Fast fertig: So hinterlässt die Maschine den von ihr gebauten Tunnel. Dieses Foto ist im Bauabschnitt 40 des Projekts Abwasserkanal Emscher entstanden, Bauherr Emschergenossenschaft.
© Roberto Schirdewahn

Tunnelbau Navigieren unter der Erde

Was wird mit den Gebäuden an der Oberfläche passieren, wenn die Tunnelbohrmaschine darunter hinwegfährt? Das errechnen Ingenieure in Echtzeit dank künstlicher Intelligenz.

Auch sorgfältigste Vorausberechnungen bei der Planung eines Tunnels bewahren die Ingenieure nicht vor Überraschungen auf der Baustelle: Sie müssen vor Ort entscheiden, wie schnell und mit welchem Druck die Tunnelbohrmaschine weiterarbeiten soll – immer mit dem Ziel, Schäden an der Oberfläche zu vermeiden. Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben eine Methode entwickelt, die es auf der Baustelle erlaubt, in Echtzeit zu simulieren, was an der Oberfläche passieren würde, wenn man einzelne Stellgrößen des Tunnelbaus verändert.

Moderne Tunnel werden heute von mobilen unterirdischen Fabriken gebaut. Sie bohren, stützen den Boden und kleiden letztlich die Tunnelröhre aus. Dabei legen sie bis zu 25 Meter pro Tag zurück. Um das Risiko für Schäden zu minimieren, wird in der Planungsphase eines Tunnels die städtische Bebauung zunächst erfasst, in Kategorien eingeteilt und ihre Verletzlichkeit abgeschätzt. Abhängig von den Ergebnissen legen die Ingenieure die Trasse des Tunnels fest. Die letzten Details erfahren sie aber erst vor Ort. Die Tunnelbaumaschine ist mit verschiedensten Sensoren ausgestattet, die ständig Werte übermitteln, aus denen die Ingenieure ihre Schlüsse ziehen und entscheiden müssen, wie der Bau weitergehen soll.

Berechnung würde Tage dauern

Die Bochumer Ingenieure haben in ihrem Teilprojekt des Sonderforschungsbereichs 837 „Interaktionsmodelle für den maschinellen Tunnelbau“, dessen Sprecher Prof. Dr. Günther Meschke ist, nun eine Software für den Tunnelbau entwickelt. Sie ermöglicht es dem Ingenieur vor Ort an der Baustelle, in Echtzeit zu simulieren, wie sich der Boden und die darauf befindlichen Bauwerke verhalten werden, wenn er verschiedene Stellgrößen des Tunnelbaus verändert.

Solche wirklichkeitsnahen Berechnungen werden mit Finite-Elemente-Simulationsmodellen vor dem Baubeginn durchgeführt, dauern aber selbst auf Großrechnern mehrere Tage. Daher haben die Ingenieure spezifisch für diese Vortriebssimulationen Modellreduktionsverfahren auf Basis künstlicher neuronaler Netze und der Proper Orthogonal Decomposition entwickelt, mit denen die Simulationszeiten auf wenige Sekunden reduziert werden können.

Dank der Echtzeitfähigkeit des Simulationsmodells entsteht nun eine App, die Tunnelbauingenieure vor Ort nutzen können. Die Nutzeroberfläche erlaubt es zum Beispiel, Obergrenzen für die maximal erlaubte Setzung des Geländes einzugeben und daraus die Vortriebsparameter abzuleiten, die gewährleisten, dass diese zulässige Setzung nicht überschritten wird.

Ausführlicher Beitrag in Rubin

Weitere Informationen finden Sie in einem ausführlichen Beitrag im Wissenschaftsmagazin Rubin der Ruhr-Universität Bochum. Texte auf der Webseite und Bilder aus dem Downloadbereich dürfen unter Angabe des Copyrights für redaktionelle Zwecke frei verwendet werden.

Pressekontakt

Prof. Dr. Günther Meschke
Lehrstuhl Statik und Dynamik
Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 29051
E-Mail: guenther.meschke@rub.de

Unveröffentlicht

Von

Meike Drießen

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