Medizintechnik Detailgetreue Bilder des Gefäßsystems von Tumoren
Die Beobachtung einzelner Mikrobläschen ermöglicht hochauflösende Bilder mit herkömmlichen Ultraschallgeräten.
Eine neue Art der Auswertung von Ultraschallbildern macht es möglich, mit herkömmlichen Geräten hochauflösende Bilder von Blutgefäßen in Tumoren zu erzeugen. Damit lassen sich verschiedene Tumorarten besser unterscheiden, und man kann verfolgen, wie gut eine Chemotherapie anschlägt. Die neue Technik entwickelten die Teams von Prof. Dr. Georg Schmitz am Lehrstuhl für Medizintechnik der Ruhr-Universität Bochum und von Prof. Dr. Fabian Kiessling vom Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung der Uniklinik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Sie berichten im Journal Nature Communications vom 18. April 2018.
Mikrobläschen durch den Körper verfolgen
Die neue Technologie namens „Motion Model Ultrasound Localization Microscopy“ basiert auf kontrastmittelverstärkten Ultraschallaufnahmen. Dabei werden den Patienten als Kontrastmittel Mikrobläschen verabreicht: nur etwa einen Mikrometer kleine Gasblasen, die mit dem Blutstrom durch den Körper wandern. Im Ultraschallbild erscheinen sie als unförmige weiße Flecken. „Wenn man aber nun von jedem dieser Flecken den Mittelpunkt bestimmt, kann man auf den Aufenthaltsort einzelner Bläschen schließen“, erläutert Georg Schmitz.
Jedes Bläschen bekommt einen Namen
Mithilfe von Algorithmen, die aus der Radarortung stammen, ist es den Forscherteams gelungen, die Bewegung einzelner Mikrobläschen zu verfolgen. „Wir versuchen dabei, dem Computer beizubringen, was unsere Augen auch können, nämlich aus einer Folge von Bildern, auf denen ein Punkt jeweils an einem anderen Ort erscheint, seine Bewegung abzulesen“, so Schmitz. Dafür versahen die Forscher jedes einzelne Bläschen mit einer Bezeichnung. So konnten sie ihren Weg durch das Gefäßsystem verfolgen und sie dabei auszählen.
Auflösung weit über der des Bildes
Aus der Bewegung der Bläschen lassen sich dann feine Gefäßbahnen rekonstruieren. Auch die Richtung und Geschwindigkeit des Blutflusses können so erfasst werden. Die Auflösung der Bilder liegt weit über den Grenzen der Bildauflösung. Die Experten sprechen von Superresolution.
„Wir konnten in der Veröffentlichung zeigen, dass die Zusammenschau der morphologischen und funktionellen Parameter eine hervorragende Unterscheidung von Tumortypen erlaubt“, so Fabian Kiessling. In ihrer Arbeit testeten sie das Verfahren in drei Modellfällen auch an Menschen erfolgreich. In Kooperation mit Prof. Dr. Elmar Stickeler von der Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin der Uniklinik RWTH Aachen gelang es, bei Patientinnen mit Brustkrebs die Reaktionen der Tumorgefäße auf Chemotherapien zuverlässig zu erfassen.
Wirkung von Therapie beobachten
„Das ist auch deswegen von großer Bedeutung, weil neue Therapieverfahren darauf zielen, das Tumorgefäßsystem gezielt zu beeinflussen, um eine stärkere Anreicherung von Medikamenten in den Tumoren zu erreichen und somit den Therapieeffekt zu verstärken“, so Fabian Kiessling. Zu diesen Verfahren gehört zum Beispiel die Sonoporation. Dabei werden Tumoren mit Ultraschall behandelt, um die Gefäßwände durchlässiger für Wirkstoffe zu machen.
„Der große Vorteil unseres Verfahrens liegt darin, dass es mit herkömmlichen Ultraschallgeräten funktioniert, die eine niedrige Bildwiederholrate von manchmal nur 15 Bildern pro Sekunde haben“, sagt Georg Schmitz. Die Forscherteams haben bereits ein Anschlussprojekt beantragt, in dem sie breitere klinische Studien mit dem Verfahren durchführen wollen.