The successful team: Kaibo Xie, Lars Leichert, Konstanze Winklhofer und Verian Bader (from the left). © RUB, Marquard

Immunsystem Chlorbleiche ist die Hauptzutat im Giftcocktail gegen Bakterien

Die Vernichtung von Bakterien durch Immunzellen ist ein Werk von Sekunden. Forscher konnten das im Film festhalten.

Bestimmte weiße Blutkörperchen schützen uns vor Bakterien, indem sie sie auffressen. Was genau danach passiert, konnte ein Forscherteam um Prof. Dr. Lars Leichert, Leiter der Arbeitsgruppe Biochemie der Mikroorganismen, Prof. Dr. Konstanze Winklhofer von der Abteilung für Molekulare Zellbiologie der Ruhr-Universität Bochum sowie Prof. Dr. Andreas Meyer von der Universität Bonn dank neu entwickelter Fluoreszenzproteine erstmals unter dem Mikroskop beobachten. Die Bakterien werden von den Immunzellen mit einem Giftcocktail überschüttet, der unter anderem Chlorbleiche enthält. Das führt innerhalb von Sekunden zur Oxidation der Proteine in der Bakterienzelle und somit zum Tod des Bakteriums. Die Forscher berichten im Journal E-Life vom 6. März 2018.

Weiße Blutkörperchen fressen Bakterien

Wenn Bakterien in die Blutbahn eindringen, sind neutrophile Granulozyten, die häufigsten weißen Blutkörperchen, die erste Verteidigungslinie. Sie fressen die Eindringlinge buchstäblich auf, ein Prozess, der Phagozytose genannt wird. Dabei verschlucken sie das Bakterium und überschütten es mit einem Giftcocktail sogenannter reaktiver Sauerstoffspezies. Dazu gehören unter anderem Wasserstoffperoxid, das auch in vielen antiseptischen Mitteln enthalten ist, und Chlorbleiche. Diese Stoffe zerstören die Moleküle des Bakteriums durch Oxidation, einen chemischen Verbrennungsprozess.

Die Details dieser Abwehrreaktion waren bislang allerdings nicht bekannt: Wie und wann werden Bakterien mit dem Giftcocktail überschüttet? Passiert das nur innerhalb der Immunzellen? Wie lange dauert der Prozess? Welche Enzyme der Immunzellen sind daran beteiligt? „Wenn wir diese Fragen beantworten können, können wir verstehen, wie es manchen Bakterien gelingt, unser Immunsystem zu überlisten und warum bestimmte genetische Defekte das Immunsystem beeinträchtigen“, erläutert Lars Leichert.

Neue Leuchtproteine

Um detaillierte Einblicke zu gewinnen, nutzte das Team fluoreszierende Proteine, die erst kürzlich entwickelt wurden. Sie enthalten ein Aminosäurepaar, das besonders empfindlich für chemische Verbrennungen ist. Beleuchtet man diese sogenannten roGFPs mit blauem Licht, leuchten sie grün. Wird das Aminosäurepaar oxidiert, so leuchten sie auch unter violettem Licht grün.

Im Film: Immunzellen fressen Bakterien

Binnen Sekunden wird das blau erscheinende Bakterium (roter Pfeil) von der Immunzelle gefressen. Der Farbwechsel zu grün zeigt an, dass seine Proteine oxidiert werden.

Hinweis: Beim Klick auf den Play-Button wird eine Verbindung mit einer RUB-externen Website hergestellt, die eventuell weniger strengen Datenschutzrichtlinien unterliegt und gegebenenfalls personenbezogene Daten erhebt. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. – Die datenschutzfreundliche Einbettung erfolgt via Embetty.

Credit: Adriana Degrossoli, Alexandra Müller, Kaibo Xie, Jannis Schneider, Verian Bader, Konstanze Winklhofer, Andreas Meyer, Lars Leichert. Der Film unterliegt einer Creative Commons License.

Für ihre Experimente nutzte die Gruppe Escherichia-coli-Bakterien, die künstliche Gene mit dem Bauplan für roGFPs enthielten. Diese Bakterien brachten sie mit Immunzellen zusammen, die die Bakterien wie erwartet auffraßen. Unter einem Superauflösungsmikroskop, das als Großgerät vom Land Nordrhein-Westfalen und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde, konnten die Forscher die roGFPs in den Bakterien unter blauem Licht grün leuchten sehen. Waren sie einmal aufgefressen, wurden die roGFPs binnen Sekunden oxidiert und leuchteten auch unter violettem Licht grün.

Immunzellen nutzen Bleichmittel

„Aus der Geschwindigkeit und der Spezifität, mit der die roGFPs oxidiert wurden, konnten wir schließen, dass Chlorbleiche die Hauptrolle dabei spielt. Immunzellen nutzen also Bleichmittel um Bakterien zu töten“, folgert Leichert.

Um herauszufinden, welche Enzyme die Immunzellen brauchen, um einen erfolgreichen Giftcocktail anzumischen, experimentierten die Forscher mit Zellen, denen bestimmte Enzyme fehlten. Es zeigte sich, dass Zellen, denen ein aktives NOX2-Enzym fehlte, nicht in der Lage waren, Bakterien durch Oxidation zu vernichten. Dieses Enzym fehlt auch bei Patienten mit einer bestimmten Erbkrankheit. Die Oxidation funktionierte auch wesentlich schlechter bei Immunzellen, in denen das Enzym Myeloperoxidase, das notwendig ist, um Chlorbleiche zu erzeugen, blockiert wurde.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Lars Leichert, LE2905/1-2; MCTI, Andreas J. Meyer, ME1567/9-2, Konstanze F. Winklhofer, INST 213/840-1 FUGG) und dem Conselho Nacional de Desenvolvimento Científico e Tecnológico (Adriana Degrossoli, PDE 248836/2013-7)

Originalveröffentlichung

Adriana Degrossoli, Alexandra Müller, Kaibo Xie, Jannis Schneider, Verian Bader, Konstanze Winklhofer, Andreas Meyer, Lars Leichert: Neutrophil-generated HOCl leads to non-specific thiol oxidation in phagocytized bacteria, in: eLife, 2018, DOI: 10.7554/eLife.32288

Pressekontakt

Prof. Dr. Lars Leichert
Arbeitsgruppe Biochemie der Mikroorganismen
Institut für Biochemie und Pathobiochemie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24585
E-Mail: lars.leichert@rub.de

Download hochauflösender Bilder
Der Download der gewählten Bilder erfolgt als ZIP-Datei. Bildzeilen und Bildnachweise finden Sie nach dem Entpacken in der enthaltenen HTML-Datei.
Nutzungsbedingungen
Die Verwendung der Bilder ist unter Angabe des entsprechenden Copyrights für die Presse honorarfrei. Die Bilder dürfen ausschließlich für eine Berichterstattung mit Bezug zur Ruhr-Universität Bochum verwendet werden, die sich ausschließlich auf die Inhalte des Artikels bezieht, der den Link zum Bilderdownload enthält. Mit dem Download erhalten Sie ein einfaches Nutzungsrecht zur einmaligen Berichterstattung. Eine weitergehende Bearbeitung, die über das Anpassen an das jeweilige Layout hinausgeht, oder eine Speicherung der Bilder für weitere Zwecke, erfordert eine Erweiterung des Nutzungsrechts. Sollten Sie die Fotos daher auf andere Weise verwenden wollen, kontaktieren Sie bitte redaktion@ruhr-uni-bochum.de

Veröffentlicht

Dienstag
06. März 2018
09:26 Uhr

Von

Meike Drießen

Teilen