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Lila Blitze auf der Haut
Feine lila Blitze zucken durch das Dunkel des Labors. Es knistert leise. Erzeugt werden die Blitze innerhalb eines 12-mal-12-Zentimeter großen Plasmareaktors. Nach nur wenigen Mikro-Sekunden ist das Spektakel vorbei. „Das ist ionisiertes, besonders energiereiches Gas oder Plasma. Die meisten kennen dieses bunte Phänomen von Polarlichtern, die nichts anderes sind als gasförmiges Plasma“, weiß Dr. Friederike Kogelheide vom Lehrstuhl für Angewandte Elektrodynamik und Plasmatechnik an der Ruhr-Universität Bochum. „Plasma kann als vierter Aggregatzustand nach fest, flüssig und gasförmig bezeichnet werden. Es gibt thermisches und nicht thermisches, also kaltes Plasma“, so Kogelheide weiter. Mit letzterem hat sich die Elektrotechnikerin in ihrer Doktorarbeit beschäftigt. Es zeichnet sich durch eine besonders geringe Temperatur aus – zumindest im Vergleich zu anderen Plasmen, die mehrere tausend Grad Celsius heiß werden können. „Kaltes Plasma entspricht ungefähr unserer Körpertemperatur, also etwas mehr als 30 Grad Celsius und ist damit hautverträglich“, erklärt Kogelheide. Mit dem Einfluss von kaltem Plasma auf menschliche Hautzellen, genauer genommen, seiner antimikrobiellen Wirkung, hat sich Kogelheide eingängig befasst. Ihre Forschungserkenntnisse sind auch in die Gründung ihres Start-ups Glim Skin geflossen.
Seit etwa zehn Jahren untersuchen Forschende der Biologie, Chemie, Medizin und Elektrotechnik den Einsatz von kaltem Plasma in der Medizin. Insbesondere im Bereich der Wundversorgung und -heilung verspricht man sich hier viel. „So konnten Studien bereits zeigen, dass Moleküle, die durch Plasma erzeugt werden, wie etwa Stickstoffmonoxid, die Wundheilung beschleunigen können. Die förderliche Wirkung des kalten Plasmas wird außerdem auf die Ozon-Konzentration und die UV-Strahlung im Plasma zurückgeführt“, erklärt Kogelheide. Ein weiterer Vorteil von kaltem Plasma ist, dass es der körpereigenen Temperatur entspricht und somit sowohl schmerzfrei als auch kontaktlos an menschlicher Haut angewendet werden kann. Daher setzt man große Hoffnung in die Plasmaforschung.
Widerstandsfähige Bakterien bekämpfen
Um die antimikrobielle Wirkung von kaltem Plasma zu erforschen, hat das interdisziplinäre Bochumer Forschungsteam um Kogelheide mit Sporen experimentiert. „Wir haben vor allem die Wirkung von Plasma auf sogenannte Bacillus-subtilis-Sporen untersucht. Diese Bakterien sind dafür bekannt, dass sie besonders widerstandsfähig sind; sogar im Permafrost können sie überleben. In Experimenten gelten sie daher als Goldstandard“, erklärt Kogelheide. Das Ziel der Forschenden war es, die Sporen mithilfe von kaltem Plasma gezielt zu reduzieren und vollständig zu töten.
Wir sind kleinschrittig vorgegangen.
„Wir sind kleinschrittig vorgegangen“, so Kogelheide. „Unser Hauptaugenmerk lag auf den biologischen Stoffen und Bausteinen, die durch das kalte Plasma produziert werden, also beispielsweise die UV-Strahlung, die Ozon-Konzentration, das Stickstoffmonoxid. Wie viel davon erzeugt unser Plasma? Wachsen die Sporen nach der Behandlung mit Plasma weiter? Welche Dosis zerstört die Sporen? Und welchen Anteil daran hat etwa das Ozon?“ Das Team um Kogelheide kontrollierte und veränderte immer wieder die Zusammensetzung des Gasgemisches, die Behandlungszeit und -intensität. Gemessen wurde mithilfe der Emissions- und Absorptionsspektroskopie.
Das Ergebnis: Nicht die einzelnen Komponenten, sondern nur das Zusammenspiel von Ozon und UV-Strahlung sowie Stickstoffmonoxid führte zur Inaktivierung der Sporen. „Die einzelnen Bausteine zeigten allein keine Wirkung. Das liegt daran, dass die Stoffe eine Synergie bilden. Eine interessante Erkenntnis war außerdem, dass eine natürliche Luftfeuchtigkeit von etwa 45 Prozent relativer Feuchtigkeit die Inaktivierung begünstigte“, erklärt Kogelheide.
Geringeres Infektionsrisiko
Mit ihrem Ergebnis liefern die Bochumer Forschenden damit erneut den Beweis, dass kaltes Plasma antimikrobiell wirkt. Zudem konnten sie bestätigen, dass Plasma Stickstoffmonoxid erzeugt, welches Wunden schließen kann. „Wenn man demnächst Wundheilungscremes durch eine Plasmabehandlung ersetzen könnte, wäre das ein Riesenvorteil“, so Kogelheide. Denn: Die Anwendung von kaltem Plasma könne kontaktlos erfolgen. „Im Gegensatz zu Cremes ist das Infektionsrisiko bei Plasma-Anwendungen deutlich geringer“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Dieser Artikel erscheint im Wissenschaftsmagazin Rubin. Rubin kann kostenlos als Newsletter oder Printausgabe abonniert werden.
Plasma-Blitze im Krankenhaus
Entzündungshemmend, wundheilend, antimikrobiell: Auch wenn die Plasmaforschung noch in den Kinderschuhen steckt, zeichnen sich bereits jetzt vielversprechende Anwendungsgebiete ab. „Die Firmen stehen schon in den Startlöchern, um Kapital in die kassenärztliche Zulassung von plasmabasierten Medizinprodukten zu investieren“, beobachtet Kogelheide. Irgendwann wird es vielleicht selbstverständlich sein, dass die lila Plasma-Blitze durch alle Krankenhäuser zucken.
Probleme mit Hautunreinheiten und schmerzender Haut kennen viele Menschen. Die Plasmatechnik hält eine Lösung dafür bereit. Das Start-up Glim Skin steht schon in den Startlöchern. Im Rubin-Interview erzählt die Wissenschaftlerin und Gründerin Friederike Kogelheide vom Weg in die Selbstständigkeit.
15. November 2023
09.23 Uhr