Linda Weiss und Ralph Tollrian im Labor an der RUB
© RUB, Kramer

Biochemie Wie Wasserflöhe ihre Fressfeinde detektieren

Viele Wasserorganismen geben Botenstoffe in die Umgebung ab, die ihre Beute warnen, dass sie da sind – ein Nachteil für die Jagd. Schuld ist die Verdauung der Räuber.

Wasserflöhe der Gattung Daphnia erkennen über chemische Substanzen, ob ihre Fressfeinde, die Büschelmückenlarven, in der Nähe jagen. Falls ja, bilden sie Verteidigungen aus, die sie schwerer fressbar machen, zum Beispiel dornenartige Auswüchse in der Nackenregion. Die Signalmoleküle, die die Erkennung ermöglichen, haben Biologen und Chemiker der RUB gemeinsam mit Kollegen identifiziert und in der renommierten Zeitschrift „Nature Chemical Biology“ vom 14. November 2018 veröffentlicht.

„Schon vor 40 Jahren haben Forscher versucht, die Stoffe zu identifizieren, mit denen die Räuber ihre Anwesenheit preisgeben“, beschreibt Prof. Dr. Ralph Tollrian, Leiter des RUB-Lehrstuhls für Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere, der sich bereits in seiner Promotion mit diesem Thema beschäftigte. „Warum die Räuber ihre Anwesenheit über chemische Stoffe verraten, obwohl das eigentlich ein Nachteil für sie ist, war lange Zeit ein Rätsel“, sagt Dr. Linda Weiss. Mit modernen Methoden wie der hochauflösenden Massenspektrometrie gelang es nun, dieses Rätsel zu lösen.

Signalstoffe entstehen bei der Verdauung

Das Forschungsteam um Weiss und Tollrian fand heraus, dass die Büschelmückenlarven mindestens fünf verschiedene Substanzen ins Wasser absondern, die die Daphnien erkennen können. Die Stoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Nahrungsaufnahme der Larven, sie werden nämlich abgegeben, wenn der Räuber die unverdaulichen Bestandteile der Beute wieder ausspuckt. „Das erklärt, warum die Abgabe der Signalstoffe nicht gestoppt werden kann“, sagt Tollrian. „Der Vorteil, den die Larven durch die Substanzen bei der Verdauung haben, ist größer als der Nachteil dadurch, dass sie damit ihre Anwesenheit verraten.“

Die Büschelmückenlarve gibt Signalstoffe ins Wasser ab, die ihre Beutetiere detektieren können.
© Linda Weiss

Für die Studie kooperierte das Team um Linda Weiss und Ralph Tollrian mit dem Bochumer Lehrstuhl für Anorganische Chemie I von Prof. Dr. Nils-Metzler-Nolte, dem Duisburg-Essener Lehrstuhl für Angewandte Analytische Chemie von Prof. Dr. Oliver Schmitz sowie Dr. Ulf Sommer von der University of Birmingham.

Veröffentlicht

Dienstag
27. November 2018
08:58 Uhr

Von

Julia Weiler

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