Materialforschung Pulvergefüllte Drähte für flexible Legierungen
Ein neues Projekt soll schnell und effizient individuelle Werkstücke aus Stahl fertigen helfen.
Manche Werkstücke lassen sich mit herkömmlichen Methoden wie dem Gussverfahren nicht gut fertigen. Dann bietet sich ein additives Fertigungsverfahren an, zum Beispiel das Auftragschweißen. Dieses Verfahren zu optimieren ist Ziel des Projekts EWA, kurz für „Entwicklung kohlenstoff-martensitischer Werkzeugstähle für die additive Fertigung hochbeanspruchter Umformwerkzeuge mittels Wire-Arc Additive Manufacturing“. Ausgangsstoff sind dabei dünne, pulvergefüllte Drähte. Sie werden zu Stanz- und Umformwerkzeugen additiv verarbeitet. Das Projekt am Lehrstuhl Werkstofftechnik der Ruhr-Universität Bochum unter Leitung von Prof. Dr. Sebastian Weber wird im Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Es startet mit einer Kick-Off-Veranstaltung am 22. Juni 2023.
Schweißen ohne Rundkneten und Drahtziehen
Das sogenannte Wire-Arc Additive Manufacturing, kurz WAAM, basiert zu großen Teilen auf dem Metallschutzgasschweißen. Die Ausgangsstoffe sind kostengünstige Metalldrähte. Im Projekt EWA werden sogenannte Fülldrähte verwendet: mit Metallpulver gefüllte Röhrchen mit einem Außendurchmesser von mindestens 1,2 Millimetern. „Diese Fülldrähte erlauben eine hohe Flexibilität in der direkt im Fülldraht erzeugten Legierungszusammensetzung“, erklärt Ulf Ziesing vom Projektteam an der Ruhr-Universität. „Durch die Pulverfüllung, die sich direkt beim Schweißen verflüssigt, muss nicht zuvor eine Schmelze erzeugt werden, die mittels Rundkneten und Drahtziehen erst noch auf den benötigten Drahtdurchmesser reduziert werden muss.“ Hartphasenreiche und hochfeste Werkstoffe können oft nicht zu den geringen Durchmessern der Drähte gezogen werden. In Pulverform lassen sie sich dennoch herstellen.
Da das Material beim WAAM-Verfahren lokal entsprechend einem zugrundeliegenden 3D-CAD-Modell nur dort aufgebracht wird, wo es auch bleiben soll, können 90 bis 100 Prozent des im Prozess aufgebrachten Materials bis hin zum fertigbearbeiteten Werkstück beibehalten werden. „Dieser hohe Ausnutzungsgrad bedeutet eine deutliche Materialeinsparung und damit auch verbesserte CO2-Bilanz gegenüber der konventionellen, gießtechnischen Prozessroute“, erklärt Ulf Ziesing. Außerdem kühlt das aufgeschmolzene Material beim Auftragsschweißen schnell wieder ab, wodurch sich ein günstiger Lösungszustand einstellt. Das macht die mechanischen Eigenschaften eines durch WAAM hergestellten Bauteils besser als die eines konventionell hergestellten Bauteils.
Und das Verfahren ist schnell: Binnen einer Stunde können bis zu zwölf Kilogramm Material aufgetragen werden. „Zusammengenommen hat die Methode dadurch großes Potenzial für die Herstellung individualisierter Einzelteile und komplexer Kleinserien im Großformat“, so Ulf Ziesing vom Projektteam an der Ruhr-Universität.