Förderung Drei Sonderforschungsbereiche gehen in die dritte Förderphase
Plasmaforscher, Tunnelbauexperten und Neurowissenschaftler freuen sich.
Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) freut sich dreifach: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat beschlossen, drei Sonderforschungsbereiche für ihre jeweils dritte und letzte Förderperiode weiter zu finanzieren. Die Verbünde drehen sich um die Nutzung von Hochleistungsplasmen, maschinellen Tunnelbau und die Verarbeitung von Sinneseindrücken im Gehirn. Somit waren alle Anträge der RUB erfolgreich. Außerdem wurde ein neuer Sonderforschungsbereich/Transregio zum Thema Oxidkatalyse an den Universitäten Bochum und Duisburg-Essen bewilligt.
Sonderforschungsbereich/Transregio 87 „Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten“
Der Weg zu neuen Materialien an der Oberfläche von klassischen Werkstoffen etwa für die Elektromobilität, die Energietechnik – etwa für Solarzellen – aber auch die Medizintechnik, zum Beispiel bei Verpackungen und Sterilisation führt über die Plasmatechnologie. Forscherinnen und Forscher aus der Plasmatechnik, der Plasmaphysik, den Werkstoffwissenschaften und der Grenzflächenchemie arbeiten im Sonderforschungsbereich/Transregio 87 „Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten“ zusammen.
Gegenstand sind zum Beispiel keramische Schichtsysteme auf Metallsubstraten sowie silizium- beziehungsweise kohlenstoffhaltige Oxidschichten auf Kunststoffsubstraten. „Dazu setzen wir neueste, teilweise selbstentwickelte Quellentechnologie ein und untersuchen die entstehenden Schichten mit einem breiten Spektrum an ebenfalls teilweise neu entwickelten Plasmadiagnostiken und einmaligen Einzelteilchenstrahl-Experimenten“, erklärt Sprecher Prof. Dr. Peter Awakowicz.
Im Zentrum der Forschung stehen gepulste Hochleistungsplasmen. Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen den Werkstoffeigenschaften und den Plasmaparametern zu erforschen, zu quantifizieren und zur Plasmakontrolle, Schichtentwicklung und Schichtkontrolle einzusetzen. Auf diese Weise wollen die Forscherinnen und Forscher das bislang vorherrschende empirische Vorgehen überwinden und ein physikalisch und chemisch basiertes Prozessverständnis entwickeln.
Die bisher gewonnenen Erkenntnisse und Methoden wollen die Beteiligten in der kommenden Förderphase auch anderen Beschichtungsprozessen, Reaktorsystemen, Oberflächen- und Materialsystemen sowie Computer-Codes zur Verfügung stellen.
Sonderforschungsbereich 837 „Interaktionsmodelle für den maschinellen Tunnelbau“
Tunnel werden heute durch unterirdische Fabriken weitgehend automatisch gegraben und befestigt. Eine Herausforderung dabei sind zum Beispiel unterschiedliche Baugründe, Grundwasserverhältnisse und die Bebauung an der Oberfläche, die natürlich keinen Schaden nehmen soll. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Bauingenieurwesen, Computational Engineering, Geowissenschaften und Maschinenbau erforschen im Sonderforschungsbereich alle Prozesse, die Sicherheit und Effizienz im maschinellen Tunnelbau betreffen, und deren Wechselwirkungen.
„Stand in den ersten zwei Projektphasen der maschinelle Tunnelbau im Lockergestein im Vordergrund, so widmen wir uns in der dritten Förderperiode auch schwierigen geologischen Verhältnissen, die dem Einsatz von Tunnelvortriebsmaschinen bisher Grenzen setzen“, sagt Sprecher Prof. Dr. Günther Meschke. Dazu gehören zum Beispiel unzureichend verstandene Wechselwirkungen zwischen Vortrieb und quellfähigem Baugrund sowie ein neuartiger verformungstoleranter Tunnelausbau.
Aus der engen Verbindung werkstoffwissenschaftlicher und gesteinsphysikalischer Analysen erwarten die Forscher Erkenntnisse zur Leistungsfähigkeit des Vortriebs in schwierigen Gesteinsformationen. Numerische Simulationsmodelle, die den Baugrund und alle wesentlichen technischen und logistischen Verfahrensabläufe abbilden, sollen Planungsansätze und Vortriebsprozesse umweltschonender und risikoärmer machen. Geplant sind auch echtzeitfähige Planungswerkzeuge und eine simulationsbasierte App bereitszustellen, die es erlauben, Tunneltrassen interaktiv zu optimieren sowie die Steuerung der Tunnelvortriebsmaschine während des Vortriebs zu unterstützen.
Sonderforschungsbereich 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“
Der interdisziplinäre Forscherverbund untersucht, wie das Gehirn Sinneseindrücke zu komplexem Verhalten und Gedächtnis verarbeitet. Die Forschung in den kommenden vier Jahren soll auf den bisherigen Erkenntnissen aufbauen: „In der ersten Förderperiode haben wir grundlegend untersucht, wie Sinnesreize im Gehirn weiterverarbeitet werden. Dann haben wir verglichen, ob wir besser lernen, wenn wir einen Sinnesreiz allein verarbeiten oder wenn zum Beispiel riechen, hören und schmecken gleichzeitig verarbeitet werden – das nennt sich multimodale Verarbeitung“, erklärt Sprecherin Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan. In der letzten Förderperiode steht nun die transmodale Sinnesverarbeitung im Vordergrund – also die Frage, wie die Sinneskortizes zusammenarbeiten.
In drei neuen Teilprojekten werden sich die Forscherinnen und Forscher den speziellen geistigen Fähigkeiten von Rabenvögeln widmen, die Rolle verschiedener Gehirnregionen beim Lernen untersuchen und die Informationsverarbeitung durch Neuromodulation im Hippocampus erforschen.
Insgesamt beteiligen sich 15 wissenschaftliche Teilprojekte aus den Fakultäten für Biologie und Biotechnologie, Medizin, und Psychologie sowie der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Bergmannsheil und des Knappschaftskrankenhauses.
Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses steht weiterhin im Fokus des Sonderforschungsbereichs. Das integrierte Graduiertenkolleg unter dem Dach der International Graduate School of Neuroscience bietet auf höchstem wissenschaftlichem Niveau eine strukturierte Ausbildung in den sensorischen Neurowissenschaften.