Studie Stillen in Zeiten von Corona
Beratung und Betreuung helfen Müttern, ihr Baby lange zu stillen. Eine Studie ermittelt, wie das unter Kontaktbeschränkungen funktioniert.
Werden Mütter um die Geburt herum gut beraten und umsorgt, gelingt auch das Stillen des Babys besser und länger. Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote durch die Corona-Pandemie sind dabei hinderlich. Mögliche Lehren, wie man mit der Situation gut umgehen kann, untersuchen Forschende in der Studie „Stillen in Nordrhein-Westfalen. Was wir aus der Corona-Pandemie für die Stillförderung rund um die klinische Geburtshilfe lernen können“, kurz SINA. Das Projekt wird vom Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) der Universitätskinderklinik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) durchgeführt und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW mit rund 121.000 Euro gefördert und läuft bis zum 30. April 2022.
„Die Bedeutung des Stillens ist unbestritten“, unterstreicht auch Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. „Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung optimal an die Bedürfnisse des Säuglings angepasst. Hinzu kommen weitere positive Effekte des Stillens in Hinblick auf die Gesundheit des Kindes und der Mutter, wie zum Beispiel die Förderung der Bindung zwischen Mutter und Kind. Daher unterstütze ich gerne das Forschungsprojekt.“ Laumann ergänzt: „Mit dem neuen Krankenhausplan hat sich Nordrhein-Westfalen auch zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen in den Geburtskliniken, auch mit Blick auf die Stillberatung und -förderung, engmaschig zu begleiten, um zu gegebener Zeit über eine weitergehende planerische Berücksichtigung dieser Bereiche beraten zu können. Hierzu können auch aktuelle und praxisnahe Daten zu Erfahrungen mit der Stillförderung unter den Bedingungen der Corona-Pandemie bei Kliniken und Müttern beitragen.“
Geburtskliniken bilden die Brücke
Über 90 Prozent der Mütter in Deutschland möchten ihr Baby nach der Geburt stillen. „In Deutschland wird heute erfreulicherweise mehr und länger gestillt als noch vor 20 Jahren. Dies zeigen unsere beiden bundesweiten SuSe Studien 1997/98 und 2017 bis 2019“, berichtet Prof. Dr. Mathilde Kersting, Leiterin des FKE. Besonders die Geburtskliniken tragen dazu bei, dass das Stillen gelingt; sie bilden die Brücke zwischen der Versorgung von Mutter und Kind vor und nach der Geburt.
Kliniken sind zur Teilnahme eingeladen
Die SINA-Studie soll praxisnahe Informationen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Abläufe des Stillmanagements in den Kliniken gewinnen. Dazu schreiben die Forschenden in den kommenden Wochen in drei Wellen alle rund 140 Geburtskliniken in NRW an. In einem Telefoninterview mit der Klinikleitung und der Station geht es unter anderem um strukturelle Bedingungen für das Stillmanagement und Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen vor und in der Pandemie. „Den Aufwand für die Kliniken haben wir bewusst sehr gering gehalten, damit möglichst viele teilnehmen können“, erklärt Mathilde Kersting.
Online-Fragebogen für Mütter
Darüber hinaus will das Studienteam Erfahrungen von Müttern mit der Ernährung ihres Babys unter Pandemiebedingungen untersuchen. „Vielen Müttern gelingt es nicht, ihr Kind in den ersten Monaten wie empfohlen ausschließlich zu stillen. Besonderen Unterstützungsbedarf haben bildungsferne Mütter“, so Kersting. „Das gilt erst recht, wenn persönliche Kontakte und Beratung durch Hebammen und Stillberaterinnen eingeschränkt sind“. In einer Pilotstudie in vier großen Kliniken in Bochum und Dortmund laden Mitarbeiterinnen des SINA-Teams Mütter auf der Entbindungsstation daher persönlich zur Studienteilnahme ein. Sie werden zwei Wochen und zwei Monate nach der Geburt über einen Online-Fragebogen zu Erfahrungen bei der Ernährung, Betreuung und Beratung unter Pandemiebedingungen befragt.
Aus den Ergebnissen wollen die Forschenden Empfehlungen zur Stillförderung unter Pandemiebedingungen ableiten und weitere Erkenntnisse für die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung der Stillförderung in NRW gewinnen.
„An unserer Universitätskinderklinik beschäftigen wir uns in mehreren Studien schon länger mit SARS COV-19 und den Pandemiefolgen für Kinder“, so Klinikleiter Prof. Dr. Thomas Lücke. „Umso mehr freue ich mich, dass es mit SINA jetzt möglich wird, auch den Gesundheitsschutz in der ganz frühen Kindheit interdisziplinär in den Blick zu nehmen.“