Simon Ebbinghaus und Puja Shresta (rechts) untersuchen Proteinbestandteile.

© Privat

Chemie

Instabile Proteine verstehen

Ihre Instabilität verleiht ihnen Flexibilität und Funktion. Bindungen fixieren sie in ihrer funktionellen Form, ein möglicher Ansatzpunkt für neuartige therapeutische Ansätze.

Etwa 80 Prozent der Proteine, die an Krankheiten wie Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind, haben keine stabile Struktur. Diese als intrinsisch ungeordnete Proteine (IDPs) bezeichneten Eiweiße können sich schnell an die Bedingungen in unseren Zellen anpassen. Ein besseres Verständnis könnte helfen, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln. Ein Forschungsteam um Puja Shrestha und Prof. Dr. Simon Ebbinghaus (Ruhr-Universität Bochum und Research Center Chemical Sciences and Sustainability) hat eines dieser Proteine genauer untersucht und sein dynamisches Verhalten beschrieben. Ihre Arbeit ist in der Fachzeitschrift „Advanced Science“ vom 28. Oktober 2025 veröffentlicht. 

Multifunktionales Protein

In Zentrum der Studie stand ein gefalteter Bereich – die sogenannte Kälteschockdomäne (CSD/CSDex) – innerhalb des YB1-Proteins, einem IDP mit mehreren Funktionen in der Zelle. Die Forschenden wollten wissen, wie dieser Bereich seine strukturelle Stabilität aufrechterhält. Das Protein ist an vielen der wichtigsten Aktivitäten der Zelle beteiligt, darunter dem Ablesen von Genen, der Herstellung von Proteinen und der Verarbeitung von RNA. „Aufgrund seines engen Zusammenhangs mit Krebswachstum und Arzneimittelresistenz könnte das Verständnis der Faltung und Funktion des YB1-Proteins dabei helfen, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln“, hofft Doktorandin Puja Shrestha.

Das Team stellte fest, dass das CSDex-Protein unter physiologischen Bedingungen eine mäßige Stabilität aufweist. Die Hälfte der Moleküle befindet sich in ihrer gefalteten Struktur, während die andere Hälfte ungefaltet bleibt. Bindet das Protein an Nukleinsäuren, geht es fast vollständig in seine gefaltete Form über. „Das deutet darauf hin, dass diese Wechselwirkungen das Protein auf eine Weise stabilisieren, die dazu beiträgt, es in seiner funktionellen Form zu fixieren“, so Simon Ebbinghaus. 

Wissen zur Behandlung von Erkrankungen

Darüber hinaus zeigt das Team, dass das Protein viele verschiedene Strukturen annehmen kann, was eine schnelle und effiziente Wechselwirkung mit einer Vielzahl von Nukleinsäuren ermöglicht. Die mäßige Stabilität des CSDex könnte einen natürlichen Kompromiss darstellen, der ihm die Flexibilität verleiht, effizient mit vielen verschiedenen Molekülen zu interagieren und gleichzeitig vielfältige Funktionen zu erfüllen. 

„CSDex-Nukleinsäure-Wechselwirkungen führen beispielsweise zur Überproduktion verschiedener Proteine oder zur Reparatur von Nukleinsäuren, wodurch Krebszellen resistenter gegen Chemotherapie werden“, erklärt Puja Shrestha. In zukünftigen Forschungen könnten Moleküle entwickelt werden, die auf CSDex-Nukleinkomplexe abzielen und krankheitsbezogene Wechselwirkungen spezifisch blockieren.

Förderung

Die Arbeiten wurden unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters RESOLV (EXC 2033-390677874).

Originalveröffentlichung

Puja Shrestha, Sara S. Ribeiro, Janne Aurich, Christian Herrmann, Simon Ebbinghaus: Marginal Stability of the YB1 Cold-Shock Domain in Cells Enables Binding of Multiple Nucleic Acids, in: Advanced Science, 2025, DOI: 10.1002/advs.202512966

Pressekontakt

Prof. Dr. Simon Ebbinghaus
Lehrstuhl Biophysikalische Chemie
Fakultät für Chemie und Biochemie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: + 49 234 32 12121
E-Mail: simon.ebbinghaus@ruhr-uni-bochum.de

Puja Shrestha
Lehrstuhl Biophysikalische Chemie
Fakultät für Chemie und Biochemie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 19046
E-Mail: puja.shrestha@ruhr-uni-bochum.de

Download hochauflösender Bilder
Der Download der gewählten Bilder erfolgt als ZIP-Datei. Bildzeilen und Bildnachweise finden Sie nach dem Entpacken in der enthaltenen HTML-Datei.
Nutzungsbedingungen
Die Verwendung der Bilder ist unter Angabe des entsprechenden Copyrights für die Presse honorarfrei. Die Bilder dürfen ausschließlich für eine Berichterstattung mit Bezug zur Ruhr-Universität Bochum verwendet werden, die sich ausschließlich auf die Inhalte des Artikels bezieht, der den Link zum Bilderdownload enthält. Mit dem Download erhalten Sie ein einfaches Nutzungsrecht zur einmaligen Berichterstattung. Eine weitergehende Bearbeitung, die über das Anpassen an das jeweilige Layout hinausgeht, oder eine Speicherung der Bilder für weitere Zwecke, erfordert eine Erweiterung des Nutzungsrechts. Sollten Sie die Fotos daher auf andere Weise verwenden wollen, kontaktieren Sie bitte redaktion@ruhr-uni-bochum.de

Veröffentlicht

Mittwoch
26. November 2025
11:17 Uhr

Teilen