Die Tutoren (von links) Michael Stumpp und Franziska Oberfeld und die Teilnehmerin Paula Klein.
© RUB, Kramer

Anamnesegruppen Die richtigen Fragen stellen

In den studentischen Gruppen lernen Studierende der Psychologie und Medizin die Gesprächsführung mit Patienten.

Die Krankheitsgeschichte oder dafür relevante Informationen zu erlangen ist Sinn und Zweck der Anamnese, dem Handwerkszeug von Medizinern oder Psychologen. Doch wie stellt man die richtigen Fragen? Auf was ist in der Gesprächsführung zu achten? In den Interdisziplinären Anamnesegruppen können Studierende der Fachrichtungen Psychologie und Medizin gemeinsam die wichtigen Fähigkeiten erarbeiten. Die Gruppen sind für alle Studierenden dieser Fachrichtungen geöffnet, unabhängig vom Semester.

Gestartet ist das von Studierenden ins Leben gerufene Projekt 2019 an der RUB nach dem Vorbild der Charité Berlin. Im Sommersemester 2020, also während der Einschränkungen durch die Coronapandemie, kam die erste Gruppe zusammen. „Wir haben das Konzept so erarbeitet, dass wir alles online durchführen konnten und den persönlichen Austausch unter den Teilnehmenden möglich gemacht haben“, erklärt Michael Stumpp, der im aktuellen Wintersemester 2021/2022 als Tutor innerhalb der Anamnesegruppe angestellt ist.

Das Konzept

Jetzt geht die Anamnesegruppe in die dritte Runde. Aktuell gibt es drei Gruppen mit acht Teilnehmenden, die sich einmal wöchentlich für drei Stunden in Präsenz treffen. „Die Studierenden können sich austauschen und sich selbst ausprobieren. Jeder Teilnehmer führt im Laufe der Zeit ein eigenes Anamnesegespräch von 30 bis 45 Minuten. Dann gibt es Feedback aus der Runde“ erklärt Tutor Georg Grethe. Die Studierenden können ihre Gesprächs- und Anamnesekompetenzen dabei an Simulationspatienten erproben. „Die Simulationspatienten erhalten vorab eine Fallbeschreibung und spielen dann die Krankheitsbilder“, erklärt Stumpp. „Während Corona war das natürlich online, aber wir hoffen, dass wir bald auch tatsächlich auf unterschiedlichen Stationen unsere Übungen durchführen können – sobald Corona das zulässt“, sagt Grethe.

In der Gruppe lernen

„Da es keine Prüfungssituation ist, kann man sich ausprobieren, sich reflektieren und auch die eigenen Grenzen kennenlernen. Und der interdisziplinäre Ansatz hilft sehr“, sagt Franziska Oberfeld, die nach der Teilnahme nun ebenfalls Tutorin geworden ist. Auch die unterschiedlichen Fachsemester seien kein Problem, sondern eine Bereicherung für die Teilnehmenden. „Da jeder auf einem anderen Niveau im Studium ist, können so alle voneinander lernen“, erklärt Stumpp. „Es hilft, den Patienten besser zu verstehen in der Anamnese. Das kann man auch schon früh im Studium gut gebrauchen und die Teilnahme war barrierefrei“, sagt Hilal-Nur Binek, die selbst teilgenommen hat, als sie im ersten Semester ihres Psychologiestudiums war. „Für mich war es besonders hilfreich, dass die medizinischen und psychologischen Aspekte besprochen werden“, sagt der ehemalige Teilnehmer Felix Rein. Die Gruppen bestehen jeweils zur Hälfte aus Studierenden der Medizin und Psychologie, um sich gegenseitig zu ergänzen und eine ganzheitliche Sicht auf Krankheitsbilder zu ermöglichen.

Sie engagieren sich für die Anamnesegruppen: (v.l.) Hilal-Nor Binek, Michael Stumpp, Natasia Silberg, Georg Grethe, Franziska Oberfeld, Felix Rein und Paula Klein.
© RUB, Kramer
Sie engagieren sich für die Anamnesegruppen: (v.l.) Hilal-Nur Binek, Michael Stumpp, Nastasja Sieberg, Georg Grethe, Franziska Oberfeld, Felix Rein und Paula Klein.

Vertrauen vermitteln

Die Teilnehmenden sollen aber nicht nur selbst lernen, eine vertrauensvolle Atmosphäre mit dem „Patienten“ herzustellen. Bevor es an die Gespräche geht, gibt es zum Auftakt ein Treffen zum Kennenlernen. „Die Teilnehmenden sollen erst einmal zueinander Vertrauen gewinnen. Außerdem machen wir ein Methodentraining, bevor dann je ein Gespräch im Fokus steht“, so Oberfeld. Die Gruppe bietet den Studierenden viel Raum für Rückfragen und für die Selbstreflexion. „Die Teilnahme und die Erfahrung in der Gruppe hat mir auch noch mal bestätigt, dass ich mit dem Studium die richtige Wahl für mich getroffen habe. Es stärkt das Selbstbewusstsein für die Anamnese und hat mir auch bei Kritik oder sehr schwierigen Themen Selbstvertrauen gegeben und mich bestärkt, dass es nicht um die perfekte Methode, sondern die eigene innere Haltung geht“, erklärt Nastasja Sieberg. Die ehemalige Teilnehmerin ist nun ebenfalls Tutorin für die aktuellen Gruppen.

Projekt mit Zukunft

Aus einigen ehemaligen Teilnehmenden sind inzwischen Tutoren geworden, die die Anamnesegruppen weiter unterstützen, sodass das Projekt weitergeht, wenn die ersten Studierenden schon ihren Abschluss machen. Anmeldungen für das Wintersemester 2021/2022 sind nicht mehr möglich. Studierende können sich bei Interesse an den Anamnesegruppen hier informieren.

Wussten Sie schon, dass …

... die Ananmesegruppe Teil der Skills Labs ist, die RUB-Studierenden der Medizin ermöglichen, sich während des Studiums praktische Fertigkeiten anzueignen? Zum Beispiel können theoretische Lerninhalte praktisch umgesetzt und trainiert werden in verschiedenen Simulationssituationen. Dr. Jannis Achenbach, ärztlicher Leiter der Skills Labs, und Dr. Matthias Joswig, Ansprechpartner für Interprofessionelles Handeln und E-Learning, haben Gründung, Konzeption und Durchführung der Anamnesegruppen unterstützt und begleitet.

Veröffentlicht

Dienstag
26. Oktober 2021
09:29 Uhr

Von

Katrin Heyer

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