Typischer Fall von Aufschieberitis: Statt zu lernen, wird das Fenster geputzt. © RUB, Marquard

Prokrastination Zehn Tipps gegen das Aufschieben

Statt die wirklich wichtigen Dinge zu erledigen, ziehen wir oft unbedeutende Aufgaben vor. Diese Ratschläge bewahren uns davor.

Eine wichtige Prüfung steht an. Doch statt konzentriert zu lernen, erwischen wir uns plötzlich dabei, wie wir die Wohnung putzen, unser E-Mail-Postfach aufräumen oder einfach nur Videos im Internet gucken. Je größer und unangenehmer die Aufgabe, desto anfälliger sind wir für kurzweilige Ersatzhandlungen.

Der Preis kann hoch sein

Prokrastination nennen Psychologen dieses Verhalten, in der Umgangssprache wird es auch als Aufschieberitis bezeichnet. Wir ziehen schnell erreichbare Erfolge, wie den Müll rauszubringen, einem langfristigen Projekt vor, das erst in weiter Zukunft den ersehnten Lohn verspricht. Der Preis für dieses Verhalten kann hoch sein: von unruhigen Nächten und Versagensängsten bis hin zum endgültigen Scheitern einer Aufgabe.

„Studierende haben besonders stark mit Aufschieberitis zu kämpfen“, meint Ranja Kaiser von der Zentralen Studienberatung der RUB. Viele seien mit der neuen Lernumgebung überfordert. „Der Workload an der Uni ist enorm hoch, aber es gibt kaum vorgegebene Zeitstrukturen. Das macht vielen Studierenden zu schaffen, die aus der Schule an fest eingeteilte Unterrichtseinheiten und regelmäßiges Feedback durch die Lehrer gewöhnt sind“, so die Psychologin.

Persönliche Erfahrungen

Kaiser erinnert sich noch gut an ihre persönlichen Erfahrungen mit Prokrastination: „Für meine Weiterbildung zur Psychotherapeutin musste ich Fallberichte schreiben. Das habe ich ständig vor mir hergeschoben. Aber schließlich habe ich mir gesagt: Ich mache jetzt nur diesen einen Bericht, nur Abschnitt für Abschnitt, dann ist am Ende alles fertig.“

Dieses Ziel hat Ranja Kaiser erreicht. Heute unterstützt sie Hilfesuchende an der RUB unter anderem bei deren Kampf gegen die Aufschieberitis. Zum Glück helfen oft schon einfache Strategien, der Prokrastination einen Riegel vorzuschieben:

1. Das Problem erkennen

So banal es klingt, als Erstes müssen wir uns überhaupt bewusst machen, dass wir prokrastinieren. Statt nach Ausflüchten zu suchen, können wir dann an einer Lösung arbeiten.

2. Das Ziel hinterfragen

Muss ich die Prüfung wirklich schon in diesem Semester machen? Ist vielleicht das Studienfach doch nicht das Richtige für mich? Manchmal stellen sich ungeliebte Aufgaben als unnötiger Ballast heraus. Andernfalls verdeutlichen wir uns an diesem Punkt die persönliche Motivation: Was verspreche ich mir vom Abschließen dieser Aufgabe?

3. Jetzt anfangen

Warum nicht die Gelegenheit nutzen und direkt mit der Umsetzung loslegen? Manchmal müssen wir uns einfach nur aufraffen und den Einstieg versuchen. Wenn es dann doch nicht so recht funktioniert, starten wir eben morgen einen neuen Versuch.

4. Arbeit in Etappen

Kleinere Aufgaben sind leichter fertigzustellen. Zum Beispiel arbeiten wir nicht das ganze Mathebuch auf einmal durch, sondern setzen jeden Tag ein neues Unterkapitel als Zwischenziel.

5. Konkret sein und Zeitplan erstellen

Präzise aufgeschriebene Ziele sind der natürliche Feind der Aufschieberitis. Also nicht: „Bis Ende des Monats möchte ich den Stoff für die Matheprüfung lernen“, sondern „Montag ordne ich meine Mitschriften, Dienstag fasse ich Kapitel 1 zusammen, Mittwoch rechne ich die Übungen zu Kapitel 1“ und so weiter. Ein Zeitplan mit festen Lern- und Pausezeiten kann ebenfalls helfen.

6. Anderen die gesetzten Ziele mitteilen

Damit wir uns nicht selbst beschummeln, teilen wir unsere persönlichen Tages- und Wochenziele Freunden und Familienmitgliedern mit. So gehen wir Verbindlichkeiten ein und können bestenfalls die Erfolge gemeinsam feiern.

7. Belohnungen

Wenn ein Teil der Aufgabe erledigt ist, haben wir uns am Abend auch mal ein Essen mit Freunden oder eine andere kleine Belohnung verdient – das hält uns motiviert. Wichtig: die richtige Balance zwischen Arbeit und Vergnügen finden.

8. Checklisten

Manchmal ist eine Aufgabe zwar sehr wichtig, aber kann auch in drei Wochen noch erledigt werden. Deswegen sollten wir die Aufgaben niederschreiben und der Dringlichkeit nach ordnen. Besonderer Vorteil: Das Abhaken von erledigten Aufgaben gibt einen zusätzlichen Motivationsschub und zeigt, dass es voran geht.

9. Erfahrung sammeln

Je öfter wir bewusst gegen die Prokrastination angehen, desto besser werden wir. Um die Bewältigungsstrategien möglichst effektiv zu lernen, sollten wir uns selbst beobachten und zum Beispiel ein Lerntagebuch führen: Was habe ich mir vorgenommen, wie hat es geklappt und wie lange hat es tatsächlich gedauert?

10. Hilfe holen

Wenn der Kampf gegen die Aufschieberitis trotz aller Mühen nicht gelingt, sollte man sich die Hilfe von Freunden oder Familienmitgliedern holen. Gegebenenfalls kann man gemeinsam beschließen, ob ein Profi um Rat gefragt werden sollte. Hier ist die Zentrale Studienberatung eine erste Anlaufstelle.

Veröffentlicht

Dienstag
17. Juli 2018
09:11 Uhr

Von

Christian Lüttmann

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