Helen Blank ist seit Juli 2025 Professorin für Predictive Cognition an der Ruhr-Universität Bochum.
Psychologie
Helen Blank erforscht, wie Erwartungen unsere Wahrnehmung beeinflussen
Die Psychologin beschäftigt sich vor allem mit dem Erkennen von Gesichtern, Stimmen und Sprachen – also mit Fähigkeiten, die für eine erfolgreiche Kommunikation mit anderen Menschen unabdingbar sind.
Wie speichern wir Erwartungen ab? Und wie verändern wir sie? Warum nehmen Menschen ein und dieselbe Situation unterschiedlich wahr? Obwohl die Auswirkungen von Kontext und Erwartungen auf unsere Kognition, also etwa unsere Wahrnehmung, Kommunikation und unser Gedächtnis, vielfach nachgewiesen wurden, geben viele der zugrunde liegenden Mechanismen nach wie vor Rätsel auf. Prof. Dr. Helen Blank will diese kognitiven Prozesse als neuernannte Professorin für Predictive Cognition ergründen und so zu einem besseren Verständnis des menschlichen Gehirns beitragen.
Haben Sie das auch schon einmal erlebt? Sobald Sie sich für den Kauf eines bestimmten Auto-Modells entschieden haben, scheint es plötzlich überall auf der Straße zu sein. Wenn Sie ein Haus bauen, nehmen Sie auf einmal Details wie Traufkanten wahr. Und wenn Sie ein Baby erwarten, entdecken Sie plötzlich überall Kinderwagen. „Dieses Phänomen zeigt, dass Vorerwartungen unsere Wahrnehmung beeinflussen“, erklärt Helen Blank. Und damit sind wir schon beim zentralen Thema ihres Forschungsgebiets Predictive Cognition.
Unser Gehirn ist ein hochleistungsfähiges Vorhersagesystem.
„Unser Gehirn ist ein hochleistungsfähiges Vorhersagesystem. Es nutzt vorherige Erfahrungen und Erwartungen, um neue Informationen zu interpretieren und zu filtern“, so Blank. In ihrer Forschung untersucht die Wissenschaftlerin genau diese Prozesse. Wie genau nutzt das Gehirn Vorerwartungen, um neue Informationen zu integrieren? Welchen Einfluss haben diese Erwartungen zum Beispiel auf unser Lernen und unsere Entscheidungen? „Durch das Verständnis dieser Mechanismen gewinnen wir nicht nur grundlegende Erkenntnisse über die Funktionsweise des Gehirns, sondern können auch praktische Anwendungen in Bereichen wie Bildung, Therapie und künstlicher Intelligenz entwickeln“, so die Forscherin weiter.
Wie kombiniert das menschliche Gehirn Erwartungen und sensorische Informationen?
Die Psychologin beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie sich vorherige Erfahrungen und Erwartungen auf unsere Gesichtserkennung, Stimmerkennung und Sprachverarbeitung auswirken, also auf Fähigkeiten, die für eine erfolgreiche Kommunikation mit anderen Menschen wichtig sind. „Das übergeordnete Ziel unserer Forschung ist es zu verstehen, wie das menschliche Gehirn Erwartungen und sensorische Informationen kombiniert“, erklärt Blank. Wie leitet das menschliche Gehirn aus akustischen Sprachsignalen eine Bedeutung ab?Wie reagiert das Gehirn auf Gesichtsmerkmale? Wie erkennt es einen Kommunikationspartner? All das hängt von unseren Erwartungen ab.
„Es ist faszinierend und zugleich sehr herausfordernd, diese kognitiven Prozesse präzise zu messen und zu modellieren“, hebt Blank hervor. Um die Auswirkungen von Vorerwartungen auf die Gehirnprozesse während der Sprach- und Personenerkennung zu untersuchen, kombiniert sie verhaltensbezogene Methoden mit bildgebenden Verfahren wie EEG und fMRI sowie computermodellbasierten Ansätzen. „Wir nutzen multivariate Analysen von Gehirnaktivitätsmustern, um prädiktive Prozesse in der Wahrnehmung zu verstehen“, so Blank.
Von Cambridge über Hamburg nach Bochum
Vor ihrem Wechsel an die Ruhr-Universität war Helen Blank am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig. Dort hat sie unter anderem eine von der DFG-geförderte Emmy Noether-Gruppe zu Vorhersagen in der Kommunikation geleitet. Zuvor war sie Postdoc an der MRC Cognition and Brain Sciences Unit der Cambridge University. Ihre Promotion absolvierte sie am Max-Planck-Institut für Kognitive und Neurowissenschaften in Leipzig.
Die Ruhr-Uni Bochum und das Ruhrgebiet bieten eine interdisziplinäre Forschungsumgebung mit vielen Kooperationsmöglichkeiten in der Universitätsallianz Ruhr.
Mit den Universitäten des Ruhrgebiets ist Blank bereits durch ihre Mitarbeit im DFG-geförderten Sonderforschungsbereich (SFB/Transregio 289) „Treatment Expectation“ verbunden. Dort leitet sie ein Teilprojekt zum Einfluss von Erwartungen in der Patient*innen-Kommunikation. An die Ruhr-Universität Bochum lockte sie vor allem das starke Forschungsumfeld in der Psychologie und den Neurowissenschaften sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Forschenden der Fakultäten Informatik, Medizin, Biologie und Philosophie. „Die Ruhr-Uni Bochum und das Ruhrgebiet bieten eine interdisziplinäre Forschungsumgebung mit vielen Kooperationsmöglichkeiten in der Universitätsallianz Ruhr. Ich freue mich sehr auf das neue Forschungsgebäude THINK und die Interaktion im Research Center One Health Ruhr, in dem diese interdisziplinäre Forschung gelebt wird. Das Ruhrgebiet ist weltoffen und kulturbegeistert und ich freue mich Teil der dynamischen Wissenschaftsregion im Ruhrgebiet zu sein.“
Das Research Center One Health Ruhr
Das Research Center One Health Ruhr
Nach drei Monaten hat sich Blank schon gut mit ihrer Familie in Bochum eingelebt: „Die Menschen sind sehr freundlich und entgegen falschen Erwartungen ist es in Bochum so schön grün, sodass man zu Fuß und mit dem Rad direkt in der Natur, im Wald oder am See ist.“