Lichtblatt-mikroskopische Aufnahme eines Fruchtkörpers. Die Zellkerne sind rot, die Zellwand cyan gefärbt. © Israel Rocha-Mendoza und Meritxell Riquelme

Biologie Tiefe Einblicke in einen lebenden Pilz

Die Lichtblatt-Mikroskopie erlaubt es, Pilz-Fruchtkörper am lebenden Objekt zu untersuchen.

Um Gewebe mikroskopisch zu untersuchen, muss man sie meist in dünne Scheiben schneiden. So lassen sich allerdings keine ganzen Gewebe oder lebenden Organismen analysieren. Genau das ist zwei mexikanischen Arbeitsgruppen in Zusammenarbeit mit Privatdozentin Dr. Ines Teichert vom Lehrstuhl Allgemeine und Molekulare Botanik der RUB gelungen. Sie nutzten dafür die Lichtblattmikroskopie und eine aus Bochum stammende Albinomutante des Hyphenpilzes Sordaria macrospora, einem gern genutzten Modellorganismus für die Untersuchung der Bildung von Fruchtkörpern. Die Gruppe berichtet in der Zeitschrift Journal of Biophotonics vom 20. Februar 2022.

Optische Schnitte ohne Zerstörung

Zur Analyse von Geweben werden mikroskopische Techniken verwendet, die eine hohe Auflösung besitzen. Viele Methoden können allerdings nur bei dünnen Präparaten angewendet werden. Mithilfe der Lichtblattmikroskopie (light sheet microscopy, LSFM) werden in den Geweben sogenannte optische Schnitte erzeugt. „Bei der LSFM wird mithilfe eines Beleuchtungsobjektivs ein Lichtblatt in die Probe hineinprojiziert“, erklärt Ines Teichert. Ein senkrecht hierzu angeordnetes Detektionsobjektiv nimmt das emittierte Licht auf. Dies ermöglicht eine hohe Auflösung auch bei größerer Gewebetiefe. Das Gewebe selbst wird weniger durch die Strahlung geschädigt, und es können viele Bilder in hoher Geschwindigkeit aufgenommen werden.

Ein Fruchtkörper von Sordaria macrospora © Ines Teichert

Ines Teichert schickte die Albinomutante des Hyphenpilzes Sordaria macrospora nach Ensenada, Mexiko, wo die Arbeitsgruppen für Optik von Prof. Dr. Israel Rocha-Mendoza und für Mikrobiologie von Prof. Dr. Meritxell Riquelme zusammenarbeiteten. Sie hatten eigens ein Lichtblattmikroskop für die Untersuchung von Pilzen konstruiert. Die Albinomutante erlaubte es den Forschenden, ihr Inneres von außen anzusehen.

Spezielle Lichtstrahlen

Der untersuchte Hyphenpilz ist ein genetisches Modellsystem für die Untersuchung der Fruchtkörperentwicklung und bildet zwei bis vier Millimeter große, birnenförmige schwarze Fruchtkörper. Die Arbeitsgruppen nutzten neben den herkömmlichen Gauß-Strahlen zur Erzeugung des Lichtblattes auch sogenannte Bessel-Strahlen. Diese Strahlen sind nicht-beugend und selbst-heilend, sodass sie ihre Form während der Ausbreitung beibehalten. Durch diese optischen Eigenschaften entstehen homogene Lichtblätter, die eine gleichmäßige Ausleuchtung bewirken.

„Tatsächlich konnten wir mit den beiden Methoden gefärbte Zellwände und Zellkerne in jungen Fruchtkörpern beobachten“, berichtet Ines Teichert. Mit den Bessel-Strahlen gelang es, noch größere Bereiche abzubilden. „Die Arbeit stellt eine proof-of-concept-Studie dar“, so die Forscherin. „Jetzt, wo wir wissen, dass man lebende Pilze mit der Lichtblattmikroskopie untersuchen kann, können wir weitere Fragen in Betracht ziehen.“ Interessant seien etwa Fragen, welche Proteine sich wo in lebenden Fruchtkörpern der Pilze finden, wie also neue Gewebe entstehen.

Originalveröffentlichung

Yryx Y. Luna-Palacios, Jacob Licea-Rodriguez, M. Dolores Camacho-Lopez, Ines Teichert, Meritxell Riquelme, Israel Rocha-Mendoza: Multicolor light‐sheet microscopy for a large field of view imaging: a comparative study between Bessel and Gaussian light‐sheets configurations, in: Journal of Biophotonics, 2022, DOI: 10.1002/jbio.202100359

Veröffentlicht

Dienstag
15. März 2022
10:25 Uhr

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