Haben die Belastung im Spitzenhandball untersucht: Julian Falk, Jörn Uhrmeister und Fabian Hoffmann (von links)
© RUB, Marquard

Sportwissenschaft Wie belastet die Top-Spieler in der Handball-Bundesliga sind

Um das Thema tobt eine emotionale Diskussion. Ob sie objektiv begründet ist, haben Bochumer Sportwissenschaftler untersucht.

Spieler und Trainer deutscher Handball-Spitzenvereine klagen über eine zu hohe Belastung in der Bundesliga. Stars wandern in ausländische Ligen ab, mit der Begründung, den Körper dort mehr schonen zu können. Jörn Uhrmeister, Fachleiter Handball an der Ruhr-Universität Bochum, hat mit den Sportwissenschaftsabsolventen Julian Falk und Fabian Hoffmann analysiert, wie hoch Spielanzahl und Spieldichte für Bundesliga-Handballer im Vergleich zu anderen Ligen sind und ob sich die Belastung im Lauf der Jahre verändert hat.

„Die Belastung von Bundesliga-Spielern, deren Teams sich zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben qualifizieren, ist ungleich größer als die von Spielern anderer Bundesliga-Vereine“, sagt Jörn Uhrmeister. „Allerdings hat sie sich in den vergangenen zehn Jahren nicht so verändert, als dass das eine lang anhaltende emotionale Diskussion rechtfertigen würde.“ Erst die Veränderung des Modus in der Champions League ab 2015 habe für daran beteiligte Spieler eine nicht zu unterschätzende Mehrbelastung erbracht.

Mehr Spiele pro Saison in Deutschland

Die Bochumer analysierten die Spielzeiten 2013/14 bis 2015/16. Um die Daten vergleichbar zu machen, betrachteten sie nur die europäischen Vereine, die im nationalen Pokal und in der Champions League mindestens das Achtelfinale erreicht beziehungsweise die Gruppenphase überstanden hatten (Barcelona, Paris, Kielce und Veszprem). Deutsche Mannschaften bestritten in jeder untersuchten Saison die meisten Spiele, durchschnittlich etwa 4,3 bis 7,7 mehr als die internationale Konkurrenz. „Für die deutschen Top-Clubs ist es daher sinnvoll, sich in der Belastungsdebatte gesondert zu positionieren“, folgert Uhrmeister.

Die Spieldichte ist mit Spielen alle 4,23 bis 4,94 Tage in Deutschland nicht höher als im Ausland, da sich die Bundesliga-Saison über einen längeren Zeitraum erstreckt als die Spielzeiten in anderen Ländern; 2015/16 war sie in Deutschland beispielsweise 33 Tage länger als in Frankreich.

Terminkonflikte gingen nicht in Analyse ein

Nicht in die Analyse eingegangen ist die aktuelle Spielzeit 2017/18, in der es wiederholt zu Terminkonflikten zwischen der Bundesliga und der Champions League kam. „Zwei Spiele innerhalb von 24 Stunden oder gar zeitgleich austragen zu sollen, so wie die Rhein-Neckar Löwen, war nicht Teil unserer Betrachtung“, erklärt Uhrmeister. „Man muss sich damit aber auch nicht trainingswissenschaftlich auseinandersetzen, um zu erkennen, dass das sportpolitischer Nonsens ist. Es ist ein Beleg, dass der internationale Handball dem Fußball administrativ bei Weitem noch nicht folgen kann.“

Kein Anstieg seit 2008

Besonders belastet sind diejenigen Spieler, die in internationalen Vereinswettbewerben antreten und für die Nationalmannschaft auflaufen. Durchschnittlich 21 Länderspiele pro Saison kommen zu den Vereinspartien hinzu; 2016, als sich das deutsche Team auch für die Teilnahme an Olympia qualifizierte, waren es sogar 30 Spiele. „Nationalspieler haben eine deutlich höhere Belastung und fühlen sich auch subjektiv höher beansprucht durch die fehlenden Regenerationszeiten“, erläutert Uhrmeister. Allerdings, so zeigt die Analyse, ist die Belastung zwischen 2008 und 2016 nicht signifikant gestiegen. Spitzenreiter bei der Anzahl der meisten absolvierten Spiele pro Saison ist im Betrachtungszeitraum Ex-Nationalspieler Dominik Klein, der bereits in der Saison 2008/09 auf 38 nationale und 40 internationale Einsätze kam.

Diskussion könnte sportpolitische Ziele verfolgen

Das RUB-Team weist darauf hin, dass in der Analyse nur die objektive Belastung durch Spieldichte und -anzahl betrachtet werden konnte, aber – aufgrund fehlender Statistiken – nicht die Anzahl an Spielminuten, die einzelne Akteure absolvierten. Auch die subjektiv empfundene Beanspruchung durch weite Reisen oder eine hohe Zahl von besonders hart umkämpften Partien ging nicht in die Auswertung ein.

Insgesamt auffällig sei, so die Bochumer Sportwissenschaftler, dass sich die Wettkampfmodi in den europäischen Wettbewerben häufig veränderten. „Innovationen werden oft von Ablehnung begleitet“, sagt Uhrmeister, „daher drängt sich auf, dass durch die Belastungsdiskussion auch sportpolitische Ziele angesteuert werden.“

Alle Ergebnisse auf Anfrage

Alle Analyse-Ergebnisse erhalten Interessierte auf Anfrage von Jörn Uhrmeister.

Pressekontakt

Jörn Uhrmeister
Lehr- und Forschungsbereich Sportarten und Bewegungsfelder
Fakultät für Sportwissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24036
Mobil: 0178 4348750
E-Mail: joern.uhrmeister@rub.de

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Veröffentlicht

Freitag
04. Mai 2018
09:28 Uhr

Von

Julia Weiler

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