aus der positiven Psychologie hören – und erfahren, wie aus den Theorien zum Glück gelebte Praxis werden kann.