Neurologie Immer mehr Ältere erleiden nach Stürzen ein Schädel-Hirn-Trauma
Waren es früher vor allem Pkw-Unfallopfer, sind es heute ältere Leute, die nach Stürzen mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus kommen.
Ewa 270.000 Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr ein Schädel-Hirn-Trauma. Zunehmend betroffen sind davon die über 65-Jährigen. Das hat eine Studie von Forschenden der BG Kliniken unter Leitung der Neurologischen Klinik der RUB des BG Klinikums Bergmannsheil ergeben. Stürze sind häufig die Ursache. Die Forschenden raten zu mehr Prävention, etwa dem Abbau von Stolperfallen in der Wohnung oder den geschulten Einsatz von Gehhilfen. Die Studie ist die erste zu Häufigkeiten und Ursachen von Schädel-Hirn-Traumata seit über 20 Jahren. Das Forschungsteam berichtet in der Fachzeitschrift BMJ Open vom 4. Juni 2021.
Sturz und Radfahren ohne Helm sind häufige Ursachen
Vom leichten Sturz mit dem Fahrrad bis hin zum schweren Verkehrsunfall: Die Ursachen für ein Schädel-Hirn-Trauma sind vielfältig. Etwa 90 Prozent der Fälle werden als leicht, zehn Prozent als mittelschwer oder schwer klassifiziert. Vermehrt betroffen von einem Schädel-Hirn-Trauma ist die Altersgruppe der über 65-Jährigen. Das Forschungsteam der BG Kliniken an den Standorten Bochum, Hamburg, Berlin, Halle, Frankfurt, Ludwigshafen und Murnau hat festgestellt, dass eine Verschiebung der am häufigsten betroffenen Altersgruppe stattgefunden hat und dass ein erkennbarer Zusammenhang zwischen der Schwere eines Schädel-Hirn-Traumas, dem Lebensalter und der Ursache besteht.
Die Studie zeigt, dass häufigste Auslöser eines Schädel-Hirn-Traumas Stürze sind und nicht mehr Verkehrsunfälle. Bei den Verkehrsunfällen hat sich auch eine Verschiebung ergeben: Hier stellen mittlerweile nicht mehr Pkw-Insassen, sondern Fahrradfahrende ohne Helm die größte Gruppe dar.
„Wir registrieren eine deutliche Verschiebung der mehrheitlich betroffenen Altersgruppe hin zu der älteren Generation. Ein Phänomen, das man in nahezu allen Industriestaaten beobachten kann“, erklärt Prof. Dr. Peter Schwenkreis, Oberarzt der Neurologischen Klinik im Bergmannsheil.
Studie mit über 3.500 Teilnehmenden
Eine neurowissenschaftliche Forschungsgruppe der BG Kliniken hat für die Studie die Entstehung, Behandlung und die Folgen für Patientinnen und Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma beobachtet und ausgewertet. In die Studie eingeschlossen wurden insgesamt 3.514 Patienten. Seit 2000/2001 wurde in Deutschland keine derart groß angelegte Studie zur Entstehung von Schädel-Hirn-Traumata mehr veröffentlicht.
Banale Maßnahmen können große Wirkung erzielen
Da mittelschwere bis schwere Schädel-Hirn-Traumata häufiger bei älteren Menschen auftreten, sieht die Forschungsgruppe einen Bedarf für mehr Präventionsarbeit. „Vorstellbar sind Trainingsmaßnahmen zum sicheren Gehen, das geschulte Verwenden von Gehhilfsmitteln oder die Umgestaltung der Wohnung durch das Entfernen von Stolperfallen. So banal diese Maßnahmen klingen, sie können schwerwiegenden Verletzungen vorbeugen“, sagt Peter Schwenkreis. „Die Fortschritte beim Insassenschutz im Pkw haben eine deutlich nachweisbare Wirkung gezeigt“, erläutert er weiter. Nun komme es darauf an, den Schutz von Menschen, die auf dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind, im Rahmen der sich anbahnenden Mobilitätswende umzusetzen.