Biologie Ein Besuch in der Werkstatt der Chloroplasten
Zahlreiche Helfer sind nötig, um für die Fotosynthese nötige Proteinkomplexe aufzubauen und bei starkem Lichteinfall ständig zu reparieren.
Die Fotosynthese läuft täglich in jedem kleinen grünen Blatt vor unseren Augen ab – dennoch sind die Details des komplexen Ablaufs noch nicht komplett enträtselt. Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum um Prof. Dr. Danja Schünemann hat ein weiteres Puzzleteil aufgeklärt. Das Team, insbesondere der ehemalige Doktorand Dominique Stolle und die jetzige Doktorandin Lena Osterhoff, untersuchte, wie das für die Fotosynthese wichtige Protein D1 aufgebaut wird und entwickelte dazu eine neue In-vitro-Technik. Ungefähr 140 Proteine, so zeigte sich, sind vermutlich an dem Prozess beteiligt, einige davon bislang unbeschrieben. Ein besonders bedeutendes charakterisierten die Forschenden genauer. Sie berichten in der Zeitschrift EMBO Journal vom 27. August 2024.
Ständiger Reparaturzyklus
Gegenstand der Arbeit war die Entstehung von Proteinkomplexen in Chloroplasten. Besonders im Mittelpunkt stand der Aufbau des Proteins D1, einem wichtigen Bestandteil des Photosystems II. Das Protein ist in die Thylakoidmembran integriert und wird besonders bei starkem Lichteinfall ständig so stark geschädigt, dass es in einem Reparaturzyklus immer wieder ab- und neu aufgebaut werden muss. „Dieser Ab- und Aufbau ist ein unheimlich komplizierter Prozess, genau wie die Neubildung des gesamten Photosystems“, unterstreicht Danja Schünemann. „Die über 20 Untereinheiten dieses Systems müssen alle in der Zelle hergestellt, dann an den Ort transportiert werden, an dem sie schließlich arbeiten sollen, und dort auch noch zusammengefügt werden.“
Ribosomen bei der Arbeit zusehen
Um diesen Mechanismen auf den Grund zu gehen, entwickelte ihr Team eine neue In-vitro-Methode, die es erstmals erlaubt, die Ribosomen, die das D1-Protein gerade herstellen, während ihrer Arbeit aufzureinigen. „Bisher konnte man Ribosomen nur allgemein aufreinigen“, erklärt Danja Schünemann. „Jetzt können wir ihnen sozusagen bei der Arbeit über die Schulter schauen.“ So konnten die Forschenden auch ermitteln, welche zusätzlichen Faktoren – außer den Ribosomen – am Aufbau von D1 beteiligt sind. 140 Proteine konnten sie so identifizieren – einige, die schon aus anderen Prozessen bekannt waren, andere, die man bisher noch gar nicht beschrieben hatte.
Ein besonders markantes, das in großer Menge nachgewiesen wurde, pickte sich das Team für eine tiefergehende Analyse heraus: STIC2. „Man wusste, dass es eine wichtige Funktion beim Aufbau der Thylakoidmembran erfüllt, aber nicht genau, welche es ist“, erklärt die Forscherin. Sie konnte eine enge Zusammenarbeit dieses Proteins mit einem anderen Protein, SRP54, bei der Neuentstehung und Reparatur von D1 nachweisen. „STIC2 interagiert dabei mit bestimmten Strukturen in den Thylakoidmembranen, was für den korrekten Einbau von D1 und vermutlich anderer zentraler Proteine der Photosysteme in die Membran entscheidend ist“, so Danja Schünemann.