Spitzensport Von Bochum über Gdingen und Antwerpen nach Tokio?
Basketballnationalspielerin Sonja Greinacher spielt bei einem polnischen Profiverein und studiert online Klinische Psychologie an der RUB. Eine sehr wichtige Entscheidung für sie fällt im Mai.
Der Traum von Olympia! Für Sonja Greinacher lebt er mindestens noch bis Mai 2021. Dann steigt in Antwerpen das entscheidende Qualifikationsturnier für Sonja Greinacher und das deutsche Team. Ihre Sportart heißt zwar Basketball, aber in der Variante „3X3“, die ihren Ursprung im Streetbasketball hat und 2021 in Tokio erstmals olympisch ist. Mehr über „3X3“ verrät die RUB-Studentin im Interview. Aber auch, wie sie es schafft, ihr Engagement als Profi beim polnischen Erstligisten Arka Gdynia mit ihrem Masterstudium der Klinischen Psychologie zu vereinbaren.
Sie sind Basketballnationalspielerin und studieren von Gdingen, also Gdynia, aus virtuell den Masterstudiengang Klinische Psychologie an der RUB. Wie kam es dazu?
Ich habe 2017 meinen Bachelor in Psychologie an der RUB abgeschlossen und spiele seitdem in Polen. Es war mir für meine sportliche Karriere sehr wichtig, dass ich Deutschland noch einmal verlasse, um in Europa Basketball zu spielen. Ich habe hier einen Verein gefunden, bei dem ich mich sehr wohl fühle. Allerdings war mir immer klar, dass ich meinen Master so bald wie möglich anfangen wollte. Da dieses Semester aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich online ist, war es für mich eine gute Gelegenheit, den Profisport und das Studium zu vereinen.
Ich kann während der Saison die Klausuren in Gdingen schreiben.
Werden Sie von der Fakultät unterstützt?
Ja, die Fakultät unterstützt mich in dem Sinne, dass die Professoren es mir erlauben, die Klausuren extern an einer anderen Universität unter Aufsicht zu schreiben. Somit kann ich während der Saison in Polen die Klausuren in Gdingen schreiben.
Demnächst steht eine Klausurphase an. Wie läuft das dann konkret ab?
Ich musste im Vorhinein an der Universität eine Vertrauensperson finden, der die Klausuren kurz vorher zugeschickt werden können und die mich während der Klausur beaufsichtigt. Ich werde dann genau zur gleichen Zeit wie meine Kommilitonen die Klausur schreiben, nur eben an der Universität in Gdingen.
Wie bekommen Sie ansonsten Profi-Basketball und Masterstudium unter einen Hut?
Es verlangt auf jeden Fall viel Zeitmanagement, oft muss ich auf Auswärtsfahrten im Bus viel Literatur lesen oder eine Präsentation vorbereiten. Am schwierigsten ist es, wenn ich mich am Anfang des Semesters für Präsentationen einteilen lassen muss, sich dann jedoch mein Trainingsplan oder Spielplan spontan ändert. Denn ich habe hier einen Arbeitsvertrag mit meinem Verein und da kann ich nicht einfach ein Training ausfallen lassen oder verschieben. Generell bin ich aber einfach sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe, beides zu tun.
Ich nehme mir auch Zeit für andere Sachen.
Bleibt überhaupt noch Zeit für Alltag und Freizeit?
Das kann schon manchmal schwierig werden zwischen Training und Vorlesungen, aber wir haben nach Spielen meistens einen Tag trainingsfrei. Dann nehme ich mir auf jeden Fall auch Zeit für andere Sachen.
Unterscheidet sich das Leben mit Corona in Polen von dem in Deutschland?
Die Lage in Polen ist sehr ähnlich zu der in Deutschland. Das heißt, Restaurants und Geschäfte müssen zwischendurch immer wieder schließen und es gilt ein Kontaktverbot. Zusätzlich muss man überall und immer auf der Straße eine Maske tragen. Generell ist Polen mit den Maßnahmen ein wenig früher und strenger dran als Deutschland, da hier das Gesundheitssystem auch nicht so gut ist wie in Deutschland.
Wie kam der Kontakt zu Arka Gdynia zustande?
Durch meine Agentin. Sie hat einige Basketballerinnen unter Vertag und Kontakte in vielen Ländern.
„3X3“ ist sehr viel physischer als „normales“ Basketball.
Auf welcher Position spielen Sie dort?
In Gdynia spiele ich auf den Positionen 4 und 5, also den großen Center-Positionen. Zurzeit werde ich jedoch durch Krankheitsausfälle auch oft auf der 3, also auf der Flügelposition eingesetzt.
Sind das dieselben Positionen wie im deutschen Nationalteam?
Ja, das ist sehr ähnlich.
Viele von uns müssen sich offenbar mit einer zweiten gängigen Form des Basketballs beschäftigen. Können Sie in wenigen Worten den Unterschied zwischen „normalem“ Basketball und „3X3“ erklären?
„3X3“ wird nur auf einem Korb, also auf einer Basketball-Spielfeldhälfte, gespielt und ist sehr viel physischer als „normales“ Basketball. Und wie der Name schon sagt, spielen jeweils drei Spieler gegeneinander. Das Spiel geht entweder solange, bis eine Mannschaft 21 Punkte erreicht hat oder bis zehn Minuten abgelaufen sind. Die Spiele sind also viel kürzer und intensiver als beim Fünf gegen Fünf. Außerdem zählt ein normaler Korb einen Punkt statt zwei wie beim herkömmlichen Basketball und ein „Dreier“ zählt zwei Punkte statt drei.
Wir haben sehr gute Chancen, im Juni 2021 bei der EM dabei zu sein.
Sie spielen in beiden Varianten im deutschen Nationalteam. Welche wichtigen Entscheidungen stehen 2021 an?
Mit der regulären Nationalmannschaft spielen wir im Februar die Qualifikation zur Europameisterschaft aus. Wir haben noch sehr gute Chancen, im Juni 2021 bei der EM in Prag dabei zu sein. Mit der 3X3-Nationalmannschaft geht es im Mai nach Antwerpen zur letzten Qualifikationsmöglichkeit für Olympia 2021 in Tokio.
Das heißt, wir müssen Ihnen alle im Februar und Mai ganz kräftig die Daumen drücken?
Genau!