Astronomie Heftige Explosionen auf Vampirstern beobachtet
15 Jahre warteten Astronominnen und Astronomen geduldig auf dieses Ereignis. Nun haben sie eine solche Explosion erstmals aus dem Weltraum und vom Boden aus beobachtet.
Ein internationales Forschungsteam mit Bochumer Beteiligung hat heftige Explosionen auf der Oberfläche eines Weißen Zwergs im Sternbild Schlangenträger beobachtet. Erstmals konnten diese wiederkehrenden Ereignisse, Novae genannt, nicht nur aus dem Weltall, sondern auch vom Boden aus aufgezeichnet werden. Mit den MAGIC-Teleskopen auf La Palma detektierte das Team energiereiche Gammastrahlen während der Ausbrüche. Es war das erste Mal, dass bei einer Nova solch energiereiche Strahlung nachgewiesen wurde. Die Forscherinnen und Forscher, darunter Dr. Vandad Fallah Ramazani von der RUB, beschreiben die Ergebnisse in der Zeitschrift Nature Astronomy vom 14. April 2022.
Vom Roten Riesen zum Weißen Zwerg
Die vom MAGIC-Konsortium beobachteten Novae sind nicht mit Supernovae zu vergleichen, bei denen ein Stern in einer heftigen Explosion zerrissen wird. Es handelt sich stattdessen um eine Art Vampirismus im All. Das beobachtete Objekt RS Ophiuchi ist ein Weißer Zwerg, ein Stern, der am Ende seines Lebens angekommen ist. Wenn Sternen der Brennstoff ausgeht, verwandeln sie sich zunächst in Rote Riesen und kollabieren schließlich zu Weißen Zwergen – Sternenleichen sozusagen. RS Ophiuchi ist eine solche Sternenleiche, die sich jedoch in unmittelbarer Nachbarschaft eines Roten Riesen befindet und Materie von diesem Nachbarn absaugt – wie Vampire in Legenden, die ihren Opfern den Lebenssaft aussaugen.
Vampirismus auf Abwegen
Allerdings handelt es sich bei RS Ophiuchi um Vampirismus auf Abwegen. Denn der Weiße Zwerg verbrennt die von seinem Nachbarn geklaute Materie nicht, sondern schleudert sie ins All. Solche extrem hellen Ausbrüche ereignen sich bei RS Ophiuchi etwa alle 15 Jahre und waren zuletzt 2006 beobachtet worden. Das MAGIC-Team behielt das Objekt wachsam im Auge, um den nächsten Ausbruch nicht zu verpassen.
Vom Boden und aus dem All beobachtet
„Am 8. August 2021 erreichte das Licht der Explosion dann tatsächlich die Erde, und wurde sofort von optischen Teleskopen am Boden und dem Large Area Telescope auf dem von der NASA betriebenen Gammastrahlenobservatorium Fermi in der Umlaufbahn entdeckt“, schildert Vandad Fallah Ramazani vom RUB-Lehrstuhl für Multiwellenlängen Astronomie. Am 9. August richteten Mitglieder des MAGIC-Teams die beiden 17-Meter-Luft-Tscherenkov-Teleskope auf die laufende Eruption aus – und detektierte die Gammastrahlen.
„Einige Novae konnten bereits als Emitter von Gammastrahlen mit dem Large Area Telescope identifiziert werden”, berichtet Prof. Dr. Anna Franckowiak, Leiterin des Lehrstuhls für Multiwellenlängen Astronomie. „Aber das ist das erste Mal, dass die Gammastrahlen derart hohe Energien erreichen.” Solche Beobachtungsdaten eröffnen den Forschenden Fenster ins extreme Universum. Sie suchen unter anderem nach den Quellen der kosmischen Strahlung.
Auf der Suche nach kosmischer Strahlung
Laut den Analysen des MAGIC-Teams können Novae eine Überdichte an kosmischer Strahlung in ihrer direkten Nachbarschaft erzeugen. Der Großteil der hochenergetischen Strahlung, die die Milchstraße durchdringt, stammt aber wahrscheinlich aus anderen Quellen, nach denen das Team weiter suchen wird.
„Der Ursprung der galaktischen kosmischen Strahlung bleibt eine der fundamentalen Fragen der modernen Physik. Daten wie die hier vorgestellten, zusammen mit neuen Ansätzen und Methoden aus der Theorie, fügen immer neue und spannende Facetten zu unserem Bild des wechselwirkenden Universums hinzu”, so RUB-Professorin Dr. Julia Tjus, Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Das Wechselspiel der kosmischen Materie“.