Geowissenschaft Die Versiegelung von Böden automatisiert bestimmen
Straßen, Wohnbausiedlungen und Industrie versiegeln viele Flächen in NRW. Auf Luftbildern ist das leicht zu sehen – aber dennoch mühsam auszuwerten. Daher haben Bochumer Forschende eine Helferin angelernt.
Laut der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie soll die Neu-Versiegelung von Böden bundesweit auf 30 Hektar pro Tag begrenzt werden. Um zu überprüfen, ob dieses Ziel erreicht wird, muss man die Versiegelung regelmäßig bestimmen können. Eine neue Methode dafür entwickeln Geowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum aus dem Team von Prof. Dr. Andreas Rienow am Beispiel von NRW. Doktorand Jan-Philipp Langenkamp arbeitet an einem Modell, das versiegelte Flächen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) automatisiert in Luftbildern erkennt. Darüber berichtet das Wissenschaftsmagazin Rubin der Ruhr-Universität Bochum.
Präziser als Schätzungen basierend auf Katastern
Bislang wurde die Versiegelung in NRW anhand der Liegenschaftskataster der 53 Katasterbehörden ermittelt. Darin ist festgehalten, welche Flächen wie genutzt werden. Allerdings tauchen nicht alle versiegelten Flächen darin auf: „Kleinere Gebäude wie Gartenhäuser, für die man keine Baugenehmigung braucht, werden zum Beispiel nicht erfasst“, weiß Andreas Rienow. Solche vermeintlich kleinen Abweichungen von der Realität summieren sich auf. Um den Anteil der versiegelten Flächen basierend auf dem Kataster zu bestimmen, gehen Behörden beispielsweise pauschal davon aus, dass Siedlungs- und Verkehrsflächen zu 50 Prozent versiegelt sind. „Mit dieser Methode erhält man eine gute Schätzung, aber mehr auch nicht“, so Rienow.
Im Projekt „Erfassung der landesweit versiegelten Fläche und Ermittlung des Indikators Bodenversiegelung für NRW“ entwickeln die Bochumer Forschenden der Abteilung Interdisziplinäre Geoinformationswissenschaften am Geographischen Institut eine präzisere Methode. Das Projekt wird vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW finanziert.
KI-Modell bezieht Kontext ein
Jan-Philipp Langenkamp adaptierte frei verfügbare KI-Modelle und trainierte sie, auf Luftbildern versiegelte von nicht versiegelten Flächen unterscheiden zu können. Rund 1.000 Arbeitsstunden investierte die Bochumer Gruppe in das Erstellen hochwertiger Trainingsdaten für den Algorithmus. Mittlerweile klassifiziert der Algorithmus etwa 90 Prozent der Flächen korrekt. Entscheidend für diese Quote ist, dass das Modell nicht nur die Informationen jedes einzelnen Bildpixels auswertet, sondern auch den Kontext einbezieht. „Neben einem Gebäude befindet sich beispielsweise oft eine Straße – das weiß unser Algorithmus“, veranschaulicht Langenkamp.
Zudem hat der Forscher die Software so gestaltet, dass sie mit einem einzigen Knopfdruck gestartet werden kann und dabei automatisiert frei verfügbare Geodaten des Landes NRW verarbeitet. „Die Idee ist, dass auch Anwenderinnen und Anwender ohne spezifisches Vorwissen die Analyse laufen lassen können, um sie alle zwei Jahre mit neuen Datensätzen wiederholen zu können“, erklärt Langenkamp.
Welche Herausforderungen die Forscher bei der Entwicklung des Modells zu meistern hatten, erzählen sie in Rubin.