Prof. Dr. Roland Schroers, Dr. Jeremias Motte, Patientin Fabienne Schröder, Physiotherapeutin Weronika Gralla, Prof. Dr. Ralf Gold und Prof. Dr. Christoph Hanefeld
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Immuntherapie Vom Rollstuhl aufs Fahrrad

Eine neue Immuntherapie hilft gegen Myasthenie und könnte auch bei Multipler Sklerose und Rheuma eine Perspektive bieten.

Ein internationales Forschungsteam aus Deutschland und den USA hat einen Erfolg im Kampf gegen die bisher unheilbare Autoimmunerkrankung Myasthenie erzielt, durch die Betroffene im schlimmsten Fall kaum noch laufen, schlucken oder kauen können. Im Rahmen einer individuellen Heilanwendung an der Ruhr-Universität Bochum und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gelang es durch eine Behandlung mit gentechnisch veränderten weißen Blutkörperchen, sogenannten CAR-T-Zellen, schwer Erkrankte so zu stabilisieren, dass sie wieder in großem Umfang an ihrem gewohnten Leben teilhaben können. Die ersten Ergebnisse zu dieser neuartigen Immuntherapie bei Myasthenie wurden in der Dezember-Ausgabe der Fachzeitschrift The Lancet Neurology veröffentlicht.

Myasthenie

Bei der Myasthenie ist die Informationsübertragung von Nerven auf die Muskeln durch krankmachende Antikörper gestört, sodass gravierende Beeinträchtigungen elementarer Bewegungen entstehen können. Auch die Atemmuskulatur ist häufig gestört, und der Kopf kann aufgrund von Nackenschwäche nicht mehr korrekt gehalten werden. In Deutschland leiden rund 15.000 Menschen unter dieser Krankheit.

Drei Betroffene wurden gemeinsam von Prof. Dr. Ralf Gold (Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum für Neurologie, St. Josef-Hospital) und Prof. Dr. Roland Schroers (Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum für Hämatologie, Knappschaftskrankenhaus Bochum) mit sogenannten CAR-T-Zellen behandelt, eine weitere wird folgen. Zwei Patientinnen sind es in der Neurologie der Universitätsklinik Magdeburg (Direktor: Prof. Dr. Aiden Haghikia). Für die Bochumer Patienten wurde in der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Stammzell-/Immuntherapie am Knappschaftskrankenhaus Bochum zunächst eine Leukapherese zur Entnahme weißer Blutkörperchen durchgeführt. Die so gewonnenen und eingefrorenen Zellen brachte ein Spezialtransport anschließend in die USA, wo sie das Biomedizin-Unternehmen Kyverna (Emeryville, Kalifornien) in der Zellkultur gentechnisch veränderte und zu CAR-T-Zellen aufbereitete. Zurück in Deutschland, verabreichten die Ärzte in Bochum und Magdeburg die CAR-T-Zellen erfolgreich ihren Patienten. 

Patientin kann wieder Rad fahren

CAR-T-Zellen finden nach der Infusion in den Körper sowohl im Knochenmark als auch in den Lymphorganen den Weg zu krankmachenden B-Zellen, die unter anderem die blockierenden Antikörper bei Myasthenie produzieren. Nach Vernichtung dieser B-Zellen sanken in den Folgewochen die Antikörperspiegel, und die Muskelkraft der Patienten verbesserte sich stetig. So war die erste Bochumer Patientin seit drei Jahren an einen Elektrorollstuhl gebunden und konnte in dieser Zeit nur kurze Strecken gehen. Bereits drei Monate nach Gabe der CAR-T Zellen läuft sie schon mehr als 500 Meter ohne Hilfsmittel und kann wieder Fahrrad fahren. Vor kurzem hat sie selbständig auf dem Campingplatz gezeltet, der Rollstuhl steht seither im Keller.

Veröffentlicht

Mittwoch
29. November 2023
09:17 Uhr

Von

Jürgen Frech

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