Biologie Wie Blitzlichtfische mit Leuchtsignalen im Schwarm kommunizieren
Mit einem speziellen Leuchtorgan können die Tiere Blinkmuster erzeugen. Die Leuchtfrequenz beeinflusst dabei das Verhalten der Artgenossen.
Blitzlichtfische können situationsspezifische Blinkmuster erzeugen, die einem visuellen Morsecode ähneln. Dass die Tiere diese Leuchtsignale nutzen, um ihr Verhalten im Schwarm bei eingeschränkter Sicht zu koordinieren, haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum anhand von Labor- und Freilandversuchen gezeigt. Sowohl die Lichtintensität als auch die Blinkfrequenz hatte einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere. Die Ergebnisse berichtet das Team um Peter Jägers und Prof. Dr. Stefan Herlitze vom Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie in der Zeitschrift Scientific Reports, online veröffentlicht am 19. März 2021. „Unsere Daten zeigen, dass die Leuchtsignale der Schwarmmitglieder eine hohe Anziehungskraft auf Blitzlichtfische ausüben“, resümiert Jägers.
Milchstraße im Wasser
Blitzlichtfische der Art Anomalops katoptron besitzen unter den Augen ein Leuchtorgan, das mit leuchtenden Bakterien gefüllt ist und das sie verschließen können, sodass es aussieht, als würden sie blinken. Tagsüber verstecken sich die Tiere in Höhlen, Felsspalten oder im dunklen, tiefen Wasser. „In mondlosen Nächten wandern bis zu tausend Individuen im Schwarm ins planktonreiche Oberflächenwasser“, erzählt Peter Jägers, der die Fische bei einer Tauch-Expedition im Indo-Pazifik selbst in der Natur beobachten konnte. „Es ist eine surreale Erfahrung, die Schwärme zu sehen – wie eine Milchstraße im Wasser.“
Um die Funktion der Blinkmuster zu verstehen, untersuchten die Wissenschaftler Anomalops katoptron zunächst im Labor in einem großen Wassertank, der digital steuerbare Fischattrappen enthielt, die die Leuchtsignale der Tiere nachahmen konnten. Mit Infrarot-Kameras zeichneten sie außerdem die Bewegungen einzelner Tiere als Reaktion auf die künstlichen Blitzlichter auf. Bei den Versuchen war jeweils nur ein Tier im Tank, wobei mehrere Individuen nacheinander getestet wurden.
Blitzlichtattrappen ziehen Fische an
Platzierten die Forscher eine einzelne Blitzlichtattrappe in der Mitte des Tanks, hielten sich die Fische umso näher dazu auf, je schneller das Licht blinkte. In einem weiteren Versuch waren 13 Lichter ringsum den Tank positioniert, die nacheinander mit unterschiedlichen Zeitabständen aufleuchteten. „Wir haben eine hohe Motivation der Blitzlichtfische gesehen, dem Licht zu folgen“, sagt Peter Jägers.
Aus den Laborversuchen leiteten die Forscher ab, dass ein schnelleres Blinken ein Signal für Anomalops katoptron ist, sich dichter bei seinen Artgenossen im Schwarm aufzuhalten, zum Beispiel um sich in der Gruppe vor Räubern zu schützen. Diese Theorie bestätigte sich in Freilandversuchen. Auf einer Tauch-Expedition konnten die Forscher zeigen, dass die Tiere auf Stress mit schnellerem Blinken reagierten.
Bei Nacht im Meer auf den Schwarm warten
Die Wissenschaftler warteten bei einem nächtlichen Tauchgang in der Dunkelheit, bis ein Schwarm von Blitzlichtfischen in der Nähe war. Auf Licht, das heller als das Mondlicht ist, reagieren die Tiere mit sofortiger Flucht. Mit schwachem Rotlicht löste das Bochumer Team den Fluchtreflex aus und zeichnete gleichzeitig mit speziellen Kameras die Tiere und ihre Blinkmuster auf. So wiesen sie nach, dass Stress mit einer erhöhten Blinkfrequenz einherging. „Wir gehen davon aus, dass die erhöhte Blinkfrequenz das Signal ist, sich unter Stress näher an die anderen Gruppenmitglieder zu orientieren“, folgert Peter Jägers. „In unserer Studie konnten wir erstmals einen präzisen Zusammenhang zwischen visuell kommunizierten Signalen unter eingeschränkten Lichtverhältnissen, wie sie bei Nacht oder in der Tiefsee herrschen, und der Schwarmformation von Fischen darlegen. Wir hoffen, dass das bei zukünftigen Studien beispielsweise der weitestgehend unerforschten Tiefsee hilfreich sein kann.“