„Die zentrale Idee ist, Lehre forschungsbasiert zu organisieren”, so Kornelia Freitag. © RUB, Marquard

Interview Forschendes Lernen von Anfang an

Mehr als Vorlesungen: Prorektorin Kornelia Freitag berichtet in einem Interview, wie der Schwerpunkt der Lehre an der RUB aussieht, und wagt dabei einen Blick in die Zukunft.

Wie sehen Lehrkonzepte aus, die für Studierende und Dozenten besonders erfolgreich sind? Und wie werden sie sich mit Blick auf das Internet verändern? Prorektorin für Lehre und Internationales, Prof. Dr. Kornelia Freitag, berichtet, was die Lehre an der RUB ausmacht.

Frau Freitag, wie ist die Lehre aktuell an der RUB aufgestellt?
Es geht in der Lehre darum, Studierende in die Wissenschaft einzuführen. Grundsätzlich gibt es an der RUB ein breites Spektrum von Angeboten. Sie reichen von Jura bis zur Medizin, von Mathe bis zu den Trainingswissenschaften, von den Geisteswissenschaften bis zu den Ingenieurwissenschaften. Außerdem gibt es an der RUB ein Lehramtsstudium, in dem die Studierenden aus 22 Unterrichtsfächern wählen können.

Wer organisiert so viel Lehre?
Unsere 20 Fakultäten tragen die Lehre und organisieren sie. Dabei unterstützen auch zentrale Einheiten wie das Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, das Dezernat für Hochschulentwicklung und Strategie sowie das Dezernat für Studierendenservices die Lehre an der RUB. Die über eine Fakultät hinausreichende Lehrerausbildung wird von der Professional School of Education koordiniert. 

Wir legen an der RUB sehr großen Wert darauf, dass sich das forschende Lernen durch das gesamte Studium zieht.

Was macht die Lehre an der RUB aus?
Die zentrale Idee ist, Lehre forschungsbasiert zu organisieren. Das unterscheidet die universitäre Lehre von einem Fachhochschulstudium oder einer Berufsausbildung. Wir legen an der RUB sehr großen Wert darauf, dass sich das forschende Lernen durch das gesamte Studium zieht.

Wie kann das funktionieren?
Das forschende Lernen beginnt im Bachelorstudium, in dem Studierende erste Einblicke in die Methoden und Forschungsfragen in ihren Fächern erhalten und zum Beispiel in angeleiteten Gruppenarbeiten Teile eines Forschungsprozesses durchlaufen. In den Masterprogrammen ist es über spezielle Module in den Lehrplänen verankert. Die Angebote bereiten die Studierenden auch auf ihre Masterarbeit vor, in der schon immer eigene Forschungsprojekte bearbeitet wurden.

Wie setzen sich die Angebote zusammen?
Es gibt zum Beispiel ein Universitätsprogramm, das bereits seit mehr als fünf Jahren neue und originelle Veranstaltungen im forschenden Lernen fördert. Und auch der Optionalbereich mit seinen vielen Angeboten ermöglicht vor allem Bachelorstudierenden, sich früh mit Forschungsprojekten zu beschäftigen.

Der Erkenntnisgewinn ist durch forschendes Lernen zwar langsamer, aber durch die eigene Arbeit der Studierenden nachhaltiger.

Welche Vorteile hat es für Studierende, wenn sie früh in die Forschung einsteigen?
Forschendes Lernen setzt auf Eigenständigkeit der Studierenden. Der Erkenntnisgewinn ist dadurch zwar langsamer, aber durch die eigene Arbeit der Studierenden nachhaltiger. Sie sind mehr dazu bereit, ihre selbst erarbeiteten Erkenntnisse anzuwenden, und werden sicherer im Verständnis von und im Umgang mit Forschungsergebnissen. 

Forschendes Lernen funktioniert natürlich nicht ohne Anleitung. Forschungsprojekte in frühen Studienphasen sind in besonders kleinen Gruppen organisiert, sodass sich die Lehrenden um die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer intensiv kümmern können. Auch die enge Zusammenarbeit mit den Forscherinnen und Forschern macht die Angebote zu etwas Besonderem für Studierende, die gerade zu Anfang viel in großen Vorlesungen sitzen.

Haben die Lehrenden auch Vorteile?
Die Projekte sind auch eine Gelegenheit für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ihre Forschung stärker in die Lehre einzubringen. Das macht oft mehr Arbeit, aber auch mehr Spaß. Und im Idealfall bringen die Studierenden mit ihren Perspektiven sie auf neue Ideen für die Forschung.

Die Digitalisierung ist eine Möglichkeit, neue Formen und neue Inhalte für die Lehre zu finden.

Wie geht es mit der Lehre an der RUB weiter?
In nächster Zeit werden Digitalisierung und Internationalisierung noch stärkeren Einfluss auf die Lehre haben als je zuvor.

Die Digitalisierung ist eine Möglichkeit, neue Formen und neue Inhalte für die Lehre zu finden. Das wirkt sich auf das selbstständige Lernen und die Art der Anwesenheit an der Uni aus. Wichtig ist dabei, dass die Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern es darum geht, die Studierenden besser auf den Arbeitsmarkt oder eine Forschungstätigkeit vorzubereiten. Egal, ob sie später in der Schule, auf einer Baustelle, im Krankenhaus oder an der Universität arbeiten werden.

Wir entwickeln als Rektorat zusammen mit den Fakultäten derzeit eine Digitalisierungsstrategie. Das Zentrum für Wissenschaftsdidaktik unterstützt uns dabei.

Und die Internationalisierung?
Auch hier wird daran gearbeitet, die universitäre Gesamtstrategie mit den jeweiligen Internationalisierungsbeauftragten der Fakultäten weiter zu konkretisieren und mit Leben zu füllen. Es wird in der Lehre einerseits darauf ankommen, dass es gelingt, noch mehr Studierende zu einem Auslandsaufenthalt zu ermuntern, denn viele Fakultäten haben wesentlich mehr Plätze dafür als derzeit wahrgenommen werden.

Andererseits gilt es, herauszufinden, wo die Digitalisierung auch der Internationalisierung auf dem Campus neue Möglichkeiten eröffnet.

Digitalisierung, Internationalisierung und forschendes Lernen können ineinandergreifen.

Was könnten das für Möglichkeiten sein?
Zum Beispiel könnten Studierende über das Internet mit einer Seminargruppe aus China oder den USA Fachfragen diskutieren. Durch den so hergestellten Kontakt könnten sich diese einen Studienaufenthalt im jeweiligen Land schon besser vorstellen.

Oder eine Projekt- oder Abschlussarbeit, die im Ausland verfasst werden soll, könnte über das Internet schon vor der Abreise in Bochum vorbereitet und geplant werden. Das würde den Aufenthalt noch erfolgreicher für Studierende machen.

Digitalisierung, Internationalisierung und forschendes Lernen können so ineinandergreifen.

Veröffentlicht

Donnerstag
19. April 2018
11:04 Uhr

Von

Katharina Gregor

Teilen