Interview Ein Buch über Komödien
Guido Hiß erzählt unter anderem, warum er für jede Epoche ein Lieblingsstück hat.
Der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Guido Hiß hat ein Fachbuch über Komödien verfasst. Darin nimmt er 20 Werke von der Antike bis zum 18. Jahrhundert unter die Lupe. Im Interview erklärt er nicht nur die Idee hinter dem Buch, er verrät auch seine Lieblingsstücke.
Wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben?
Das war bei einer Serie forschender Masterseminare zur Geschichte und Theorie der Komödie. Wir wollten neu hinzukommenden Studierenden ermöglichen, sich schnell in den Forschungsstand einarbeiten zu können. Aus der Dokumentation des Seminars entwickelte sich das Buch.
Richtet es sich auch an Laien, die sich über Theaterstücke informieren möchten?
Da es um besondere Fragen komischer Dramaturgie geht, um die Technik des szenisch Komischen, ist das Buch als allgemeine Einführung in die behandelten Stücke weniger geeignet.
Warum hört das Buch im 18. Jahrhundert auf? Gab es danach keine guten Komödien mehr?
Band zwei ist bereits in Arbeit, und das Seminar forscht kontinuierlich weiter – bis in die Gegenwart.
Welche ist für Sie sozusagen die Mutter aller Komödien?
„Die Vögel“ von Aristophanes.
Ist das zugleich Ihre Lieblingskomödie?
Nein.
Welche sonst?
Das wechselt von Semester zu Semester. Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, die wir gerade bereisen, ist es „Leonce und Lena“ von Büchner, dicht gefolgt von Kleists „Amphitryon“ und Grabbes „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“.
Im Harlekin kommt die Dimension der Körperkomik exemplarisch und virtuos zum Ausdruck.
Eine Ihrer Lieblingsfiguren scheint der Harlekin zu sein. Können Sie kurz erläutern, warum?
Im Harlekin, der aus der Commedia dell’arte hervorging, kommt die Dimension der Körperkomik exemplarisch und virtuos zum Ausdruck. Der Harlekin war eine freche, anarchische und volkstümliche Figur, die auch politisch kein Blatt vor den Mund nahm. Seine Vertreibung durch die bürgerlichen Theaterreformer im 18. Jahrhundert war eines der wichtigsten und schlimmsten Ereignisse der deutschen Theatergeschichte, geradezu ein Kulturkampf.
Mit der Vertreibung sind zwei Dinge verbunden: der Siegeszug des dramatischen, textfixierten Theaters und der Versuch der Beseitigung burlesker und grotesker Dimensionen des Lachens. Doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts haben Autoren wie Lessing, Goethe, Lenz und Beaumarchais den Harlekin wieder engagiert, zumindest in ihren Stücken. Auch die Frage, wo er sich heute herumtreibt, ist sehr interessant. Wir haben ihn beispielsweise bei Monty Python entdeckt.
Guido Hiß empfiehlt „Penthesilea“
Alle Studierenden besitzen ja eine Flatrate für das Bochumer Schauspielhaus. Können Sie ihnen ein aktuelles Stück empfehlen?
Kleists „Penthesilea“. In der Inszenierung von Johann Simons.