Neurowissenschaft Effekte der Hirnstimulation lassen sich konditionieren

Was mit Pawlows Hund funktioniert hat, funktioniert auch mit einer künstlich herbeigeführten Veränderung der Nervenzellaktivität.

Forschenden der Ruhr-Universität Bochum ist eine besondere Form der klassischen Konditionierung gelungen. An einer Gruppe von 75 Personen zeigten sie, dass Effekte der transkraniellen Magnetstimulation, kurz TMS, nur durch Hören eines Tons ausgelöst werden können. Prof. Dr. Burkhard Pleger aus der Neurologie des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil beschreibt die Ergebnisse zusammen mit den Doktoranden Stefan Ewers und Timo Dreier sowie weiteren Kollegen in der Zeitschrift „Scientific Reports“, online veröffentlicht am 16. April 2023.

Magnetstimulation lässt Daumenmuskel kontrahieren

Für die TMS wird eine Magnetspule von außen über einer bestimmten Stelle des Gehirns platziert. Das starke Magnetfeld regt die darunterliegenden Nervenzellen zur Aktivität an. Stimuliert man auf diese Weise einen bestimmten Bereich der motorischen Hirnrinde, bewegt sich beispielsweise der Zeigefinger oder der Daumen. Für seine Arbeit nutzte das Bochumer Team die sogenannte Paired-Pulse TMS-Stimulation. Dabei folgten zwei TMS-Reize im Abstand von zwölf Millisekunden aufeinander, was zu einer stärkeren Kontraktion eines Muskels am Daumen führt als eine TMS-Einzelstimulation. In der Konditionierungsphase kombinierten die Forschenden diese Paired-Pulse TMS stets mit einem Ton, den die Teilnehmenden über einen Kopfhörer parallel zum TMS-Reiz präsentiert bekamen.

Muskelkontraktion wird durch konditionierten Ton verstärkt

In der Testphase erhielten die Teilnehmenden keine TMS-Doppelstimulation mehr, sondern nur noch einen einzelnen TMS-Puls – entweder gepaart mit dem konditionierten Ton oder mit einem Ton, den die Teilnehmenden zuvor nicht gehört hatten. Gleichzeitig maßen die Forschenden wieder die Stärke der Muskelkontraktion am Daumen. Diese fiel deutlich stärker aus, wenn der konditionierte Ton erklang, im Vergleich zu dem Ton, den die Versuchspersonen während der Konditionierung nicht gehört hatten.

Konditionierung könnte für therapeutische Anwendungen nützlich sein

„Unsere Grundlagenforschung belegt, dass klassische Konditionierung nicht nur mit bewussten Verhaltensmustern funktioniert“, folgert Burkhard Pleger. „Auch eine von außen durch die Hirnstimulation manipulierte Hirnaktivität lässt sich konditionieren.“ Interessant sei das, weil die TMS auch therapeutisch genutzt werden könne, etwa um die Beweglichkeit bei Menschen mit Parkinson-Krankheit zu verbessern oder Depressionen zu behandeln. „Die Effekte der TMS sind grundsätzlich nur von vorübergehender Dauer. Sie verschwinden, wenn die Stimulation nicht fortgeführt wird. Wenn diese Effekte durch konditionierte Töne aufrechterhalten werden könnten, könnte sich die Therapie deutlich vereinfachen lassen“, beschreibt Pleger einen möglichen Nutzen der Arbeit.

Förderung

Die Arbeiten wurden von der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Rahmen des FoRUM-Programms gefördert (F943R-2019).

Originalveröffentlichung

Stefan P. Ewers, Timo M. Dreier, Siham Al-Bas, Peter Schwenkreis, Burkhard Pleger: Classical conditioning of faciliatory paired-pulse TMS, in: Scientific Reports, 2023, DOI: 10.1038/s41598-023-32894-w

Pressekontakt

Prof. Dr. Burkhard Pleger
Klinik und Poliklinik für Neurologie
BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 3020
E-Mail: burkhard.pleger@bergmannsheil.de

Download hochauflösender Bilder
Der Download der gewählten Bilder erfolgt als ZIP-Datei. Bildzeilen und Bildnachweise finden Sie nach dem Entpacken in der enthaltenen HTML-Datei.
Nutzungsbedingungen
Die Verwendung der Bilder ist unter Angabe des entsprechenden Copyrights für die Presse honorarfrei. Die Bilder dürfen ausschließlich für eine Berichterstattung mit Bezug zur Ruhr-Universität Bochum verwendet werden, die sich ausschließlich auf die Inhalte des Artikels bezieht, der den Link zum Bilderdownload enthält. Mit dem Download erhalten Sie ein einfaches Nutzungsrecht zur einmaligen Berichterstattung. Eine weitergehende Bearbeitung, die über das Anpassen an das jeweilige Layout hinausgeht, oder eine Speicherung der Bilder für weitere Zwecke, erfordert eine Erweiterung des Nutzungsrechts. Sollten Sie die Fotos daher auf andere Weise verwenden wollen, kontaktieren Sie bitte redaktion@ruhr-uni-bochum.de

Veröffentlicht

Montag
24. April 2023
09:46 Uhr

Teilen