Tag des Friedhofs „Hier bekommen die Menschen wieder einen Namen“
In Bochum gibt es ein Gräberfeld, das für die RUB-Medizin von großer Bedeutung ist.
Ein leises Vogelgezwitscher ist zu hören. Ansonsten Stille. Warme Sonnenstrahlen scheinen durch die Bäume. Der gepflasterte Weg, auf dem Rhena Beckmann-Fuchs* und Prof. Dr. Carsten Theiss entlanggehen, führt vorbei an zwei Blumeninseln und einem restaurierten Brunnen. „Vor 2017 sah es hier noch nicht so schön aus. Hier war nur Rasen“, sagt Beckmann-Fuchs und zeigt zu den bunten Blüten. Sie ist Dezernentin der Verwaltung der Medizinischen Einrichtungen der RUB. Und dieser Ort liegt ihr am Herzen.
Es ist ein Gräberfeld auf dem Bochumer Hauptfriedhof. Hier sind Körperspenderinnen und Körperspender beerdigt. Menschen, die sich dazu entschieden haben, ihren Körper nach dem Tod an die Wissenschaft zu übergeben.
Rechts und links neben Beckmann-Fuchs liegen Steinplatten auf dem Boden. Es sind Grabsteine, auf ihnen die Namen, Geburts- und Sterbejahre von Körperspendern. „Wer sich dazu bereit erklärt, hat die höchste Achtung verdient“, sagt die Dezernentin. „Deshalb soll dieser Ort ein Ort der Dankbarkeit und Erinnerung sein. An dem auch jemand verweilt, der zufällig hier vorbeikommt“, ergänzt sie.
Dass der Ort besucht wird, zeigen kleine individuelle Gegenstände, die offensichtlich Angehörige auf manche der Gräber gelegt haben: Engel, Herzen, Grablichter, Blumengestecke. „Die Angehörigen schätzen es, dass es hier so schön ist“, sagt Carsten Theiss. Er ist der Geschäftsführende Direktor der RUB-Anatomie. Vor allem nach den Trauerfeiern, die hier stattfinden, hat er Kontakt zu den Angehörigen der Körperspender. Die letzte Bestattung war im April 2018.
„Einmal im Jahr werden hier die Spender aus dem letzten Präparationskurs der Medizin bestattet. Etwa 40 Menschen. Dafür lädt die Fakultät alle Angehörigen ein, soweit das vom Verstorbenen gewünscht ist“, sagt Theiss.
Die Medizinstudierenden, die während ihrer Ausbildung im Präparationskurs wichtige Grundlagen für ihren Beruf lernen, gestalten die Trauerfeier – mit Musikbeiträgen und Reden. Ein katholischer und ein evangelischer Pfarrer sind auch dabei. „400 bis 500 Leute kommen dafür zusammen. Das ganze Institut für Anatomie und sehr viele Studierende nehmen daran teil“, erklärt Theiss.
Für ihn ist es klar: Die Körperspende ist wichtig für die Ausbildung und die Forschung in der Medizin. Die Trauerfeier ist ein Moment, in dem man den Verstorbenen dafür danken kann. „Der würdevolle Rahmen der Trauerfeier setzt sich auch insgesamt auf dem Gräberfeld fort“, sagt er. „Es ist ein konsequentes Zuendebringen. In der Anatomie werden die Körper eher technisch und neutral betrachtet. Und das muss auch so sein. Hier auf dem Friedhof bekommen die Menschen wieder einen Namen“, so Beckmann-Fuchs. Und Theiss ergänzt: „Es geht beim Thema Körperspende viel um Vertrauen und Respekt. Von Anfang bis Ende.“
Die ältesten Gräber sind aus den 1980er-Jahren. Einige Körperspender wurden noch in Särgen beerdigt. Heute ist nur noch eine Urnenbestattung möglich. Die RUB übernimmt alle Kosten der Bestattung und Grabpflege. Für das Gräberfeld fallen pro Jahr etwa 55.000 Euro unter anderem für den Gärtner, den Steinmetz, die Pacht an die Stadt an. „Das ist das, was wir zurückgeben können“, sagt Beckmann-Fuchs.
*Rhena Beckmann-Fuchs ist zwischenzeitlich verstorben; ihre Verdienste, auch um dieses Projekt, sind jedoch weiterhin sichtbar.