Nina Kiwatrowski (links), Sarah Dornbach und Anne Laumeyer haben ein Tiny-House-Wohnkonzept entwickelt. © RUB, Kramer

Tiny House Kleine Modelle für kleine Häuser

In einem Instudies-Projekt haben Studierende gelernt, wie Leben auf kleinstem Raum möglich ist und selbst ein Wohnkonzept entwickelt.

Am heißesten Juli-Tag des Jahres 2019 haben sich einige RUB-Studierende mit dem Makerforum genau den richtigen Arbeitsort ausgesucht. Denn dieser liegt im Untergeschoss vom Universitätsforum Ost. Mit jeder Treppenstufe wird es kühler. An Tischen und Werkbänken sitzen und stehen Studierende. Was sie hier bauen, sind Modelle von Tiny Houses. Sie sind alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Optionalbereichskurs „Nachhaltiges Bauen und Wohnen auf kleinem Raum am Beispiel eines Tiny Houses“ und müssen in einer Woche ihre Projektarbeit abgeben.

„Ein Tiny House ist sehr klein. Es hat etwa 9 bis 30 Quadratmeter“, sagt Studentin Anne Laumeyer. Sie bastelt gerade ein Sofa für das Tiny-House-Modell ihrer Gruppe. In der Mitte des Arbeitstisches steht das Grundmodell schon. „Wir haben uns überlegt, möglichst viele Materialien für das Haus zu recyceln. Deshalb haben wir uns als Basis für das Haus auch einen Schiffscontainer ausgesucht“, sagt Nina Kiwatrowski. An den Außenseiten des Holzmodells klebt dafür graue Pappe, die von Weitem aussieht wie eine Containerwand.

Was ist ein Tiny House?

Das Tiny House ist eine alternative Wohnform und kann verschiedene moderne Wohn- und Lebenskonzepte miteinander verbinden. Die kleinen Häuser können mobil sein und somit relativ einfach unter Berücksichtigung der lokalen Vorgaben an den Ort gestellt werden, der den Lebensmittelpunkt ausmacht – auch wenn der sich ändert. Zudem basieren sie mit der geringen Wohnfläche, etwa 9 bis 30 Quadratmeter, auf einem Konzept, das gegen den Trend wirkt, immer mehr Flächen vor allem in der Stadt zu bebauen. Die Größe ist auch der Grund, warum diese Wohnform häufig mit einem minimalistischen Lebensstil verbunden wird. Zusätzlich beinhalten viele Tiny-House-Konzepte Lösungen für recyclefähige Baustoffe und energieeffizientes Wohnen.

Im Sommersemester 2019 haben die Studentinnen in einer Ringvorlesung gelernt, was nachhaltiges Bauen und Wohnen auf kleinem Raum ausmacht, welche Rolle passende Wohnformen in der Städteplanung der Zukunft spielen werden und welche Materialien sich für den Bau eignen. Die Studierenden Marvin Nöller und Ulrike Emonds haben den Kurs initiiert. Er gehört zu einem Instudies-Projekt, das die beiden leiten. Eine Ringvorlesung mit Expertinnen und Experten war die Basis des Projektes. Über die Ringvorlesung hinaus, war es dem Organisationsteam wichtig, auch einen praktischen Teil im Kurs anzubieten. „Hier im Makerforum können unsere Kursteilnehmer in Ruhe ihre Modelle bauen. Sie haben hier Platz und viele Werkzeuge und Geräte, die sie kostenlos nutzen können“, sagt Marvin Nölle.

„Mein Studium ist sehr theoretisch. Mit dem Tiny-House-Projekt kann ich auch praktisch etwas machen“, sagt Anne Laumeyer. Das geht ihren Projektkolleginnen Nina Kiwatrowski, Sarah Dornbach und Charlotte Piayda ähnlich. Laumeyer studiert an der RUB Maschinenbau im Master, Kiwatrowski Angewandte Informatik und Dornbach und Piayda Bauingenieurwesen. Sie alle bauen zum ersten Mal ein Modell.

Stück für Stück wurde das Modell zusammengesetzt. Basis des Konzeptes, das für eine Person ausgelegt sein soll, ist ein ausrangierter Container. © RUB, Gregor

„Ich fand das Thema nachhaltiges Bauen interessant und bin so zu dem Optionalbereichskurs gekommen“, sagt Sarah Dornbach. Selbst einmal in einem Tiny House zu leben, kann sie sich aber nicht vorstellen.

Das Haus, das die Gruppe geplant hat, ist 15 Quadratmeter groß. Und trotzdem müssen Küche, Bad und Schlafzimmer hineinpassen. „Unser Modell ist für eine Person ausgelegt. Außerdem ist es keine mobile Variante, sondern soll fest an einem Ort stehen bleiben“, sagt Anne Laumeyer. Grund dafür ist unter anderem das Gewicht. Ein Schiffscontainer ließe sich schließlich nicht mit einem einfachen Auto durch die Gegend fahren.

Ein anderer Grund ist das benötigte Wasser: Die Studierenden haben ausgerechnet, wie hoch der Wasserverbrauch für eine Person in dem Tiny House sein würde. Mit dem Auffangen von Regenwasser könnten sie nur 30 Prozent vom Verbrauch abdecken. Deshalb benötige ihr Tiny House einen festen Wasseranschluss, sagt Laumeyer. Im Konzept ist allerdings vorgesehen, so viel Grauwasser wie möglich, zu verwenden. „Grauwasser ist das, was beim Duschen oder Händewaschen entsteht. Es ist zwar dreckiges Wasser, würde aber zum Beispiel für die Toilettenspülung noch ausreichen“, erklärt Anne Laumeyer.

Das ist das Modell, dass die Studentinnen für ein 15 Quadratmeter großes Haus gebaut haben. © RUB, Kramer
Das ist das Modell, dass die Studentinnen für ein 15 Quadratmeter großes Haus gebaut haben. Das begrünte Dach dient der Kühlung.

Eine Woche später: Die Studentinnen kommen mit dem fertigen Modell die Treppe vom Makerforum hoch und setzen ihr Tiny House in einem Projektraum nebenan auf einen Tisch. Die Abschlusspräsentation haben sie und die anderen fünf Projektgruppen gerade hinter sich. „Das Modell ist letzte Woche noch fertig geworden. An dem Projektbericht haben wir aber bis gestern noch gearbeitet“, sagt Nina Kiwatrowski. Doch die Erleichterung ist in den Gesichtern des gesamten Projektteams zu sehen. Geschafft! Sie haben ihr Tiny-House-Modell fertig ausgestattet und das Wohnkonzept der Projektleitung vorgestellt. Besucherinnen und Besucher der Abschlussveranstaltung warten darauf, sie mit Fragen zu ihrem Modell zu löchern. Aber das ist kein Problem. Jetzt sind sie schließlich Tiny-House-Expertinnen.

Über das Makerforum

Das Makerforum ist eine offene Werkstatt, in der Studierende praktische Projekte oder Abschlussarbeiten umsetzen und praxisbezogene Lehrveranstaltungen stattfinden können. Das Makerforum-Team stellt dafür Werkbänke und eine Vielzahl an Geräten und Maschinen zur Verfügung. Unter anderem sind dort Lasercutter, 3D-Drucker und Lötgeräte vorhanden.

Das Makerforum ist eine Übergangslösung, bis Ende 2020 auf dem Gelände Mark 51°7 der Makerspace der RUB entstanden ist. Dort soll die Idee der offenen Werkstatt weiter ausgebaut werden. Neben einem Ort für praxisbezogene Lehre soll der Makerspace für Gründerinnen und Gründer ein Ort sein, an dem sie zum Beispiel Prototypen entwickeln können.

Veröffentlicht

Freitag
02. August 2019
09:20 Uhr

Von

Katharina Gregor

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