Pfadfinderin Freundschaften knüpfen und Freiräume schaffen
Studentin Sandy Kokoschka leitet eine Pfadfindergruppe. Dabei hat sie auch schon viel über sich selbst gelernt.
Sandy Kokoschka ist Mitglied bei der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG). Sie leitet dort Gruppen und organisiert Ferienlager mit bis zu 400 Kindern. Was sie in ihrem Ehrenamt schon gelernt hat und warum sie das in Nebenjobs und in ihrem Biochemiestudium anwenden kann, erzählt sie in einem Interview.
Frau Kokoschka, haben Sie heute schon eine gute Tat getan?
Tatsächlich ja. Einer Dame in der U-Bahn ist der Schlüssel aus der Tasche gefallen. Ich habe sie darauf hingewiesen. Mein Soll ist für heute also erfüllt.
Ist das noch eine Leitlinie bei den Pfadfindern: Jeden Tag eine gute Tat?
Ja, schon. Die Pfadfinder sind eine Friedensbewegung, und schon der Gründer Robert Baden Powell hat gesagt, dass es ein Ziel ist, die Welt ein Stückchen besser zu hinterlassen. Der Leitspruch „Jeden Tag eine gute Tat“ ist ein wenig die Vereinfachung davon. Ich versuche, das auch an die Jugendlichen so weiterzugeben.
Ich möchte für die Jugendlichen Freiräume schaffen, in denen sie sich entwickeln können.
Und für Sie persönlich heißt das was?
Ich möchte für die Jugendlichen Freiräume schaffen, in denen sie sich entwickeln können. Als Gruppenleiterin bin ich auch Freundin und reagiere anders als zum Beispiel Eltern reagieren würden. Ich sehe mich eher als Begleiterin der Jugendlichen.
Wie sind Sie zu diesem Ehrenamt gekommen?
Über Freunde, allerdings erst als Erwachsene. Ich war Anfang 20, als ich bei der DPSG Pfadfinderin wurde. Ich habe sofort als Leiterin angefangen. Das ist eigentlich nicht so typisch.
Das war also ein Sprung ins kalte Wasser. Wie hat das geklappt?
Normalerweise fängt man als Kind oder Jugendliche in den Stämmen an und wächst viel mehr in die Leiterfunktion. Alle kennen die Leiter eigentlich schon ein paar Jahren. Ganz neu dazuzukommen, war schwierig. Die Kinder reagierten schon darauf, dass auf einmal jemand Fremdes dabei ist.
Für mich war es schwierig, den richtigen Führungsstil zu finden, der nicht zu autoritär sein sollte. Ich studiere ja nicht Pädagogik oder so. Es war deshalb eine ganz neue Situation für mich.
Ich hatte aber ein sehr gutes Leitungsteam. Ich wurde gut aufgefangen und habe auch Feedback bekommen. Die Reflexion hat sehr geholfen.
Durch die regelmäßigen Feedbacks habe auch viel über mich selbst gelernt.
Was nehmen Sie für sich aus der Arbeit mit?
Viele Soft-Skills. Wie reagiere ich in bestimmten Situationen? Welche Lösungsansätze gibt es? Durch die regelmäßigen Feedbacks habe ich auch viel über mich selbst gelernt. Das hilft mir bestimmt auch später im Berufsleben.
Wie genau kann das helfen?
Ich habe gelernt, wie man mit Leuten umgeht. Dass ich zum Beispiel selbst in schwierigen Situationen nicht mehr so schnell frustriert bin oder meckere, sondern versuche, die Perspektive der anderen Person zu verstehen – und vielmehr das Positive erkenne. Wobei manchmal auch auf Schwächen und Probleme hingewiesen werden muss, um dann bestmöglich damit umzugehen.
Ich habe gemerkt, dass mir die Erfahrung in der Uni, in Praktika oder auch beim Kellnern hilft.
Welches besondere Erlebnis hatten Sie als Pfadfinderin schon?
Schön war es, als ein Kind im Ferienlager das erste Mal auf mich zukam und gefragt hat, ob ich mit zum See kommen möchte. Ich wurde aus der ganzen Gruppe der Leiter ausgewählt und gefragt. Das war schön und gab mir das Gefühl, aufgenommen und von den Kindern akzeptiert zu sein.