Physik Ein anscheinend unerreichbarer Energieübergang
Forschende haben in einem Halbleiter einen ungewöhnlichen Energieübergang erzeugt.
Forschenden aus Basel und Bochum ist es gelungen, mit Laserlicht einen anscheinend unerreichbaren Energieübergang in einem künstlichen Atom zu erzeugen. Sie machten sich dabei den sogenannten strahlenden Auger-Prozess zunutze, den sie erstmals gezielt anregten. Dabei fällt ein Elektron von einem höheren auf ein niedrigeres Energieniveau und gibt dabei seine Energie teils in Form von Licht ab, teils überträgt es die Energie auf ein anderes Elektron. Bei den künstlichen Atomen handelt es sich um eng begrenzte Bereiche in Halbleitern, die eines Tages die Basis für eine Quantenkommunikation bilden könnten. Die Ergebnisse beschreibt das Team von der Universität Basel und der RUB zusammen mit Kollegen aus Münster und Breslau in „Nature Communications“, online veröffentlicht am 12. November 2021.
Elektronen wandern zwischen Energiezuständen
Atome bestehen aus einem Kern und Elektronen, die sich um den Kern bewegen. Sie können dabei verschiedene Energieniveaus besetzen. Elektronen, die fester an den Kern gebunden sind, ihm also näher sind, haben eine geringere Energie als Elektronen, die sich weiter vom Kern entfernt befinden. Die Elektronen können aber nicht jede beliebige Energie annehmen, nur bestimmte Niveaus sind möglich.
Nimmt ein Elektron Energie auf, zum Beispiel indem es ein Lichtteilchen absorbiert, kann es auf ein höheres Energieniveau gehoben werden. Fällt ein Elektron auf ein tieferes Energieniveau, wird Energie frei. Diese kann zum einen in Form eines Lichtteilchens abgestrahlt werden. Sie kann aber auch anteilig auf eines der anderen Elektronen übergehen; dann wird nur ein Teil der Energie als Licht frei, der Rest wird von dem anderen Elektron absorbiert. Diesen Prozess bezeichnet man als strahlenden Auger-Prozess.
Besonderer Energieübergang mit zwei Lasern angeregt
Durch das Einstrahlen von Lichtteilchen können Elektronen nicht nur auf ein höheres Energieniveau gehoben werden; sie können durch ein einfallendes Lichtteilchen auch dazu stimuliert werden, Energie abzugeben. Die Energie des eingestrahlten Lichtteilchens muss dabei immer genau dem Unterschied in den beiden Energieniveaus entsprechen, zwischen denen man das Elektron bewegen möchte. Die Wissenschaftler nutzten nun zwei Laser: Der eine bewegte Elektronen zwischen einem niedrigen und einem hohen Energieniveau; der andere zwischen dem hohen und einem mittleren Energieniveau. Dieses mittlere Energieniveau entspricht einem Nicht-Gleichgewichtsniveau: Der Übergang zum mittleren Niveau existiert ohne einen strahlenden Auger-Prozess nicht. Zusätzlich hätte es zwischen dem niedrigen und dem mittleren Energieniveau eigentlich keine Übergänge geben dürfen, weil dafür nicht das passende Licht eingestrahlt wurde. Genau dieser anscheinend unmögliche Übergang erfolgte in der Praxis aber aufgrund des Energietransfers von einem Elektron zum anderen im Rahmen des strahlenden Auger-Prozesses.
Die hochreinen Halbleiterproben für das Experiment produzierte Dr. Julian Ritzmann an der RUB unter der Leitung von Dr. Arne Ludwig am Lehrstuhl für Festkörperphysik von Prof. Dr. Andreas Wieck. Die Messungen führte ein Team der Universität Basel um Clemens Spinnler, Liang Zhai, Giang Nguyen und Dr. Matthias Löbl in der Gruppe von Prof. Dr. Richard Warburton durch.