Klausuren schreiben, Prüfungen ablegen, Studium abschließen: Die Zahl der Hochschulabsolventen in Nordrhein-Westfalen steigt. © RUB, Marquard

Senatsbeschluss Keine Prüfungen an religiösen Feiertagen

Damit bekennt die RUB sich zu einem Miteinander religiöser Toleranz und gegenseitiger Rücksichtnahme.

Als weltoffene Universität will die Ruhr-Universität Bochum (RUB) die Religionsfreiheit aller Universitätsangehörigen gewährleisten. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet nun eine Resolution des Senats vom 9. Juli 2020. Der Beschluss zur Prüfungsterminierung im Hinblick auf das Grundgesetz (Artikel 4, Absatz 2) wurde einstimmig gefasst.

Damit verpflichtet sich die RUB, künftig Prüfungstermine so festzulegen, dass sie nicht mit religiösem Arbeitsverbot oder hohen Feiertagen kollidieren. Sollte dies dennoch nicht vermeidbar sein, muss es einen zeitnahen Ersatztermin für die Betroffenen geben. „Der Beschluss gilt für alle Religionsgemeinschaften“, sagt Prof. Dr. Isolde Karle, die die Resolution initiiert hat. Die Professorin für evangelische Theologie und Senatorin ist zugleich Universitätspredigerin der RUB. „Meines Wissens sind wir die erste Universität in Deutschland, die das in dieser Form umsetzt.“

Bundesweit vorbildhaft

„Ich freue mich ganz besonders, dass dieser Entschluss nach langer Diskussion mit allen Senatsgruppen und dem Rektorat einstimmig gefällt wurde. Die RUB geht damit als religionssensible und Diversität achtende Universität bundesweit vorbildhaft voran“, so Karle.

Relevant wird die neue Regelung beispielsweise für orthodoxe Jüdinnen und Juden aufgrund des Schreibverbots am Schabbat. „Christen sind nicht betroffen, da ihre Feiertage grundsätzlich gesetzlich geschützt sind“, erläutert Karle, „und Muslime kennen keine solch strikten Verbote, freuen sich aber natürlich, wenn man auf sie im Hinblick auf das Ramadanfest oder Opferfest Rücksicht nimmt.“ Karle schätzt, dass nur sehr wenige Studierende überhaupt Gebrauch von der Regelung machen werden. „In Frage kommt dies insbesondere für observante jüdische Studierende, da sprechen wir über eine Zahl im ganz niedrigen zweistelligen Bereich.“

Die Studierenden, die durch eine Prüfung in eine religiöse Konfliktlage kämen, müssen rechtzeitig die Prüfenden beziehungsweise den jeweiligen Prüfungsausschuss informieren, dann wird ihnen ein Ausweichtermin ermöglicht. Sie müssen dazu einen Nachweis vorlegen, der die Notwendigkeit einer Teilnahme an einer religiösen Feier oder ein religiöses Arbeitsverbot bezeugt.

Hintergrund

Die Initiative von Senatorin Karle geht zurück auf eine öffentliche Veranstaltung im Dezember 2019 mit dem Antisemitismus-Beauftragten des Landes Baden-Württemberg, Dr. Michael Blume, und Rektor Prof. Dr. Axel Schölmerich an der RUB. Vor dem Hintergrund zunehmender Diskriminierung und Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden in Deutschland stellte sich in der Diskussion danach die Frage, was man an der Uni dagegen tun könne, um ein deutliches Zeichen zu setzen. Volker Beck, Grünen-Politiker und Lehrbeauftragter am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der RUB, wies darauf hin, dass die Prüfungsterminierung ein seit Jahrzehnten bestehendes Problem für observante Juden und Jüdinnen sei. „In der weiteren Debatte haben wir später das Anliegen und den Text dann aber bewusst ganz offen formuliert“, so Karle. „Alle Bekenntnisse und Religionsgemeinschaften sind in den Beschluss grundsätzlich einzuschließen“, heißt es daher in der verabschiedeten Resolution. „Die RUB setzt damit exakt und proaktiv um, was die Bundesregierung und einige Abgeordnete aus den Oppositionsparteien, insbesondere Bündnis 90/Die Grünen, sich ohnehin wünschen und für die Hochschulpolitik reklamieren“, so Karle.

Pressekontakt

Prof. Dr. Isolde Karle
Institut für Religion und Gesellschaft
Lehrstuhl für Praktische Theologie
Evangelisch-Theologische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 22399
E-Mail: Isolde.Karle@rub.de

Veröffentlicht

Mittwoch
15. Juli 2020
09:18 Uhr

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