Sozialwissenschaft Wie Löhne gerechter werden könnten
Starre Vergütungssysteme passen nicht zu dem, was die Arbeit Menschen heutzutage abverlangt. Zehn Ansatzpunkte, wie Bezahlung gerechter werden könnte, hat eine Bochumer Forscherin entwickelt.
Starre Berufsbilder verschwinden aus der modernen Arbeitswelt; neben Qualifikationen werden Kompetenzen und Agilität immer wichtiger. Wie diese Veränderungen in Vergütungssystemen abgebildet werden können, erforscht Dr. Claudia Niewerth von der Gemeinsamen Arbeitsstelle der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der IG Metall. Die Sozialwissenschaftlerin analysierte bestehende Tarifverträge und Vergütungsvereinbarungen aus der freien Wirtschaft und führte Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern. Daraus leitete sie zehn Merkmale für Vergütungssysteme in einer modernen Arbeitswelt ab. Über ihre Arbeit berichtet das Wissenschaftsmagazin Rubin der RUB.
„Es gibt viele Studien zu Managergehältern. Aber es sind auch die – in Anführungszeichen – normalen Beschäftigten, die sich in veränderten Arbeitsformen wiederfinden“, sagt Claudia Niewerth. Wie sich das im Vergütungssystem abbilden lässt, treibt sie um. „Über Geld zu forschen ist aber immer schwer“, betont die Wissenschaftlerin. „Fragen nach fairer Bezahlung werden wenig objektiv betrachtet, und das ist auch nicht verwunderlich.“ In ihre Analyse bezog sie Informationen und Meinungen aus Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ebenso ein wie Ergebnisse von Gruppenworkshops mit Beschäftigten und Betriebsräten.
Tarifverträge können auch die moderne Arbeitswelt abbilden
„Tarifverträge gehören nicht der alten Welt an, sie können auch die moderne Arbeitswelt abbilden“, resümiert Claudia Niewerth. Sie plädiert dafür, an kollektiven Regelwerken festzuhalten, weil sie die Rechte der Beschäftigten stärken. Allerdings stellt sie auch heraus, dass die Verträge Freiraum für betriebsspezifische Vereinbarungen lassen sollten und dass viele Beschäftigte sich eine leistungsbezogene Bezahlung wünschen. Der Trend gehe allerdings dahin, dass variable Anteile am Gehalt immer größer würden. „Das ist nicht gut, weil das Gehalt dadurch instabil wird“, sagt die Forscherin. „Es braucht gute Konzepte für beides: Grund- und Leistungsentgelte. Man beschäftigt sich viel mit der Leistungsvergütung, aber herzlich wenig mit der Grundvergütung, dabei macht die den weitaus größeren Teil des Gehalts aus.“
Wichtig sei daher zum Beispiel, Grund- und Leistungsentgelte zu entkoppeln. Das Grundentgelt dürfe sich zudem nicht nur an fachlichen Tätigkeiten orientieren. Es sollte auch Merkmale der modernen Arbeit berücksichtigen, wie Anforderungen an Kommunikation und Flexibilität.
Teamvergütungen andenken
Niewerth plädiert des Weiteren für Teamvergütungen: Die Projektarbeit rückt immer mehr in den Fokus und oft zählt nur das Ergebnis der Gruppe. „Da ist es eigentlich paradox, am Ende nicht die Leistung des Teams, sondern die Leistung der einzelnen zu vergüten“, sagt Claudia Niewerth.