Das Rauchen ist eine häufige Ursache der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. © Fotolia, 5second

COPD Neuer Therapieansatz gegen weit verbreitete Lungenkrankheit

Rund zwölf Prozent der Weltbevölkerung, vor allem Raucher, leiden an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Bislang ist sie nicht heilbar.

Forscher haben neue Wirkstoffkandidaten gegen die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD, gefunden. Die bislang nicht heilbare Krankheit ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und wird meist durch Rauchen ausgelöst. Zwei anti-entzündliche Substanzen erwiesen sich in den aktuellen präklinischen Studien als wirksamer als bislang verwendete Präparate. Die Ergebnisse sind im Journal of Allergy and Clinical Immunology erschienen.

Für die Studie kooperierte ein Team um Privatdozent Dr. Jürgen Knobloch von der pneumologischen Klinik am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum und Prof. Dr. Andrea Koch, früher ebenfalls am Bergmannsheil, heute an der Universitätsklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, mit Kollegen von der Firma RespiVert, eine Tochtergesellschaft von Janssen Biotech, und Prof. Dr. Erich Stoelben aus der Lungenklinik Köln-Merheim. Die neuen potenziellen Wirkstoffe könnten einen Durchbruch bei der Behandlung der COPD bedeuten, folgern die Autoren.

Neue Wirkstoffkandidaten dämpfen Entzündungen

Bei der COPD kommt es zu einer chronischen Entzündung der Atemwege. Bestimmte Enzyme, Proteinkinasen genannt, regulieren den Entzündungsprozess. Sie werden indirekt durch das Rauchen, durch COPD-charakteristische Entzündungsstoffe und durch Atemwegsinfektionen überaktiviert. Als Folge produziert der Körper noch mehr Entzündungsstoffe, was entscheidend zum Fortschreiten der Lungenerkrankung beiträgt.

Jürgen Knobloch © Volker Daum

Einen erfolgversprechenden Ansatz für die Therapie sehen die Forscher in Narrow Spectrum Kinase Inhibitors, kurz NSKI, die die Proteinkinasen hemmen. Die Firma RespiVert identifizierte zwei NSKI – genannt RV1088 und RV568 – und stellte sie für die Studien zur Verfügung. Die Wissenschaftler testeten sie an Zellkulturen und verglichen ihre Wirksamkeit mit einem herkömmlichen Kortikosteroid und verschiedenen Single Protein Kinase Inhibitors, die ebenfalls als Wirkstoffkandidaten in Betracht kommen. Die NSKI waren effektiver darin, die Produktion von Entzündungsstoffen zu bremsen, als die Vergleichssubstanzen.

Effekt von anderen Wirkstoffen nicht ausreichend

Erste Erfolge waren zuvor auch in präklinischen Modellen mit den Single Protein Kinase Inhibitors erzielt worden. Diese hemmen selektiv einzelne Proteinkinasen oder eine Familie von Proteinkinasen. „Es deutet sich aber an, dass der Effekt in der klinischen Anwendung nicht ausreichen würde“, erläutert Jürgen Knobloch, Laborleiter der pneumologischen Klinik des Bergmannsheil. „Denn bei einer so spezifischen Hemmung könnten andere Proteinkinasen die Entzündungsregulierung übernehmen.“

Andrea Koch © Volker Daum

Deshalb testete das Team neue Wirkstoffkandidaten, die nicht nur auf eine Proteinkinase oder eine Familie von Proteinkinasen abzielen, sondern auf ein bestimmtes Spektrum von mehreren Proteinkinasen-Familien. Im Forschungslabor der pneumologischen Klinik im Bergmannsheil erprobten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Wirkstoffe dann an kultivierten primären glatten Atemwegmuskelzellen von COPD-Patienten.

Potenzial für Transfer in klinische Anwendung

„Unsere Studie zeigt, dass NSKI vielversprechende Kandidaten sind, um dringend benötigte anti-entzündliche Therapien bei COPD zu entwickeln“, sagt Jürgen Knobloch. Er und seine Kolleginnen und Kollegen sehen deshalb ein immenses Potenzial, die Erkenntnisse aus dem präklinischen Modell in die Anwendung am Patienten zu übertragen.

Nach Expertenschätzungen leiden derzeit 11,7 Prozent der Weltbevölkerung an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Sie entwickelt sich meist aus einer chronischen Bronchitis und wird hauptsächlich durch das Tabakrauchen verursacht. Aktuelle Therapien können Symptome lindern und das Fortschreiten der COPD verlangsamen, aber nicht stoppen. Abgesehen von einem Präparat, das bei sehr schwerer COPD bei einer bestimmten Gruppe von Patienten eingesetzt werden kann, gibt es derzeit keine weiteren ursächlich Therapien, die nicht auf Steroiden beruhen und an der Bekämpfung der Entzündung ansetzen, welche zentral für das Fortschreiten der Krankheit ist. Verfügbare anti-entzündliche Wirkstoffe wie inhalative Kortikosteroide helfen bei anderen chronisch-entzündlichen  Lungenerkrankungen und können anteilig verhindern, dass sich die Symptome akut verschlimmern. Allerdings ist eine Therapie mit ihnen derzeit nur in Kombination mit Bronchien-erweiternden Medikamenten empfohlen und bei Patienten, bei denen die Symptome sich häufig verschlechtern.

Klinische Studien laufen

Die in der Studie identifizierten Substanzen werden aktuell in einem klinischen Programm von einer Pharmafirma für die Anwendung bei Patientinnen und Patienten weiterentwickelt.

Originalveröffentlichung

Jürgen Knobloch, David Jungck, Catherine Charron, Erich Stoelben, Kazuhiro Ito, Andrea Koch: Superior anti-inflammatory effects of Narrow spectrum kinase inhibitors in airway smooth muscle cells from subjects with chronic obstructive pulmonary disease, in: Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2017, DOI: 10.1016/j.jaci.2017.09.026

Pressekontakt

PD Dr. rer. nat. Jürgen Knobloch
Laborleiter
Medizinische Klinik III für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil
Tel.: 0234 302 3404
E-Mail: juergen.knobloch@bergmannsheil.de

Prof. Dr. Andrea Koch
Leiterin der AG Obstruktive Lungenerkrankungen und der CPC-Studienambulanz, Helmholtz-Zentrum München
Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) München
Med. Klinik & Poliklinik V
Klinikum der LMU München
Tel. 089  4400 75310
E-Mail: andrea.koch@med.uni-muenchen.de

Robin Jopp
Leitung Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Tel.: 0234  302 6125
E-Mail: robin.jopp@bergmannsheil.de

Über das Bergmannsheil

Das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil zählt zu den größten Akutkliniken der Maximalversorgung im Ruhrgebiet. 1890 als erste Unfallklinik der Welt zur Versorgung verunglückter Bergleute begründet, vereint das Bergmannsheil heute 23 hochspezialisierte Kliniken und Fachabteilungen mit insgesamt 707 Betten unter einem Dach. Mehr als 2.300 Mitarbeiter stellen die qualifizierte Versorgung von rund 89.000 Patienten pro Jahr sicher.

Das Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil gehört zur Unternehmensgruppe der BG Kliniken. In ihr sind neun berufsgenossenschaftliche Akutkliniken, zwei Kliniken für Berufskrankheiten und zwei Unfallbehandlungsstellen verbunden. Mit 12.500 Mitarbeitern und jährlich über 550.000 Patienten ist die Gruppe einer der größten Klinikverbünde Deutschlands. Darüber hinaus ist das Bergmannsheil Teil des Universitätsklinikums der Ruhr-Universität Bochum (UK RUB).

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Veröffentlicht

Freitag
12. Januar 2018
10:49 Uhr

Von

Julia Weiler
Robin Jopp

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