Gemeinsam mit einem internationalen Team hat Johannes Karges einen Wirkstoff entwickelt, der mittels Ultraschall erst dort seine zellschädigende Wirkung entfaltet, wo er das auch soll. © RUB, Marquard

Chemie Ultraschall schaltet Krebsmedikament scharf

Chemotherapeutische Behandlungen erzeugen starke Nebenwirkungen. Ein neuer Wirkstoffkomplex, der sich im Tumorgewebe anreichert und erst dort durch Ultraschallwellen aktiviert wird, hat dieses Problem nicht.

Platinkomplexe gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten gegen Krebserkrankungen. Sie sind erfolgreich, haben aber schwere Nebenwirkungen. Ein internationales Forschungsteam um Dr. Johannes Karges von der Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität Bochum hat einen Wirkstoffkomplex entwickelt, der sich in Tumorgewebe anreichert und erst dort durch Ultraschallwellen scharfgeschaltet wird. Seine zellschädigende Wirkung entfaltet sich dadurch nur dort, wo sie auch erwünscht ist. „Wo frühere Studien auf Lichtaktivierungen angewiesen waren, welche nur einige Millimeter tief in das Gewebe eindringen können, haben wir nun eine Therapiemethode mit Ultraschallaktivierung entwickelt, welche mehrere Zentimeter tief in den Körper eindringt“, so Karges. Dies könnte die nebenwirkungsarme Behandlung auch für große und tiefliegende Tumoren ermöglichen. Die Forschenden publizierten ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Angewandte Chemie International Edition vom 24. März 2023.

Im gesunden Gewebe unschädlich

Die Platin(II)-Komplexe Cisplatin, Oxaliplatin und Carboplatin gehören unter anderem zu den am häufigsten eingesetzten Krebsmedikamenten. Ihrem klinischen Erfolg stehen schwere Nebenwirkungen gegenüber, etwa Übelkeit, Erbrechen, Nierenschäden und Unterdrückung des Knochenmarks. Um diese Einschränkungen zu überwinden, wurden in den vergangenen Jahrzehnten große Forschungsanstrengungen in die Entwicklung von sogenannten Platin(IV)-Komplex-Prodrugs investiert. „Diese Medikamentenvorstufen sind stabil und inaktiv, also völlig unschädlich“, erklärt Johannes Karges. „Im gesunden Gewebe sollen sie das auch bleiben. Im Krebsgewebe jedoch sollen sie schnell in die therapeutisch aktiven Platin(II)-Komplexe umgewandelt werden.“

Für die Reduktion des Metallkomplexes wird Energie benötigt. Bisherige Studien berichteten über eine Aktivierung mit ultraviolettem, blauem oder rotem Licht. „Das Problem besteht darin, dass Licht nur weniger als einen Zentimeter tief in den Körper eindringen kann und somit viele Tumoren nicht erreicht“, erläutert Johannes Karges. Um diese Einschränkung zu überwinden, hat sein Team erstmals Platin(IV)-Komplex-Prodrugs mit Sonosensibilisatoren kombiniert, die mit Ultraschallbestrahlung selektiv aktiviert werden können.

Veröffentlicht

Mittwoch
05. April 2023
09:16 Uhr

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